Supermarkt-Eigenmarken: "Das ist wie im Mittelalter"
Bei Spar-Chef Gerhard Drexel läuten die Alarmglocken. Grund dafür ist ein Richtlinien-Vorhaben gegen unfaire Handelspraktiken in der Lebensmittellieferkette, das kürzlich den Landwirtschaftsausschuss des EU-Parlaments passiert hat.
Dem Vorhaben nach dürfen laut Drexel Handelsunternehmen in Zukunft keine Eigenmarken (Produkte, die Handelsunternehmen herstellen oder in Auftrag geben) mehr bei der Lebensmittelindustrie oder Landwirtschaft bestellen, deren Tierschutz- und Umweltschutzbestimmungen über das gesetzliche Mindestmaß hinausgehen. „Das heißt, wir dürfen bei Eigenmarken nicht mehr sagen ’Bitte kein Glyphosat, oder weniger Pestizide’“, sagt Drexel. Er fühle sich an das Mittelalter erinnert, in dem per Dekret die Weiterentwicklung von Wissenschaft oder Medizin verboten gewesen sei.
Drakonische Strafen
Es seien die Handelsunternehmen gewesen, die in den vergangenen Jahren für die meisten Innovationen gesorgt haben, erinnert Drexel. Das Verbot für Käfighaltungseier sei nicht vom Gesetzgeber gekommen, sondern der Handel habe diese als erster abgelehnt. Dann erst sei das Gesetz gekommen.
Ähnlich habe es bei gentechnisch veränderten Produkten verhalten. Sollte das Vorhaben durchgehen, wären drakonische Strafen die Folge, unzählige Artikel müssten aus den Regalen genommen werden, da sie nicht mehr verkehrsfähig wären. Das Vorhaben geht laut Drexel auf einen Abänderungsantrag von vier EU-Parlamentariern aus Deutschland zurück, der in „letzter Sekunde eingebracht wurde“. Offenbar sollen damit Markenhersteller vor der steigenden Zahl der in der Regel günstigeren Eigenmarken der Handelsketten geschützt werden.
Keine Zustimmung
Entwarnung kommt aus dem Landwirtschaftsministerium. EU-Parlament, Kommission und Rat würden derzeit ihre Vorschläge für die Richtlinie ausarbeiten, so ein Sprecher des Ministeriums. Bei dem Vorhaben handle es sich um einem Vorschlag von einem Ausschuss des EU-Parlaments, über den das EU-Parlament noch nicht abgestimmt habe (die Abstimmung ist in zwei Wochen). Es entspreche jedenfalls nicht den Vorstellungen des Rats, dem Österreich derzeit vorsitzt. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Vorhaben in der Form durchgeht, scheint damit gering zu sein.
Auch Politiker und Umweltschutzorganisationen warnen vor den Auswirkungen des Änderungsantrags. Supermarktketten könnten keine ökologisch nachhaltigen Initiativen mehr setzen, heißt es seitens Greenpeace. Das sei ein „Anschlag auf den Feinkostladen Österreich“. Laut dem EU-Abgeordneten der Grünen, Thomas Waitz, wäre das ein „Rückschlag auf dem Weg hin zu einer nachhaltigen und ökologischen Agrarwende“.
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