Die Zeiten, in denen Veganer mit Beilagenteller abgespeist wurden, sind definitiv vorbei. Die vegane Küche boomt – auch im Supermarktregal. Das Angebot reicht von Seitan-Bratwürsteln bis hin zu veganen Burgern und wird von der Industrie zügig ausgebaut. 2020 hat der Markt für Fleischersatzprodukte einen Umsatz von rund 9,6 Millionen Euro erzielt.
Doch die Frage, ob es in Österreich auch bald eine vegane Koch-Lehre geben soll, lässt die Wogen hochgehen. Koch zu sein, ohne zu wissen, wie man ein Schnitzel herausbäckt, sei hierzulande undenkbar, sagen die einen. Blödsinn, kontern die anderen.
Wer will, könne das in einem 2-Tage-Kurs nachholen, kontern die anderen. Fakt ist, dass es in der Gastronomie an Nachwuchskräften fehlt. Diese könne man mit einer fleischlosen Kochausbildung erreichen, sagt der Chefkoch des vegetarischen Sternerestaurants Tian, Paul Ivić. Gastronomieobmann Mario Pulker hingegen sieht noch wenig Potenzial für eine rein vegane Kochausbildung.
KURIER: Sie sind selbst gelernter Koch und Gastronom. Gibt es in ihrem Betrieb vegane Menüs?
Mario Pulker: Derzeit nicht, auf Anfrage können wir aber gern etwas zubereiten. Wir haben jedenfalls eine Ausrichtung auf österreichische Küche mit regionalen Produkten. Seitan-Pilze, die um die halbe Welt geflogen sind, gehören da nicht dazu. Man sollte sich auch einmal anschauen, wie der ökologische Fußabdruck vieler veganer Produkte ausschaut.
Was haben Sie gegen eine vegane/vegetarische Kochlehre?
Gar nichts. Das ist eine infame Unterstellung. In der öffentlichen Diskussion wird jetzt ja so getan, als könnten wir als Wirtschaftskammer eine solche Lehre verordnen. Können wir aber nicht. Wir sind nur beratend tätig.
Wer entscheidet darüber?
Das Wirtschaftsministerium mit ihren Ausbildungsbeauftragten.
Aber Sie haben doch den Antrag der Grünen abgelehnt?
Es wurde kein Antrag abgelehnt. Wir haben gemeinsam – mit Zustimmung der Grünen Wirtschaft – einen neuen Antrag formuliert, der einstimmig beschlossen wurde. Die Grünen wurden nun beauftragt, die nötigen Unterlagen für eine solche Lehre auszuarbeiten. Ohne diese Unterlagen kann das Wirtschaftsministerium auch kein Ok für die Verordnung für eine solche Lehre geben.
Halten Sie eine vegane Kochausbildung also doch für sinnvoll?
Zu den Fakten: Es gibt österreichweit 67 ausgewiesene vegane Lokale, davon sind 39 in Wien. Von den Grünen haben wir eine Liste von 24 veganen Betrieben bekommen, von denen 20 gar nicht die Möglichkeit hätten, Lehrlinge auszubilden.
Unter anderem, weil das Gesetz vorgibt, dass der Lehrling 40 Wochenstunden im Betrieb sein muss. Betriebe, die nur ein Mittags- oder Abendgeschäft haben oder nur von Donnerstag bis Sonntag offen haben, können damit keine Lehrlinge ausbilden.
Sind diese Rahmenbedingungen in Stein gemeißelt?
Sie gelten in ganz Österreich und für alle Branchen. Wer die Kriterien nicht erfüllt, bekommt keinen 3A-Bescheid, also keinen Ausbildungsbescheid. Naturgemäß braucht man für eine Lehre auch einen Lehrlingsausbildner mit entsprechender Ausbildung. Eine solche müsste für diesen Lehrberuf erst geschaffen werden. Anders gesagt, haben wir hier eine emotional geführte Debatte, bei der technische Rahmenbedingungen völlig ausgeblendet werden. Die Diskussion ist ein aufgebauschter Sturm im Wasserglas.
"McDonalds und – noch schlimmer – xxxl Restaurants dürfen Lehrlinge ausbilden in der Küche. aber nicht das Tian!? was frühstückt ihr so?????", twittert Ex-Neos-Politiker Sepp Schellhorn ...
Auch das ist Blödsinn und das sollte Herr Schellhorn auch wissen. McDonald’s bildet keine Köche aus, sondern Systemgastronomen. Das ist etwas anderes.
Auch das haben wir schon versucht umzusetzen. Zwei Jahre Grundausbildung, gefolgt von einem Jahr Spezialisierung, etwa auf vegane Küche. Die Idee ist aber am Widerstand der Gewerkschaft gescheitert. Im Übrigen gibt es bereits jetzt viele Weiterbildungsangebote im Bereich vegane/vegetarische Küche. Wir sind jedenfalls offen für neue Entwicklungen, die am Markt nachgefragt werden.
(kurier.at, sh)
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Aktualisiert am 26.05.2023, 11:10
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