Umweltgift in Milch aus Kärnten festgestellt

Umweltgift in Milch aus Kärnten festgestellt
Hunderte Kühe vor Schlachtung. Ursache ist unklar, Konsumenten seien nicht gefährdet.

Hexachlorbenzol. Der Name klingt gefährlich und das Umweltgift, kurz HCB genannt, ist es auch: hochgiftig, krebserregend, weltweit verboten. Und doch wurde dieses Gift in Milch und Futtermitteln von Betrieben im Kärntner Görtschitztal gefunden. Konsumenten wurden und werden nicht gefährdet, betonte Agrarlandesrat Christian Benger (ÖVP).

"Es ist eine ernste Situation", gestand Benger am Mittwochabend bei einer Pressekonferenz. 35 Betriebe im Görtschitztal, dabei handelt es sich ausschließlich um Milchbetriebe, wurden geschlossen. Bei "einer Handvoll" sei die Kontamination festgestellt worden, erklärte Benger. Landesveterinär Holger Remer sprach von "knappen Überschreitungen". Gerüchte, wonach der erlaubte HCB-Grenzwert von 0,01 Milligramm pro Kilogramm teilweise um das vierfache überschritten worden sein soll, wollte er nicht bestätigen.

Es seien sofort Maßnahmen eingeleitet worden. Die Futtermittel – es handelt sich dabei um Heu und Gras – würden entsorgt, weder Milch noch Fleisch werde in den Handel kommen. Die betroffenen Kühe werden geschlachtet, es dürfte sich um mehrere Hundert handeln. Das Fleisch würde man kontrollieren. "Sollte es belastet sein, würde es nicht zum Verkauf freigegeben", versicherte Remer.

Seit Ostern bekannt

Wie am Mittwoch verlautbart wurde, ist im Görtschitztal seit Ostern eine HCB-Belastung bekannt. Allerdings seien die Grenzwerte bei sämtlichen Kontrollen unterschritten und erst jetzt überschritten worden. Bei anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen im Tal wurden bisher keine Auffälligkeiten festgestellt.

In den kommenden Tagen will man sich auf die Suche nach der Ursache machen. Das Gift gelangte über die Luft ins Futter und in der Folge in die Milch. Nur kommt es in der Natur nicht vor. Spekulationen, wonach die HCB-Werte mit den im Görtschitztal angesiedelten Chemie-Betrieben in Verbindung stehen könnten, wollte Benger nicht kommentieren.

Kärntens Umweltlandesrat Rolf Holub (Grüne) begibt sich nun auf die Suche nach "möglichen Emittenten", wie er sagt. Er garantierte, dass derzeit kein weiteres HCB in Umlauf kommen könnte: "Alle, die etwas verbrannt haben, dürfen momentan nichts verbrennen." Endergebnisse würden aber erst in zwei Wochen vorliegen. Am Donnerstag soll es in der Landesregierung Gespräche zum weiteren Vorgehen geben.

Benger und Kärntens Landwirtschaftskammerpräsident Johann Mößler stellten sich indes vor die Bauern und betonten, dass diese die Opfer seien. Entsprechende Entschädigungen kündigten sie an.

Das in Kärnter Milch nachgewiesene Hexachlorbenzol ist einer der zwölf Giftstoffe des sogenannten "Dreckigen Dutzend" (dirty dozen), die durch das Stockholmer Übereinkommen von 2001 weltweit weitgehend verboten wurden. Die Chlorverbindung gilt als krebserregend und erbgutverändernd.

Hexachlorbenzol gehört zur Gruppe der polychlorierten Benzole. Anwendungsgebiete sind bzw. waren der Einsatz als Pestizid (Schädlingsbekämpfungsmittel) und Fungizid (Anti-Pilz-Mittel) zur Saatgutbeize (seit 1992 verboten), als Weichmacher und Flammschutzadditiv für Kunststoffe und Schmiermittel, als Flussmittel in der Aluminiumherstellung oder als Zwischenprodukt bei der Synthese von anderen Verbindungen (z.B. Farben), heißt es in einer Unterlage des Umweltbundesamtes. HCB entsteht auch als Nebenprodukt verschiedener (u.a. thermischer) Prozesse (Verbrennungsprozesse).

Von 1990 bis 2012 sind die HCB-Emissionen Österreichs um zirka 55 Prozent auf etwa 41 Kilogramm gesunken. Die größten Reduktionen konnten in der ersten Hälfte der 1990-er Jahre in den Bereichen Industrie (vor allem in der Eisen- und Stahlindustrie), beim Kleinverbrauch sowie durch das Verbot bestimmter gefährlicher Stoffe in Pflanzenschutzmitteln erzielt werden.

SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Johann Maier wies 2011 darauf hin, dass in jeder fünften Silvesterrakete das europaweit verbotene, krebserregende Hexachlorbenzol enthalten ist. 2009 wurden Hexachlorbenzol-Rückstände in steirischem Diskont-Kürbisöl nachgewiesen.

Hexachlorbenzol ist auch deshalb so gefährlich, weil es sich im Körper anreichern kann, sehr giftig und vor allem auch sehr langlebig ist.

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