Urlaub in Österreich: Viele Gäste, hohe Preise, zu wenig Mitarbeiter

Attersee
Wirtschaftsminister Kocher erhöht noch vor der Sommersaison das Saisonierkontingent - zu 90 Prozent für den Tourismus.

Eines vorweg: Urlaub in Österreich war schon einmal günstiger. Im Vorjahr haben die Hoteliers ihre Preise um durchschnittlich 13 bis 14 Prozent angehoben, sagt Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler. Heuer im Sommer geht sie von Preisaufschlägen von „unter zehn Prozent“ aus.

Potenzielle Gäste lassen sich davon nicht abschrecken, will die Österreich Werbung (ÖW) bei einer Umfrage herausgefunden haben. Die Nachfrage nach Urlaub in Österreich sei diesen Sommer sogar höher als im Vorjahr. Daran würden auch schlechte Wirtschaftsdaten aus dem wichtigsten Herkunftsmarkt, Deutschland, nichts ändern.

Wie diese Woche bekannt wurde, ist Deutschland als Konjunkturlokomotive in Europa in eine Rezession gerutscht. Wirtschaftsminister Martin Kocher fürchtet dennoch keine Auswirkungen auf das Reiseverhalten. „Der Arbeitsmarkt ist relativ stabil, das stimmt mich optimistisch, dass es keinen Konsumeinbruch geben wird.“ Österreich habe ein gutes Preis-Leistungsverhältnis, Urlaube nach Griechenland oder Spanien seien ebenfalls empfindlich teurer geworden – für Pauschalreisen zahlt man vielerorts um 20 Prozent mehr als noch vor einem Jahr.

Gut gelaufen ist jedenfalls die Wintersaison, geht aus den gestern veröffentlichten Zahlen der Statistik Austria hervor. Mit 69,3 Millionen Nächtigungen zwischen November 2022 und April 2023 konnte die Branche fast an das Vorkrisenniveau anschließen.

Saisonkontingent erhöht

Was weiterhin fehlt, sind die Mitarbeiter. Im April hat die Branche 12.000 offene Stellen gemeldet und das ist nur ein Teil der Wahrheit. Erfahrungsgemäß werden aber nur 40 bis 50 Prozent der Jobs gemeldet, unter dem Strich dürften also um die 30.000 Mitarbeiter fehlen, schätzt Wirtschaftsminister Kocher.

Er kündigt unter anderem an, die Saisonkontingente noch vor Saisonstart um 1.000 zu erhöhen (bisher 3389) – wobei 900 dieser auf den Tourismus und 100 auf die Landwirtschaft entfallen. Es ist bereits die dritte Anhebung des Saisonkontingents binnen eines Jahres und laut Kraus-Winkler eine wichtige Maßnahme, um Saisonspitzen abzudecken. Die meisten Saisonniers kommen übrigens aus Bosnien-Herzegowina und Serbien.  

Ablehnung

Von einigen Seiten kommt Kritik an der Maßnahmen, unter anderen von der Gewerkschaft vida: "Die Regierung macht sich damit zum Komplizen der Lohndrücker in der Wirtschaft. Anstatt die Arbeitsbedingungen zu verbessern, können Arbeitgeber weiter munter auf Arbeitskräfte aus dem Ausland zurückgreifen, wo das Lohnniveau deutlich niedriger ist als in Österreich", kritisierte vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit die Aufstockung des Saisonnierkontingents als "Lohn- und Sozialdumping". "Denn darum handelt es sich, wenn man bewusst Menschen aus Ländern mit niedrigerem Lohnniveau rekrutiert", so Hebenstreit.

Die Oppositionsparteien - SPÖ und NEOS - sehen das genauso: "Den Fach- und Arbeitskräftemangel im Tourismus bekämpft man durch höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen", teilte SPÖ-Tourismussprecherin Melanie Erasim mit. Dann gebe es sofort wieder genug Menschen, die gerne in der Tourismusbranche arbeiten wollen. Eine "ständige Erhöhung der Saisonkontingente ist der falsche Weg".

"Wenn die Regierung mehr Arbeitskräfte haben will, ob im Tourismus oder sonstwo, muss sie endlich die Steuern senken und so Arbeit wieder attraktiver machen", schlug NEOS-Tourismussprecherin Julia Seidl vor. Die Belastung auf Arbeit sei auch laut OECD besonders hoch. Alles andere seien "kosmetische Maßnahmen, die die riesige Personalnot nicht lindern werden".

Zustimmung

Begeistert auf die Aufstockung des Saisonkontingents reagierte hingegen die Wirtschaft. Damit setze die Regierung "einen wichtigen Schritt gegen den Arbeitskräftemangel", sagte der Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Karlheinz Kopf. "Dieser Maßnahme müssen jedoch weitere folgen - sowohl für den Tourismus als auch für andere Branchen", fügte er hinzu.

Die Aufstockung des Saisonnierkontingents im Tourismus sei "entscheidend für den Erhalt der Angebotsqualität im österreichischen Qualitätstourismus", betonte die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV). "Es ist um so vieles einfacher, in vollbesetzten Teams zu arbeiten, als wenn irgendwo Not am Mann ist", so ÖHV-Präsident Walter Veit. Allerdings wünscht sich die ÖHV einen weiteren Planungshorizont als nur bis zum nächsten Saisonbeginn. So wichtig diese Akutmaßnahme für den Tourismus sei, eine arbeitsmarktpolitische Kehrtwende ist laut Veit unverzichtbar - "weg vom derzeitigen Verordnungsstückwerk".

Beitrag zum BIP

Erste Schätzungen des WIFO für das Jahr 2022 gehen davon aus, dass der direkte und indirekte BIP-Anteil des Tourismus im Jahr 2022 bereits wieder auf 6,2 Prozent gestiegen ist. (2021 lag er pandemiebedingt nur bei 3,1 Prozent; 2019 bei 7,6 Prozent)

Arbeitsmarkt

Im Jahr 2019, vor der Krise, waren im Jahresschnitt 220.420 Personen in der Tourismus-Branche beschäftigt. 2022 waren im Schnitt bereits wieder 217.472 Personen im Tourismus beschäftigt. Im Jänner und Februar 2023 zählte die Branche jeweils mehr als 230.000 Beschäftigte, im März 2023 mehr als 223.000 Personen.

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