Banker: „Ein Sieg Trumps wäre eine schlechte Nachricht“

Banker: „Ein Sieg Trumps wäre eine schlechte Nachricht“
Investmentexperte Jürgen Lukasser von der LGT Bank Österreich rechnet bei einer Wahl des Republikaners mit weiteren Problemen für Europas Wirtschaft.

Seit 2014 verantwortet Jürgen Lukasser das Portfolio Management bei der LGT Bank Österreich. Im KURIER-Interview spricht er u.a. über die konjunkturelle Lage in den USA und Europa und die bevorstehenden US-Wahlen.

KURIER: Die US-Notenbank hat die Leitzinsen in der Vorwoche um 0,5 Prozentpunkte gesenkt. Hat Sie diese Größenordnung überrascht?

Jürgen Lukasser: Die LGT hatte eine Senkung um 50 Basispunkte erwartet. Schließlich stehen die Präsidentschaftswahlen inmitten des aktuellen Zinszyklus an und die Fed möchte ihre politische Unabhängigkeit betonen. Zudem waren die geldpolitischen Maßnahmen zu restriktiv und die US-Notenbank wollte sich nicht vorwerfen lassen zu zögerlich zu sein. Die Konjunktur verliert deutlich an Schwung. So ist z.B. die Zahl der neu geschaffenen Stellen gesunken. Die Lehre aus der Finanzkrise ist, nicht zu zögerlich vorzugehen und rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen. Dennoch gibt es Stimmen, die befürchten, die Fed könnte auch jetzt zu spät reagieren.

Wie geht es Ihrer Einschätzung nach weiter?

Wir rechnen mit zwei weiteren Zinssenkungen um jeweils 0,25 Basispunkte in diesem Jahr. Andere Banken gehen sogar von Senkungen um 0,50 Basispunkte aus, aber das halten wir für zu drastisch. Nächstes Jahr wird der Zinssatz weiter sinken, und wir erwarten zum Jahresende ein Niveau von 3,0 Prozent in den USA.

Wie wird sich die US-Wirtschaft entwickeln?

Im zweiten Quartal war die Konjunktur tatsächlich überraschend stark. Jetzt erwarten wir jedoch eine Wachstumsdelle, allerdings ohne in eine Rezession zu geraten – ein sogenanntes „soft landing“. Eine gewisse Abkühlung ist Teil des Prozesses zur Inflationsbekämpfung. Die Fed versucht derzeit den Zinssatz zu finden, der am besten zu den Zielen der Preisstabilität und Vollbeschäftigung passt. Das ist immer eine Gratwanderung. Es bleibt abzuwarten, ob die gewünschte weiche Landung gelingt. Das Risiko einer Rezession besteht natürlich.

Wo sehen Sie die größten Gefahren?

In den Jahren 2001 und 2007 sind Blasen geplatzt, etwa im Dotcom-Sektor und im Immobilienmarkt. Derzeit sehe ich keine vergleichbaren Asset-Blasen, auch wenn die Bewertungen in einigen Sektoren an den Aktienmärkten ambitioniert sind. Die US-Unternehmen sind in vielen Sektoren solide aufgestellt. Die größte Schwachstelle sind derzeit die Ölpreise. Die Situation im Nahen Osten birgt Potenzial für Risiken, ähnlich wie beim Ölpreisschock von 1973 oder der Machtübernahme Chomeinis im Iran 1979. Zwar sind die Ölpreise derzeit aufgrund schwacher Nachfrage und ausreichendem Angebot niedrig, aber günstige Energie ist das Rückgrat der wirtschaftlichen Prosperität.

Welche Auswirkungen hätte ein Wahlsieg von Donald Trump oder Kamala Harris auf die US-Wirtschaft und die Aktienmärkte?

Beide müssen den Sparkurs einschlagen, denn das Budgetdefizit liegt bei historisch hohen sechs Prozent. In der Vergangenheit lag der Durchschnitt bei 3,5 Prozent. Sowohl Trump als auch Harris werden also sparen müssen, jedoch unterschiedlich. Die Demokraten werden die Unternehmenssteuern erhöhen, während Trump sie senken will, ohne jedoch klarzustellen, wie dies finanziert werden soll. Das Thema Nachhaltigkeit würde unter Trump zurückgestellt, während der Außenhandel unter seiner „America First“-Politik wieder ein großes Thema wird.

Banker: „Ein Sieg Trumps wäre eine schlechte Nachricht“

Jürgen Lukasser, LGT Österreich

Welche Folgen hätte das?

Bereits 2018 reagierten die Aktienmärkte empfindlich, insbesondere in Europa und den Schwellenländern. Zwar sind die Importe aus China zurückgegangen, die aus Europa jedoch weiterhin leicht gestiegen und haben die Importe aus China sogar überholt.

Was würde ein Sieg Trumps für Europa bedeuten?

Vor allem für Deutschland wären das schlechte Nachrichten, da die Autoindustrie weiteren Druck nicht brauchen kann. Ein neuer Leitsektor ist in Europa noch nicht in Sicht. Das sind keine guten Aussichten für die Region, denn Deutschland war lange die wirtschaftliche Lokomotive. Diese Führungsrolle hat es verloren, und die Rahmenbedingungen sind instabil, da sie nicht sachlich, sondern ideologisch getrieben sind. Das führt dazu, dass Investitionen in die Zukunft verschoben werden.

Wie steht es um die deutsche Autoindustrie? Die Nachrichten von VW, BMW und Mercedes sind wenig ermutigend.

Die Deutschen konnten Verbrennungsmotoren wirklich gut bauen, aber bei der E-Mobilität wurden sie von den Chinesen überrollt. Deren Autos sehen mittlerweile sogar gut aus und bei den Batterien haben sie dank staatlicher Subventionen klare Vorteile.

Wie kann die europäische Wirtschaft wieder Schwung bekommen?

Das Einzige, was jetzt hilft, ist, die Zinsen weiter zu senken. Bis Ende 2025 erwarten wir die Leitzinsen in der Eurozone bei etwa 1,5 Prozent.

Was heißt das für Aktien?

Es besteht die Chance, dass konjunktursensitive Aktien, wie jene von Konsumgüterherstellern, der Automobilbranche, Immobilienfirmen und Medienunternehmen, wieder zulegen. In den USA sind wir am stärksten investiert, da das Szenario eines „soft landing“ realistisch ist. Europa und China haben strukturelle Probleme. In Japan sind wir nach dem jüngsten Höhenflug vorsichtig, zudem ist der Yen nach der Zinserhöhung sehr stark, was japanische Aktien für europäische Investoren verteuert.

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