Übernahmepläne: Wird Atomic chinesisch?

Peking will bis 2022 rund 300 Millionen Chinesen für den Wintersport begeistern
Der chinesische Konzern Anta will die finnische Atomic-Mutter Amer um vier Milliarden Euro kaufen

Die Bretteln von Österreichs Ski-Star Marcel Hirscher könnten bald von einem chinesischen Konzern kommen. Indirekt zumindest. Denn der chinesische Sportartikelkonzern Anta will den finnischen Atomic-Mutterkonzern Amer (zu dem Marken wie Atomic, Salomon, oder Wilson gehören) kaufen. Dem Vernehmen nach ist der Deal den Chinesen mehr als vier Milliarden Euro wert.

Nach Bekanntwerden der Übernahmegerüchte schoss der Amer-Aktienkurs am Dienstag um 11,8 Prozent in die Höhe – es war der größte Kurssprung seit zehn Jahren. In der Folge wurde die Aktie an der Börse Helsinki vom Handel ausgesetzt. Das offizielle Angebot für den Sportausrüstungshersteller, der an der Börse aktuell mit 3,34 Milliarden Euro bewerteten wird, könnte in einigen Wochen auf dem Tisch liegen. Ihm müssten laut Amer-Angaben 90 Prozent der Aktionäre zustimmen. Es wäre nicht das erste Mal, dass Anta bei einer europäischen Marke zum Zug kommt. Auch die auf Tennisschuhe und -bekleidung spezialisierte Firma Fila gehört bereits zum Markenreich der Chinesen.

Im Schatten der Spiele

Dass sich chinesische Konzerne europäische Skimarken einverleiben wollen, ist naheliegend. China will bis 2022, wenn die Olympischen Winterspiele in Peking über die Bühne gehen, eine Wintersportnation sein. Die Regierung stampft mit viel Geld nordöstlich von Peking sowie in Zentralchina Skigebiete aus dem Boden und stattet Schulen mit Skiern und Eislaufschuhen aus. Erklärtes Ziel: Bis zum Jahr 2022 sollen 300 Millionen Chinesen Wintersportler sein.

„Sport gewinnt in der chinesischen Gesellschaft mehr an Prestige“, beobachtet Emanuel Lehner, der in der Österreich-Werbung für den asiatischen Markt zuständig ist. Gesund zu leben und sich zu bewegen, wird immer breiteren Bevölkerungsschichten wichtig. Wie viele Chinesen bereits über die Pisten wedeln, ist nicht belegt, Schätzungen gehen von zwei bis sechs Millionen aus. Das Potenzial im 1,4-Milliarden-Einwohner-Land ist jedoch enorm – und könnte wieder Schwung in die Auftragsbücher der Skiindustrie bringen. Diese hat zu Spitzenzeiten acht Millionen Paar in den Weltmarkt gedrückt, im Laufe der Jahre ist diese Zahl aber auf rund drei Millionen zusammengeschrumpft.

Sport der Oberschicht

Freilich bleibt der Skisport in China mit Preisen von umgerechnet 100 Euro fürs Tagesticket auch weiterhin ein Oberschichten-Thema. Dazu kommen diverse Kosten für die Ausrüstung. Vom Ski über den Anorak bis zu den Handschuhen wird so gut wie alles geliehen. Und besonders hoch im Kurs stehen europäische Marken. Branchenschätzungen zufolge liegt der Gesamtmarkt an Skiern in China dennoch nur bei vergleichsweise geringen 100.000 Paar, davon soll etwa die Hälfte von westlichen Herstellern kommen.

Gelingt es der Regierung in Peking, die Bevölkerung winterfit zu machen, tut sich für heimische Tourismus-Manager ein Millionen-Markt auf. Lehner: „Wir verstärken unsere Aktivitäten in China, verkaufen aber nicht nur den Pistenzauber, sondern ein Gesamterlebnis.“ Sprich, die Gäste kommen zum Weihnachtsmarkt, gehen ein paar Stunden auf die Piste, dann in den Wellnessbereich, später Shoppen.

Währenddessen hat sich der Oberösterreicher Markus Gutenbrunner mit seinen Skiern auf nach China gemacht. Er soll das chinesische Ski-Nationalteam fit für die Winterspiele 2022 machen. Der offizielle Textil-Gesamtausstatter des chinesischen Ski-Alpin-Teams steht übrigens auch schon fest. Er heißt Anta Sports – der vielleicht bald neue Eigentümer von Atomic. Der Skihersteller gehört seit 1994 zu Amer und hat zuletzt 170 Millionen Euro umgesetzt.

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