Die dunklen Geschäfte der Schweiz

Zu diskret: HSBC räumt Fehler ein.
Geheime Bankdaten deuten auf Steuerhinterziehung hin – auch 399 HSBC-Kunden aus Österreich auf der Liste.

Handlanger von Diktatoren, von Interpol gesuchte Waffenschieber und Blutdiamantenhändler: Der Schweizer Privatbank-Ableger von HSBC war in der Wahl seiner Kunden nicht wählerisch, behauptet das internationale Journalistenkonsortium (ICIJ) nach der Auswertung von Zigtausenden Kontodaten. Diese hatte Hervé Falciani, ein früherer IT-Mitarbeiter, illegal kopiert und – nach einer abenteuerlichen Flucht aus der Schweiz nach Frankreich – 2008 den dortigen Behörden übergeben.

Insgesamt umfasst "Swiss Leaks" geheime Bankdaten über 106.458 Personen oder Firmen aus 203 Ländern. Diese hatten 2007 mehr als 75 Milliarden Euro bei der Schweizer Bank gebunkert. Darunter sollen Politiker, Sportler, Rockstars, Schauspieler, Adelige und Firmenmanager aus aller Welt sein. Bei 399 Personen oder Firmen und umgerechnet 1,1 Milliarden Euro hat News einen Österreich-Bezug ausgemacht. Das Magazin ist Österreich-Partner des Konsortiums und will heimische Promis auf der Liste in seiner nächsten Ausgabe auffliegen lassen.

Fiskus jubelt

Ob sich diese etwas zuschulden kommen haben lassen, ist offen – ein Konto in der Schweiz ist nicht illegal. Es soll aber Hinweise geben, dass HSBC österreichische Kunden in der Vergangenheit unterstützt habe, Vermögen vor der Finanz zu verstecken, schreibt News vorab.

Wie viel von den insgesamt 75 Milliarden Euro steuerlich nicht deklariert war, ist ungewiss. Es dürfte sich um riesige Schwarzgeldbeträge handeln. So konnten Finanzbehörden aus zwölf Ländern, denen die Daten vorliegen, daraus mindestens eine Milliarde Euro aus Steuern und Strafzahlungen lukrieren, behauptet ICIJ.

Österreich gehört (noch) nicht dazu. "Diese medial kolportierten Datensätze sind nicht in unserem Besitz", heißt es aus dem Finanzministerium auf KURIER-Anfrage. Weder seien sie öffentlich angeboten worden, noch könne man beurteilen, wie seriös und aktuell die Informationen seien. Sollte man ihrer "habhaft werden", werde man sie auswerten und allenfalls Ermittlungen einleiten.HSBC hat inzwischen eingeräumt, dass das Geschäft der Schweizer Privatbanken in der Vergangenheit allzu locker abgelaufen sei. Man habe sich darauf verlassen, dass die Kunden ihr Geld korrekt versteuern. Seit einigen Jahren würden nun jedoch strengere Regeln gelten.

Der Großteil der Kunden hat inzwischen das Weite gesucht – oder wurde, wie HSBC behauptet, abgewiesen: Die Zahl der Konten ist seit 2007 um fast 70 Prozent zurückgegangen. Statt 118 Mrd. wurden Ende des Vorjahres nur noch 68 Mrd. Dollar Kundengeld verwaltet.

Die Schweizer Bankenaufsicht Finma bestätigt, dass drei Großverfahren gegen HSBC wegen Geldwäsche und mangelnder IT-Sicherheit abgewickelt wurden. Aktuell gebe es keinen Anlass mehr für einen Verdacht.

Diktatoren-Freunde

Aus der Zeit vor 2007 fanden sich freilich illustre Namen: ICIJ stieß auf Konten von Verwandten oder Mittelsmännern des haitianischen Despoten "Baby Doc" Duvalier, des ägyptischen Ex-Präsidenten Hosni Mubarak, des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, des tunesischen Ex-Machthabers Zine el-Abidine Ben Ali oder auf die Tochter von Chinas Ex-Premier Li Peng. Stars wie David Bowie und Tina Turner betonten, dass sie seit Jahrzehnten in der Schweiz leben. Hollywood-Star John Malkovich will nichts von einem Konto gewusst haben – und Aktrice Joan Collins ließ mitteilen, sie habe alles ordnungsgemäß versteuert.

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