(Über-)Leben auf der Überholspur
Selbstbewusst nach außen, nervös nach innen - so stellt sich China in vielen Bereichen dar. Denn bei all den großartigen Errungenschaften seit der wirtschaftlichen Öffnung vor 30 Jahren, bleibt ein ganzes Bündel an Risiken. Selbst die Regierung in Peking und ihre offiziellen Vertreter können sie nicht so einfach wegdiskutieren. Sie wissen genau: Ein Leben auf der Überholspur ist bei allem Ehrgeiz nicht von langer Dauer.
Im aktuellen Fünfjahresplan hat der Volkskongress die Kursänderung festgeschrieben: China muss seine Abhängigkeit vom Export reduzieren und die Importe ausweiten, um seinen Handelsüberschuss abzubauen. Das Wirtschaftswachstum soll als Voraussetzung für mehr Nachhaltigkeit von fast zehn auf sieben Prozent gedrosselt und Energie effizienter eingesetzt werden.
Hinter den harten Fakten steckt menschliche Notwendigkeit. Zwar sind durch den Aufschwung 400 Millionen Chinesen der Armut entkommen. Doch viele Millionen stöhnen - wenn auch still. Wegen des gesellschaftlichen Drucks. Oder weil die Arbeitsbedingungen sie krank machen, oder die verseuchte Milch, hormonbelastetes Fleisch, Pestizide im Gemüse.
Die Inflation klettert in die Höhe, preiswertes Wohnen gibt es in den Städten nicht. Zorn schürt, dass die Reichen sich durch Korruption noch mehr Geld in die Tasche stecken; dass einfache Leute von ihrem Boden vertrieben werden; dass es keine volle Rechtssicherheit gibt. Junge wollen in dieser hektischen Welt keine Kinder mehr. Die Überalterung nimmt zu.
2012 steht eine Wachablöse an. Präsident Hu Jintao und Premier Wen Jiabao legen ihre Ämter zurück. Hinter den Kulissen wird schon um Macht, Einfluss und mögliche politische Reformen gestritten.
Perspektiven
Der sorgenvolle Blick nach China hat aber auch mit der eigenen Perspektive zu tun. Mit einer Stagnation im Westen - wenn auch auf hohem Niveau. Mit fehlender Dynamik in der Politik. Die langwierigen Prozesse, bis innerhalb der EU-Staaten - oder zuletzt in den USA im Streit um die Schuldengrenze - wichtige Entscheidungen fallen, schaden enorm.
An Antriebskraft fehlt es auch vielen Bürgern, die im Vergleich zur Mittelschicht in China am Pannenstreifen stehen. Dazu kommt, dass die Jobs vieler Menschen in Europa, die in der Dienstleistungs-Management-Gesellschaft sonst keinen Beitrag leisten können, sich nach Asien verabschiedet haben.
China ist und bleibt ein ernst zu nehmender Gigant. Man darf nicht übersehen, dass er viel Kraft für das eigene Überleben braucht.
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