Ein Einmarsch russischer Truppen hätte zweifelsohne das Potenzial für einen regelrechten Ölpreisschock. Darauf wies neben anderen der deutsche Top-Ökonom, Ifo-Präsident Clemens Fuest hin. Es ist zwar 14 Jahre her, aber der Ölpreis lag auch schon einmal deutlich über 140 Dollar je Fass.
Nun, mittlerweile war zumindest kurzfristig das Gegenteil der Fall und das zwischenzeitliche Hoch vom Montag, als ein Fass der für Europa maßgeblichen Nordseesorte Brent bei 96,48 US-Dollar notierte, rückte in weitere Ferne. Am Freitag gaben die Brent-Notierungen zunächst kräftig nach. Ein Fass zu 159 Liter kostete im Handelsverlauf rund 91,1 US-Dollar und damit um bis zu 1,9 Prozent weniger als am Donnerstag. Später drehte der Preis aber wieder klar ins Plus - mit jeder schlechten Nachricht aus der Ukraine ging es bis auf 93,5 US-Dollar hinauf.
Wie geht es jetzt weiter? Das ist selbst für ausgewiesene Experten wie Johannes Benigni vom Wiener Rohstoff-Berater JBC Energy schwer zu sagen. Denn an den Märkten gibt es gegenläufige Kräfte, die den Preis sehr volatil halten. Momentan gibt es dennoch zwei maßgebliche Entwicklungen, die – bei aller Vorsicht – für ein weiteres Nachlassen der Ölpreise sprechen würden.
Die da wären:
Ukraine - Jüngste Entspannungssignale zwischen Russland und der Ukraine haben etwas Druck aus dem Markt genommen. Dazu zählt vor allem das Treffen zwischen US-Außenminister Blinken und seinem russischen Amtskollegen Lawrow in der kommenden Woche. Gleichzeitig bleibt aber die Nervosität immens hoch, wie die Meldungen über die Evakuierungen aus der Ost-Ukraine am Freitagnachmittag zeigten.
Iran - Auch die Anzeichen für ein neues Atomabkommen mit dem Iran haben vorerst zum Rückgang des Ölpreises beigetragen. Sollten mit dem Abkommen US-Sanktionen fallen, könnte der Iran wieder Öl exportieren und ein zusätzliches Volumen von 1,0 bis 1,5 Millionen Fass käme auf den Markt. Das höhere Angebot müsste den Preis drücken, so Benigni. Auch sei absehbar, dass die USA ihre Schieferöl-Produktion („Fracking“) wieder deutlich ausweiten (plus 800.000 Fass zusätzlich). Auch das erhöhe das Angebot und drücke den Preis.
Konflikte - Die Nervosität aus den geopolitischen Konflikte von der Ukraine bis zum Jemen sorge andererseits für ein anhaltend hohes Preisniveau. Ohne die Spannungen läge der Ölpreis zwischen 70 und 80 Dollar, schätzt der Ölexperte. „Der Markt kann leicht nach oben gereizt werden“, lautet Benignis Resümee.
Man muss kein Prophet sein: Eine neuerliche Verschärfung der Tonlage zwischen Moskau und Kiew bzw. den NATO-Verbündeten - oder gar kriegerische Auseinandersetzungen - und die Ölpreise kennen kein Halten mehr.
Kommentare