Unbegreifliches Geld-Phänomen

Bitcoins kaufen oder Dollar auszahlen: Der erste Bitcoin-Bankomat in einem Kaffeehaus in Vancouver (Kanada) macht’s möglich – er stößt aber offenkundig noch auf Skepsis.
Der seltsame Höhenflug von Bitcoin und Co. – was steckt wirklich dahinter?

Geld ist Vertrauenssache – besonders, seit Währungen an keine festen Werte wie Gold mehr gebunden sind. Dieses Vertrauen wird derzeit arg strapaziert: Die Zentralbanken kennen bei ihren Experimenten kaum noch Grenzen, besorgte Anleger flüchten deshalb in vermeintlich beständigere Werte. Die einen vertrauen auf Gold oder Immobilien. Andere suchen ihr Heil kurioserweise dort, wo es gar nichts zum Angreifen gibt: in der Computerwelt der Bits und Bytes.

Virtuelle Währungen wie Bitcoin – ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Der Wert schwankt enorm: Der Tiefstand für einen Bitcoin lag 2013 bei rund 10 Euro. In der Spitze war er mehr als 800 Euro wert. Trotzdem sind digitale Währungen auf dem Sprung vom Online-Hype zur breiteren Öffentlichkeit.

Was ist Bitcoin?

Bitcoin und Nachahmer wie Peercoin oder Litecoin sind virtuelle Währungen – Geld, das ohne Scheine oder Münzen auskommt und nur dank eines Computerprogramms existiert. Die Beträge werden in elektronischen „Geldbörsen“ auf dem Computer, Handy oder Tablet verwaltet und überwiesen.

Wie weit sind Bitcoins verbreitet?

Derzeit sind 12,1 Mio. Stück Bitcoins im Umlauf, ihr Wert entspricht 6 Mrd. Euro. Im Internet akzeptieren viele Händler das Zahlungsmittel. In der realen Welt ist die Verbreitung gering, eine Übersichtskarte (coinmap.org) kennt 2067 Stellen weltweit, die Bitcoins annehmen. In Österreich sind es 18 – ein Minderheitenprogramm: Zahlen kann man zum Beispiel bei einem Energetiker, Essenslieferanten, Hüttenwirt oder Modellbau-Spezialisten.

Warum hat die Währung relativ viele Anhänger?

Online können Geschäfte mit Bitcoins einfach und fast ohne Gebühren abgewickelt werden. Es sind keine Banken zwischengeschaltet. Vielen gefällt, dass die Geldmenge nicht durch eine Zentralbank gesteuert wird – es gibt gar keine institutionelle Kontrolle. Die Gesamtmenge an Bitcoins ist zudem auf 21 Millionen begrenzt. Womit die vorhandenen „Münzen“ tendenziell an Wert gewinnen sollten – solange die Nutzer an deren Wert glauben.

Wer hat Bitcoin eigentlich erfunden?

Gute Frage. Vom angeblichen Gründer ist nur das Pseudonym Satoshi Nakamoto bekannt. 2010 verlieren sich alle Spuren. Laut Forschern, die frühe Geschäfte zurückverfolgt haben, soll es Querverbindungen zum Online-Drogenhändler Silk Road gegeben haben, der inzwischen abgedreht wurde.

Wer gibt neue „Münzen“ heraus?

Niemand. Bitcoins werden durch ein Verfahren gewonnen, das „Schürfen“ (Mining) genannt wird: Weil die Überweisungen aufwendig verschlüsselt werden, sind extrem starke Computer nötig. Wer diese bereitstellt, erhält Mini-Bitcoin-Beträge gutgeschrieben. Laut Schätzungen verbraucht die Rechenleistung für das Lösen dieser (an sich sinnlosen) Mathematik-Rätsel schon jetzt so viel Strom, wie ein Atomkraftwerk produziert.

Wie kauft man Bitcoins oder wechselt sie um?

Wer Bitcoins kaufen oder einlösen will, macht das über Tauschplattformen. Dafür überweist er Euro oder Dollar oder erhält diese ausbezahlt. Wie seriös die Internet-Händler sind, ist nicht immer klar. Einige waren rasch wieder von der Bildfläche verschwunden – oft mitsamt Bitcoin-Konten.

Wie sicher sind Bitcoins?

Informatiker sind vom ausgeklügelten System begeistert. Durch die aufwendige Verschlüsselung sind Überweisungen an sich sicher. Sie können zwar zurückverfolgt werden – fast alle Nutzer sind aber anonym. Die Währung selbst ist hochspekulativ. Es gibt keine Kontrolle oder Aufsicht. Wer damit handelt, tut das auf eigenes Risiko. Der Bitcoin-Wert schwankt extrem. Niemand kann vorhersagen, wie lange der Hype anhält und ob man immer einen Abnehmer findet. Die Europäische Bankenaufsicht hat kürzlich gewarnt, dass virtuelle Währungen einen Totalverlust mit sich bringen können.

Wovon hängt der Wechselkurs für Bitcoins ab?

Theoretisch von Angebot und Nachfrage. Tatsächlich brachte 2013 ein wohlmeinendes Hearing im US-Senat Aufwind. Strenge Regeln in China führten zum Absturz.

Wer mit Bitcoin und Co. gerne dem Fiskus entrinnen möchte, hat falsch gedacht. Selbst bei einer Währung aus Einsern und Nullen hat die Finanz ein Wörtchen mitzureden. Das beginnt beim „Bit-coin Mining“ – also wenn Rechenleistung zur Verfügung gestellt wird, was mit kleinen Beträgen der Online-Währung abgegolten wird. Die so erwirtschafteten Bitcoins wären im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit als gewerbliche Einkünfte zu bewerten, sagt Christian Wilplinger, Steuerexperte von Deloitte, im Gespräch mit dem KURIER. Diese müssten somit in Euro bewertet und in der Einkommensteuererklärung deklariert werden.

Noch kein Erlass

Für das Spekulieren mit Bit-coins gibt es in Österreich noch keinen Erlass des Finanzministeriums. In Deutschland gelten Gewinne aus dem kurzfristigen Handeln mit Bitcoins als Spekulationseinkünfte. In Österreich würde wohl der Währungsaspekt im Vordergrund stehen, sagt Wilplinger. Auf Bitcoin-Konten erzielte Kursgewinne wären demnach als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu werten. Sie unterliegen dem Sondereinkommensteuersatz von 25 Prozent und müssen in der Einkommensteuererklärung angeführt werden.Umsatzsteuer vermeiden kann man ebenfalls nicht. Der Verkäufer einer Ware muss (wenn er Unternehmer ist) in jedem Fall eine gesetzeskonforme Rechnung ausstellen. „Ob man in Euro bezahlt, in Kauri-Muscheln oder mit Bitcoins, spielt keine Rolle“, so Wilplinger.

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