Warnhinweis für heimische Regierung
Per "Tabakautobahn" fahren die 190 Kilo schweren Pakete vom Hochregallager zur Produktion. Nach dem Auspacken geht es ab in eine riesige Trommel. Dort zerfallen die trockenen Tabakquader durch Dampf wieder in die einzelnen Blätter – wie sie Monate davor auf den Plantagen geerntet worden sind. Auch wenn man kein Raucher ist: Die verschiedenen Tabake duften herrlich. Können da noch exotische Tiere drinnen sein? "Nein", sagt der Mitarbeiter, der im Werk von Japan Tobacco International (JTI) in Trier für diesen Teil der Produktion zuständig ist. "Viel zu trocken." Zu seinem Berufsstart vor 30 Jahren habe er aber auch immer geschaut, ob Insekten oder Schlangen herumkriechen, gibt er schmunzelnd zu.
Nach dem Tabakschnitt wird es laut. In diesem Teil des Werks werden Tabak und Papier zu Zigaretten. "Die schnellsten Maschinen schaffen bis zu 20.000 Stück pro Minute", sagt Produktionsmanager Jürgen Jordan nicht ohne Stolz. Auch die Filterproduktion geht flott, jede Maschine spuckt einen Kilometer Filter pro Minute aus. Die Förderbänder in lichten Höhen, auf denen sich die Zigaretten zur Verpackung schieben, scheinen endlos. Dort warten etwa bedruckte Kartonblätter darauf, rund um Zigaretten zu Packerln gefaltet und zusammengeleimt zu werden. Der Karton (der etwa von Mayr-Melnhof geliefert wird) regt Vertreter der Tabakindustrie derzeit maßlos auf.
Grund ist die schärfere EU-Tabakprodukt-Richtlinie, die im Mai des Vorjahres beschlossen worden ist. Ab Mai kommenden Jahres müssen Schockbilder (etwa von vergammelten Zähnen oder von Tumoren) und Warnhinweise 65 Prozent der Vorder- und Rückseiten der Zigarettenpackerln bedecken.
Zeitnot
Das Problem: Österreich hat die Richtlinie noch immer nicht in nationales Recht gegossen. Die Industrie – von den Tabakkonzernen bis zu den Zulieferern – hat daher keine genauen Anhaltspunkte, wie die Packungen künftig auszusehen haben. Oder wo die Warnhinweise auf Beuteln für Tabak zum Selbstdrehen anzubringen sind.
Dass noch ein gutes Jahr Zeit ist, bis die Zeit der Schockbilder anbricht, lässt Ralf-Wolfgang Lothert, Sprecher von JTI in Österreich, nicht gelten. Um die Produktion rechtzeitig umstellen zu können, brauche es nicht nur Rechtssicherheit, sondern auch entsprechende Vorlaufzeiten, um die nötigen Maschinen bestellen zu können. Auch die Zulieferer würden unter enormem Zeitdruck stehen. Die Produktionsbetriebe würden 18 Monate Vorlauf brauchen. Die Zeit stehe aber nicht mehr zur Verfügung. "Der Gesetzgeber in Österreich ist säumig", ärgert er sich.
Selbst wenn die Umrüstung rechtzeitig gelingen sollte, ist jetzt schon klar, dass die Produktion teurer wird. Farbdruck mit wechselnden Motiven kostet einfach mehr. Und die Verpackungsmaschinen "werden dann wahrscheinlich langsamer produzieren", vermutet der Trierer Produktionsmanager Jordan.
In Trier wird für viele Länder produziert, auch für Österreich. Nach der Schließung des Tabakwerks in Hainburg hat Österreich keine Produktion mehr (siehe rechts). Das JTI-Werk in Trier stellt an die 50 Milliarden Zigaretten jährlich her und ist der größte Arbeitgeber der Region.
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