Touristiker schlagen vor: Teureres Sightseeing in Wien zur Stoßzeit

Touristiker schlagen vor: Teureres Sightseeing in Wien zur Stoßzeit
In vielen Städten wird Overtourism zum Problem. In Wien wollen Branchenkenner rechtzeitig reagieren. Mit dynamischen Preisen.

Venedig ist derart von Touristen überrannt, dass die Stadtverwalter künftig Eintrittsgeld kassieren werden. In Barcelona demonstrieren Einheimische gegen die Besuchermassen und selbst in Salzburg klagen Fremdenführer bereits über die zunehmende Aggression Einheimischer gegenüber Touristengruppen, meldet orf.at.

In Touristenhochburgen kochen also schnell die Emotionen hoch. Einheimische schimpfen, dass ihr Weg in die Arbeit einem Hindernislauf durch Touristengruppen gleicht. Urlauber stöhnen ob der langen Warteschlangen bei Sehenswürdigkeiten. Droht auch in Österreich der Touristen-Overkill?

Dynamic Pricing für Wien Touristen?

Aus Sicht von Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung, besteht zumindest Handlungsbedarf. Die Besucherströme müssen aus ihrer Sicht besser gelenkt werden. Etwa durch Preise, die sich dynamisch an der Nachfrage orientieren – im Fachjargon Dynamic Pricing genannt. „Für Hoteliers und Fluglinien ist eine Auslastungssteuerung über den Preis längst Usus, jetzt wird es Zeit, dass die Städte und Sehenswürdigkeiten sich dieses Know-how auch aneignen“, findet Reiterer.

Touristiker schlagen vor: Teureres Sightseeing in Wien zur Stoßzeit

ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer wünscht sich bei Sehenswürdigkeiten Preismodelle wie jene bei Airlines

Als Beispiel nennt sie den Wiener Hafen. „Täglich werden 5.000 Passagiere von Flusskreuzfahrten mit Bussen in die Innenstadt gekarrt. Würde der Hafen zu Stoßzeiten höhere Gebühren verlangen, könnte man den Ansturm entzerren, so Reitterer. Nach demselben Modell stellt sie sich die Gestaltung der Eintrittspreise in Museen vor: Zu den Stoßzeiten besonders teuer, in auslastungsschwachen Zeiten deutlich günstiger. Eine Idee, der Lisa Frühbauer, Geschäftsführerin der Vienna Sightseeing (Hop-on-Hop-off-Busse, Städtetouren), viel abgewinnen kann. Sie hofft auf „einen Schulterschluss mit mehreren Akteuren“. Fundament dafür sei die entsprechende Technik. Frühbauer: „Diese ließe sich binnen eines Jahres aufsetzen.“ In den nächsten Wochen wird Frühbauer mit der Idee bei den Managern der Sehenswürdigkeiten vorstellig werden.

Raus in die Pampa

Touristiker schlagen vor: Teureres Sightseeing in Wien zur Stoßzeit

Ob mit Segway, per Rad oder zu Fuß: Zur Hauptsaison kann es vor Sehenswürdigkeiten zu Staus kommen

In der Zwischenzeit ist die Österreich Werbung damit beschäftigt, 400.000 Datensätze auszuwerten. Gewonnen wurden diese mit dem 2015 lancierten Vienna Pass, in dem mehr als 60 Sehenswürdigkeiten inkludiert sind. Frühbauer: „Wir können dank der gesammelten Daten sagen, welche Nationalität wann was angeschaut hat.“

Das soll auch helfen, die Besucher umzulenken. Bestenfalls in Gegenden abseits traditioneller Trampelpfade. Zu sogenannten „Geheimtipps“. Bleibt die Frage, wer dorthin will. Frühbauer sieht Potenzial. „Etwa 20 Prozent unserer Gäste sind nicht zum ersten Mal in der Stadt, kennen also schon vieles.“ So wird etwa das Beethoven-Haus in Grinzing zur Entzerrung der Besucherströme in den Tourenplan des Touristenbusses aufgenommen.

Handy screent Tourist

Ideal wäre natürlich eine Echtzeitauswertung der Besucherströme, testweise gab es das in Österreich schon. Die Österreich Werbung hat in Kooperation mit dem Mobilfunkanbieter A1 Handydaten von Gästen aus 25 Nationen ausgewertet, um zu sehen, wo sich die Urlauber aufhalten und wo sie übernachten (nämlich dort wo ihr Smartphone zwischen zwei und sechs Uhr morgens bewegungslos liegt).

Städte wie Lissabon haben schon vor Jahren mit dieser Technologie experimentiert, um Touristenströme in geregelte Bahnen zu lenken, ist aus der Branche zu hören.

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