Umdasch-Chef: "Sozialpartnern fehlt das Verständnis"

Der studierte Jurist Ludwig (56) startete seine Karriere 1986 bei Swarovski.
Andreas Ludwig geht die Flexibilisierung der Arbeitszeit zu langsam voran.

2010 wechselte Andreas Ludwig als Vorstandschef des Leuchtenherstellers Zumtobel an die Spitze der heimischen, im Familienbesitz stehenden Umdasch-Gruppe. Sie gliedert sich in den kleineren Ladenbauer Shopfitting und in den Schalungstechnik-Konzern Doka. Dieser rüstet weltweit Baustellen aus, u. a. am Ground Zero in New York oder das bald höchste Gebäude der Welt, den Kingdom Tower in Jeddah (Saudi-Arabien).

KURIER: Doka hat im Frühjahr auf freiwilliger Basis ein flexibles Arbeitszeitmodell eingeführt. Wie sind die Erfahrungen?

Andreas Ludwig: Eigentlich euphorisch toll. Es gibt nur positives Feedback. Ich habe lange darum gekämpft, weil uns das Thema prinzipiell beschäftigt. Denn in unserem Geschäft gibt es extreme Schwankungen. Viele Menschen haben Verständnis dafür, dass sie arbeiten, wenn Arbeit anfällt, aber sie wollen das autonom einteilen. Unser Modell ermöglicht das, die Mitarbeiter organisieren es sich selbst. Es hat bis dato kein einziges Mal einen Engpass gegeben.

Auch bei den Lohnverhandlern der Metaller wurde eine Flexibilisierung der Arbeitszeit beschlossen. Gibt es in diesem Bereich nun doch Bewegung?

In kleinsten Schritten. Aber noch immer zu wenig. Wenn ich es mir wünschen dürfte, würde ich einen viel radikaleren Ansatz wählen. Das Gesetz sollte nur festlegen, dass es sich jede Belegschaftsvertretung mit dem Betrieb autonom ausmacht. Weil jeder Betrieb hat unterschiedliche Bedürfnisse. Aber ich bin nicht so naiv zu glauben, dass das passiert. Wir werden uns nur in kleinen Schritten nähern. In den Betrieben ist das Verständnis da, bei den Sozialpartnern nicht.

Die mangelnde Flexibilisierung ist ein Faktor, warum Österreich im internationalen Wettbewerb an Boden verliert. Ist das Absinken nachvollziehbar?

Ja. Das Problem ist, dass wir uns bei vielen Faktoren parallel verschlechtern. Die Anforderungen haben sich verändert, wir uns aber nicht. Bei den Lohnnebenkosten ist eine dramatische Änderung nötig, aber auch bei der Ausbildung. Die Bildungsreformen sind bis jetzt nur Überschriften.

Gibt es einen Bildungsnotstand in Österreich?

Umdasch-Chef: "Sozialpartnern fehlt das Verständnis"
Andreas Ludwig von der Doka Group im Interview am 24.11.2015 in Wien
Ich finde es frustrierend, dass uns da kein großer Wurf gelingt. Österreich müsste als kleines, stabiles Land die Strategie haben, die besten Schulen in Europa zu haben. Das wäre eine tolle Nische. Wir brauchen nicht die typisch österreichische Diskussion darüber, wer den Direktor bestellt, sondern die Lehrinhalte müssen sich ändern. Und zu glauben, wir machen das mit demselben System, das Maria Theresia erfunden hat, ist einfach naiv.

Sie haben früher den Facharbeitermangel beklagt. Ist das noch immer so virulent?

Ja, das wird auch kurzfristig nicht besser. Wenn wir es nicht über Zuwanderung lösen, wird das demografisch zu einem noch größeren Problem.

Sind die Flüchtlinge in diesem Zusammenhang eine Chance?

Wenn man es richtig macht, absolut. Wir müssen in Ausbildung und Integration investieren. Auch unser Pensionssystem baut darauf auf.

