Telekom-Alcatel: Schatten der Vergangenheit

Telekom-Alcatel: Schatten der Vergangenheit
Hochegger-Studien: Neue Ermittlungen über gemeinsames Marketingbuget von Alcatel und Telekom.

Auf der letzten Aufsichtsratssitzung der Telekom Austria wurde nur kurz darüber berichtet. Die Aufsichtsräte waren nicht amused. Sie glaubten, die Skandal-Vergangenheit des teilstaatlichen, börsenotierten Konzerns rund um den Ex-Lobbyisten Peter Hochegger sei längst aufgearbeitet. Jetzt hörten sie plötzlich von einer Co-Marketingvereinbarung zwischen Alcatel und der Österreich-Tochter A1 über rund zwei Millionen Euro, von vermutlichen Scheinstudien von Hocheggers ehemaliger Firma Valora und vom Verdacht der klassischen Untreue. Kurz zuvor hatten sie erfahren, dass der ehemalige Alcatel-Chef Thomas Arnoldner ab September neuer CEO der Telekom wird.

Die Wiener Staatsanwaltschaft klopfte Anfang 2018 mit etlichen Fragen bei der Telekom an. „Wir haben die interne Revision eingeschaltet, um diese Fragen zu beantworten, die Ergebnisse wurden an die Staatsanwaltschaft übermittelt“, bestätigt Telekom-Sprecherin Barbara Grohs. Um allfällige Ansprüche des Unternehmens zu wahren, schloss sich die Telekom jetzt als Privatbeteiligte dem Strafverfahren an.

Schwerpunkt der Ermittlungen jetzt in Richtung Telekom

Die Ermittlungen dümpeln bereits seit einigen Jahren vor sich hin, zuerst arbeitete die Justiz die spektakulären Telekom-Hochegger-Fälle ab. Das Verfahren bekam in den vergangenen Wochen allerdings eine neue Dynamik. Ursprünglich nur als Alcatel-Hochegger-Causa bearbeitet, richtet sich der Schwerpunkt der Ermittlungen nun auf die Telekom.

Doch der Reihe nach. Der Technologiekonzern Alcatel war einer der wichtigsten Hardware-Lieferanten der Telekom beim Breitband-Ausbau. Anstatt der Telekom direkte Rabatte einzuräumen, wurde zwischen Alcatel und Telekom eine Co-Marketingvereinbarung geschlossen. Alcatel dotierte von 2003 bis 2006 dieses gemeinsame Marketingbudget mit einem gewissen Prozentsatz, abhängig vom jeweiligen Liefervolumen an die Telekom.

Telekom-Alcatel: Schatten der Vergangenheit

Zwei von Hocheggers Valora fabrizierte Marktstudien stachen den Ermittlern ins Auge. Dafür wurden 244.800 Euro aus dem Marketingtopf gezahlt, die Ermittler haben große Zweifel an der Werthaltigkeit der Studien, die mehr oder weniger aus dem Internet zusammenkopiert sein sollen. Als Beschuldigter wird neben Hochegger der ehemalige Alcatel-Chef und ÖVP-Politiker Harald „Harry“ Himmer geführt. Zur Erinnerung: Er machte sich als Chef der Jungen ÖVP mit Slogans wie „Bonzen quälen, Himmer wählen“ bei den etablierten Schwarzen unbeliebt.

Sowohl Himmer als auch Hochegger bestritten die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung.

Jetzt vermutet die Justiz, dass nicht Alcatel, sondern die Telekom für die Verwendung des Marketingbudgets verantwortlich war.

Alcatel zahlte und die Telekom verteilte die Gelder?

Könnte sich durchaus so abgespielt haben. Während Alcatel zu den Vorgängen konkret Auskunft erteilen konnte, lief in der Telekom alles ziemlich seltsam ab. „Hier hat sich wieder jemand ein Budget gehalten, ohne die internen Strukturen zu belasten“, hört man aus dem Unternehmen. Möglicherweise handelt es sich um Ex-Vorstand Rudolf Fischer, es gilt die Unschuldsvermutung.

Wie viel insgesamt für dubiose Zwecke abgezweigt wurde, ist noch nicht klar.

Telekom-Alcatel: Schatten der Vergangenheit

Der künftige Telekom-Boss , ebenfalls der ÖVP sehr nahe und der Wunschkandidat von Kanzler Sebastian Kurz, folgte Himmer als Alcatel-Chef nach. Arnoldner steht dem Vernehmen nach mit den dubiosen Marketing-Aktivitäten nicht in Verbindung und dürfte nichts davon gewusst haben. Er begann erst 2003 bei Alcatel. Frisch gefangene Youngster werden üblicherweise nicht in anrüchige Geschäftsgeheimnisse eingeweiht. Außerdem war Arnoldner bei Alcatel erst ab 2010 für die Telekom zuständig. Als Alcatel-Boss veranlasste er 2014, dass sich das Unternehmen als Privatbeteiligter dem Strafverfahren anschloss. Er kann derzeit keine Stellungnahme abgeben, weil er sich verpflichtete, in der Cooling-off-Phase nicht mit Medien zu sprechen.

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