Falls es zu einem „Dominoeffekt“ kommt und sich die Epidemie in ganz Asien, Europa und Amerika breit macht, würde die Wirtschaft stärker leiden. Es würden Arbeitskräfte ausfallen, Fabriken stillstehen, wegen der Unsicherheit würde kaum investiert und weniger Geld für Reisen oder Veranstaltungsbesuche ausgegeben. Die OECD erwartet dann die Halbierung der globalen Wachstumsaussichten 2020 auf 1,4 Prozent. Das hat viele Beobachter überrascht.
Richten die Vorsorgemaßnahmen nicht mehr Schaden an, als sie nutzen?
Die OECD-Berechnungen zeigen, dass es sinnvoll ist, die Verbreitung einzudämmen, auch wenn das kurzfristige Kosten verursacht. „Wir ersparen uns dadurch Ausfälle durch tatsächliche Erkrankungen“, sagt Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung (IV), zum KURIER.
Worauf muss sich Österreich einstellen?
Die Prognose von 1,1 Prozent Wirtschaftswachstum in Österreich für 2020 (mit Einbußen von 0,25 Prozentpunkten durch Corona), welche die Industriellenvereinigung (IV) berechnet hat, entspreche dem Basisszenario der OECD, sagt Helmenstein. Sollten der Handel und Tourismus in und mit Italien und Deutschland stärker und länger betroffen sein, wären die Folgen auch für Österreich gravierender.
Wie sieht das Krisenszenario für Österreich aus?
Seriös ließen sich die Folgen einer epidemischen Verbreitung jetzt noch nicht berechnen, so Helmenstein: Er will abwarten, bis in Österreichs Nachbarländern – so wie in China – ein Wendepunkt der Virenverbreitung absehbar ist. Schon jetzt sei klar, dass sich in Deutschland und Italien eine sogenannte technische Rezession (zwei Vierteljahre mit Minus hintereinander) kaum vermeiden lasse. In Österreich gebe es indes „genügend Auftriebskräfte“, um eine Rezession zu vermeiden: Das Geschäft mit Osteuropa und der starke Konsum federn das Risiko ab.
Wäre eine Reaktion der Notenbanken sinnvoll?
Corona ist aktuell nicht das einzige Risiko: In den Prognosen sind weder ein Chaos-Brexit, noch eine Flüchtlingskrise, eine Eskalation der Handelsstreitigkeiten oder eine Rückkehr einer Euro-Krise (Stichwort Italien) berücksichtigt. Deshalb gibt es Spekulationen, dass die weltweit größten Notenbanken eine gemeinsame Stützungsaktion ankündigen könnten, um die Nervosität zu verringern. Dagegen spricht: Das würde von vielen erst recht als ein Krisensignal wahrgenommen.
Was können die Regierungen unternehmen?
In einer komfortablen Lage sei jetzt, wer dank solider Finanzen Spielraum zum Reagieren hat, sagt Helmenstein. „Allein, dass Mittel vorhanden wären, wirkt bereits stabilisierend.“ In Deutschland und Österreich sei das der Fall – Italien hat diesen finanziellen Spielraum nicht und wird mit steigenden Zinsen für Neuschulden bestraft.
Läutet Corona das Ende der Globalisierung ein?
Nein, sagt Helmenstein. Dass viele Medikamente nur in China hergestellt werden, sei keine Folge der Globalisierung, sondern falsches Risikomanagement. Die größere Gefahr für den freien Handel gehe von Polit-Interventionen aus.
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