Tipps für die Geldanlage: Was jetzt sinnvoll ist
Rekordwerte bei der Inflation. Niedrige Zinsen, die nur zögerlich steigen. Eine angespannte geopolitische Lage. Welche Strategien die Liechtensteinische Landesbank (LLB) Österreich in diesem Umfeld verfolgt, hat Stefan Klocker, Chef-Vermögensverwalter bei der LLB, dem KURIER erklärt.
Jetzt neu auf Rohstoffe zu setzen, hält Klocker angesichts der hohen Rohstoffpreise für den falschen Weg, auch wenn die Nachfrage wohl hoch bleiben wird. Er rechnet mit einer Preiskonsolidierung in den nächsten 6 bis 12 Monaten. Ähnliches gelte für Gold. Als bereits vorhandene Beimischung in Höhe von einigen Prozent seien Rohstoffe aber als Portfoliostabilisator „nicht schlecht“.
Was an Attraktivität gewonnen hat: Aktien. „Sie sind wieder auf ein sehr vernünftiges Bewertungsniveau gekommen“, sagt Klocker. Im vergangenen Jahr habe sich das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Aktien „von extrem hohem Niveau nach unten“ bewegt. Aktuell liege es bei rund 17, „was in etwa auf dem Schnitt der vergangenen zehn Jahre ist“.
Rendite von 5,9 %
Das macht eine Gewinnrendite von rund 5,9 Prozent. Zwar liege die Inflation aktuell höher, aber das werde „nicht das dauerhafte Maß bleiben“. Die LLB schätzt, dass sich die Inflation im kommenden Jahr global auf etwas über drei Prozent, in der Eurozone „wieder in Richtung zwei Prozent“ beruhigen wird.
Beim Thema Tech-Titel gibt sich Klocker zurückhaltend, was unbekanntere Unternehmen angeht. Er rät dazu, zu „Wachstumstiteln mit erprobtem Geschäftsmodell und guten Gewinnen“ zu greifen – Amazon, Apple, die Google-Mutter Alphabet oder Microsoft zum Beispiel.
Bei der LLB setzt man verstärkt auf fair bewertete Blue Chips, also Aktien großer Unternehmen. „Die von uns favorisierten ,Value’-Titel sind heuer deutlich besser gelaufen als der Gesamtmarkt. Sie waren vom Thema der steigenden Zinsen deutlich weniger betroffen, weil eben solche Aktien auch mit steigender Inflation sehr gut umgehen können.“
Auto & Health Care
Man könne aber nach dem Abverkauf im ersten Quartal durchaus auf den einen oder anderen Wachstumstitel setzen, sagt Klocker. Jedenfalls interessant aus seiner Sicht: Der Health-Care-Bereich, konkret der Pharma-Sektor. Vor allem bei den großen Impfstoffherstellern hatte man ja gedacht, dass diese die großen Profiteure der Pandemie sein werden, das habe sich in den Kursen aber nicht widergespiegelt. „Uns gefällt auch eine Amgen ganz gut, oder eine CVS Health Corp.“
Wer laut LLB ebenfalls wieder einen Blick verdient habe, ist der Automobil-Sektor. „Wir haben BMW im Portfolio, auch VW. Letztere hat ein sehr schönes Angebot an Elektromobilität.“ Ebenso Unterhaltung und Computerspiele, etwa als Beispiel Electronic Arts oder Nintendo.
Neue Zusammensetzung
Auch die Aktie „einer österreichischen Verbund“ halte man angesichts wohl weiter hoher Strompreise am Weltmarkt, die stark durch die hohen Gaspreise getrieben werden, aktuell für „sehr attraktiv“.
Eine gute Mischung im Portfolio ist es, worauf die LLB bei ihrer Beratung laut eigenen Angaben setzt. Dabei hat sich die Zusammensetzung verändert. Hatte man früher bis zu 75 Prozent Anleihen von Staaten oder Unternehmen im Portfolio, und nur 25 Prozent Aktien, setze man mittlerweile auf 50 Prozent Aktien unter Beimischung von Immobilien und deutlich mehr Alternative Investments.
Unter Letztere fällt beispielsweise Gold als bewährte Krisenwährung (welche die LLB zuletzt aber reduziert hat), primär sind es UCITS-Fonds mit alternativen Strategien. Also Investmentfonds, die den diversen Vorschriften der EU-Investmentrichtlinie unterliegen. „Alternative Diversifikatoren kaufen wir nicht, um massiv Erträge zu erzielen. Sie dienen als Portfoliostabilisator, der es erlaubt, mehr Aktien zu halten“, erklärt Klocker.
Denn: „Die EZB wird ihre Zinsen nicht nachhaltig nach oben reißen“ – vor allem wegen der hohen Staatsschulden in Staaten wie Italien. Die Zentralbank werde nur „ein bisschen restriktiver“ werden, sie habe ja ein Inflationsziel.
- 2020 und Ausblick
Das Geschäftsvolumen der LLB in Österreich lag 2020 bei 26,2 Mrd. Euro (+3,6 %). 2021 lief für die LLB in Österreich sehr gut, erklärt Vorstand Robert Löw. Zahlen gibt es noch keine. Auch für 2022 ist Löw zuversichtlich. Liechtenstein als Nicht-EU-Land übernimmt übrigens die Sanktionen der EU gegen Russland.
- Aufsichtsrat
Erstmals bekleidet seit Kurzem eine Frau die Position des Aufsichtsratsvorsitzes der LLB Österreich – die Juristin Natalie Flatz.
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