Standort Österreich kommt ins Schleudern

Standort Österreich kommt ins Schleudern
Österreich büßt in der Rangliste des World Economic Forum fünf Ränge ein: nur noch Platz 21.

Die Alarmglocken schrillen laut. Der Wirtschaftsstandort Österreich hat erneut massiv an Attraktivität verloren. Das Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos reiht die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts nur noch auf Platz 21 von 144 Ländern.

Im Vorjahr konnte Österreich noch Platz 16 verteidigen. Das beste Abschneiden war übrigens im Jahr 2008 – damals ging sich der 14. Rang aus.

Der "Global Competitiveness Report" des WEF ist freilich nicht unumstritten: Die Reihung basiert teilweise auf einer Manager-Umfrage – für den aktuellen Bericht wurden 71 Wirtschaftstreibende befragt. Das liefere kein objektives Bild und sei obendrein höchst stimmungsabhängig, lautet traditionell die Kritik der Arbeiterkammer.

Standort Österreich kommt ins Schleudern
Allerdings wird die WEF-Rangliste – die es in dieser Form seit 2004 gibt – international viel beobachtet. In der Entscheidung von Unternehmen für oder gegen den Standort Österreich könnte das eine Rolle spielen.

Zum Verhängnis wird Österreich vor allem die hohe Steuerbelastung: Für 21 Prozent der befragten Manager ist diese das größte Handicap. Als problematisch werden auch das restriktive Arbeitsrecht (18 Prozent) und die ausufernde staatliche Bürokratie (15 Prozent) gewertet. Sorgen bereitet zunehmend der Zugang zu Finanzierungen (9 Prozent). Kriminalität oder die Gefahr von Staatsstreichen sind hingegen kaum ein Thema.

Recht gut schneidet Österreich in Sachen Infrastruktur, Gesundheit oder bei der Leistungsfähigkeit der Unternehmen ab. Auf Unverständnis treffen hingegen die sozialpartnerschaftlichen Gepflogenheiten der Lohnverhandlung: In der Kategorie "Flexibilität der Lohnfestsetzung" landet Österreich auf Platz 142. Unter 144 Ländern, wohlgemerkt.

USA auf Platz 3

Bedenklich ist das Abrutschen im Gesamtranking um fünf Plätze, weil kein anderes Spitzenland stärker zurückgefallen ist. Nur Schweden (von Platz 6 auf 10) und Saudi Arabien (von 20 auf 24) hatten vergleichbare Probleme. An der Spitze liegt unangefochten die Schweiz vor Singapur. Die USA haben es heuer aufs Siegertreppchen geschafft – nach Platz fünf im Vorjahr. Schwellenländer wie die Türkei, Brasilien oder Indien sind hingegen zurückgefallen.

Talente fördern, gezielt investieren und Innovation stärken: Darin sieht WEF-Gründer Klaus Schwab das Erfolgsrezept der bestplatzierten Länder. Die "zaghafte Erholung" sei durch die geopolitischen Konflikte, die sich öffnende Schere bei den Einkommen und die Finanznöte gefährdet. Die Staaten müssten das durch Strukturreformen wettmachen.

Der "Global Competitiveness Report" des WEF zum Download

Jetzt hat es Österreich Schwarz auf Weiß: Die effektive Steuerbelastung der Einkommen ist nirgendwo auf der Welt höher als bei uns. Zumindest, wenn man diese nach der Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung gewichtet, wie es das Institut für Management-Entwicklung (IMD) in Lausanne tut.

"Österreich landet dabei auf Platz 60, das ist der letzte Platz", erläutert IMD-Direktor Arturo Bris im Gespräch mit dem KURIER. "Natürlich ist das ein negativer Wettbewerbsfaktor. Die effektiven Einkommenssteuern sind in allen Nachbarländern, angefangen bei der Schweiz, deutlich niedriger."

Die renommierte Schweizer Wirtschaftshochschule untersucht Jahr für Jahr anhand von 338 Kriterien, wie sich die Schlagkraft der Volkswirtschaften entwickelt. Zwei Drittel der Daten im "World Competitiveness Yearbook" beruhen auf nationalen und internationalen Statistiken, der Rest kommt von Manager-Befragungen.

Die gute Nachricht: Österreichs langjährige Talfahrt scheint gestoppt. In der Rangliste 2014 ging sich eine Verbesserung um einen Platz – von 23 auf 22 – aus. Zum Vergleich: Die beste IMD-Platzierung erzielte Österreich 2007 mit Platz 11. Seit damals ging es rasant bergab. Deutschland konnte sich vom neunten auf den guten sechsten Rang verbessern, die Schweiz hielt ihren zweiten Rang hinter den USA.

Top-Priorität: Jobs

Standort Österreich kommt ins Schleudern
Viel Spielraum für Verbesserungen sieht IMD-Direktor Bris in Österreich bei der Beschäftigung. Ein überraschendes Ergebnis, schließlich gilt der Arbeitsmarkt als eine Stärke. "Ich sage nicht, dass Österreich in einer schlechten Lage ist", erklärt der Experte. "Das Beschäftigungswachstum ist aber am unteren Ende der Rangliste und die Arbeitslosigkeit steigt – womit sich die Platzierung verschlechtert." Die Beschäftigung sei zudem ein starker Hebel: Gibt es mehr Jobs, dann ziehen viele andere Parameter nach. Und nicht zuletzt bessert sich auch die Beurteilung des Landes. Diese gibt momentan Anlass zur Sorge: IMD befragte 4300 Manager weltweit, was Österreich attraktiv macht. Das Steuersystem nannte kein einziger; die kompetente Regierung ist nur für 1,9 Prozent ausschlaggebend. Ganze 7 Prozent bewerten die Rahmenbedingungen als wirtschaftsfreundlich. Geschätzt werden die Infrastruktur (83 Prozent), gut ausgebildete Arbeitskräfte (82 Prozent) und die politische Stabilität (78 Prozent). Besonders viele Befragten sehen Abwanderungsgefahren für Industriebetriebe und Forschungseinrichtungen.

Kommentare