Jetzt ist die Lage am Jobmarkt aber schon sehr angespannt. Wo gibt es die Jobs für die Zuwanderer, etwa in der Baubranche?

Ich sehe die Lage nicht so angespannt. Es werden die Arbeitslosenzahlen schlechter, aber das kommt mehr aus dem standortpolitischen Problem. Vor zehn Jahren war Österreich noch das bessere Deutschland.

Wie geht es Doka in dem Umfeld?

Grundsätzlich kann ich mich über die Konjunktur nicht beklagen. Doka wird zweistellig wachsen. Die USA laufen super, da erwarten wir fast 40 Prozent Wachstum, im Mittleren Osten ebenfalls ein deutlich zweistelliges Wachstum. Da wird wahnsinnig viel gebaut. Daher schauen wir sehr aufmerksam, was dort politisch passiert. Im deutschsprachigen Raum generieren wir weiterhin 25 Prozent des Umsatzes.

Wo ist Doka unterrepräsentiert?

Mittelfristig haben wir in Asien großes Potenzial, allen voran China, wo wir noch eine recht kleine Organisation haben und uns sehr schwer tun. Das hängt auch mit den Baumethoden dort zusammen, also etwa mit Bambusstäben und nicht mit Systemschalungen. Für Indien wiederum haben wir eigene Produkte aus leichtem Aluminium entwickelt, weil dort die Krankapazität limitiert ist und die Schalungen händisch versetzt werden. Kurzfristig werden wir in den USA, England und Polen unsere Präsenz stark verbessern und insgesamt 50 Millionen investieren.

Wann wird Doka die Umsatzmilliarde erreichen?

Aus heutiger Sicht ist es realistisch, das Ziel heuer zu schaffen.

Der Bau ist sehr konjunkturabhängig. Was macht Doka beim nächsten Einbruch der Wirtschaft?

Wir sind global in 70 Ländern mit 160 Standorten vertreten. Überall gleichzeitig gibt es keinen Einbruch. Und kommt es zu einem starken Einbruch wie 2009, kann Doka eigentlich die Produktion stark zurückfahren, weil Schalungen im Wert von drei Milliarden Euro über Vermietung im Umlauf sind. Denn die Hälfte der ausschließlich in Amstetten hergestellten Schalungen wird vermietet. Nach Verwendung kommen sie zu der nächstgelegenen Niederlassung zurück, werden dort repariert und wieder ausgeliefert. Die Produkte haben eine Lebensdauer von rund neun Jahre.

Nach der Zielpunkt-Pleite noch eine Frage zur Ihrer Ladenbau-Tochter. Wann wird es hier den Break-even geben?

Heuer leider nicht. Das Ziel haben wir trotz eines leichten Umsatzwachstums nicht erreicht. Nächster Versuch ist 2016. Wir haben in Tschechien einen Hersteller gekauft, um bei den Kosten kompetitiver zu werden. Zudem haben wir eine Softwarefirma gekauft, die sich mit der elektronischen Preisauszeichnung beschäftigt. Und wir erschließen neue Kunden, wie Banken, Autohäuser oder Systemgastronomen. Das Geschäft verändert sich grundlegend, aber an einen Verkauf ist nicht gedacht.

Flexibles Arbeiten

Bei der Flexibilisierung bei Doka geht es um Zusatzschichten (inklusive Samstag) in der Fertigung mit 1000 Mitarbeitern. Es gibt keine Durchrechnungszeiträume, sondern jeder Beschäftigte erarbeitet einen Polster für schwächere Zeiten (maximal 680 Stunden je Mitarbeiter). Die Mehrarbeit kann aber auch als Überstunde ausbezahlt werden. Damit ist Kurzarbeit für ein Jahr möglich, ein Jobabbau wird somit lange hinausgezögert. Heuer wurden bereits 100.000 Stunden eingearbeitet.

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