In den vergangenen eineinhalb Jahren haben viele Notenbanken im Kampf gegen die Inflation die Zinsen stark angehoben. Hohe Zinsen wirken auf Veranlagungen in Gold negativ, da andere Anlageklassen wie etwa Anleihen höhere Renditen abwerfen. Denn Gold zahlt keine Zinsen. Doch nun scheint der Höhepunkt der Zinsanhebungen erreicht, nächstes Jahr wird es wieder Zinssenkungen geben. Das macht Gold für Investoren wieder attraktiver. Eine Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell am Freitag hat die Erwartungen der Anleger für Zinssenkungen neue Nahrung gegeben und damit den Preis zum Rekord getrieben.
Zahlreiche Notenbanken aus Schwellenländern wie China kaufen vermehrt Gold. „China und Indien haben vor 20 Jahren knapp 30 Prozent der globalen Nachfrage ausgemacht. Jetzt ist es die Hälfte“, sagt Ronald Stöferle, Experte der Incrementum AG, zum KURIER. Grund seien zuletzt die Sanktionen gegen Russland gewesen, die zum Einfrieren von russischen Fremdwährungsreserven geführt haben. „Die Länder wenden sich vom Dollar ab“, so Stöferle.
In westlichen Staaten ist Gold bei Privaten entweder bereits in Portfolios oder es bestehe kaum Interesse. In Schwellenländern aber, so Stöferle, sei die Nachfrage von privater Seite größer, hier bilde Gold oft die Basis des Portfolios.
Gold wird in US-Dollar gehandelt. Verliert dieser an Wert, so wird das Edelmetall für Käufer aus anderen Ländern günstiger. Der Dollar hat heuer etwa zum Euro teilweise um rund fünf Prozent nachgegeben.
Gold gilt seit jeher als Krisenwährung. Mit den Kriegen in der Ukraine sowie in Israel und der zunehmenden Polarisierung zwischen dem Westen und Russland bzw. China steigt das Potenzial von weiteren Konflikten.
Auch wenn jetzt beim Kurs „ein bisschen Durchschnaufen“ angesagt sei, gehört Gold für Stöferle „in jedes Portfolio“, es sorge für Stabilität. Das nächste größere Kursziel sieht er bei 2.300 Dollar. „Sollten sich die Anzeichen für niedrige Zinsen verdichten, dürfte das Gold auch im nächsten Jahr beflügeln“, sagt Alexander Zumpfe vom deutschen Edelmetallhändler Heraeus. Allerdings werde der Preis sich nicht in einer Einbahnstraße nach oben bewegen. Nach der jüngsten Rallye gebe es Anzeichen, dass der Markt überhitzt sei. Das ändere aber nichts daran, dass die Stimmung für Gold positiv sei. Weniger euphorisch ist Christina Nemeth, Chef der Zürcher Kantonalbank Österreich. „Als Inflationsschutz ist Gold jetzt kein Thema mehr und wenn sich die geopolitische Lage nicht wesentlich ändert, dann sehe ich keinen Grund für große Bewegungen.“ Angesichts des schon hohen Kurses gebe es attraktivere Alternativen wie etwa Anleihen oder Aktien.
Im Windschatten von Gold stieg die Kryptowährung Bitcoin auf 42.000 Dollar und damit den höchsten Stand seit April 2022. Das Rekordhoch liegt hier aber bei 69.000 Dollar.
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