Verpackungen: Der Plastik-Wahnsinn im Supermarkt

Verpackungen: Der Plastik-Wahnsinn im Supermarkt
Das Bewusstsein gegen Kunststoff steigt, unverpackte Lebensmittel bleiben aber die Ausnahme im Regal.

Es knistert und raschelt an der Kassa. Im Merkur Markt im 19. Wiener Bezirk werden Waren aus dem Wagerl genommen und auf das Förderband gelegt. Schokoriegel, Avocados, Datteln, Backwaren und Kiwis: Alle Lebensmittel sind in – mindestens einer – Plastikfolie verpackt, manche liegen zudem in einer Kunststoffschale.

Bei Süßwaren wird mit zusätzlichen Einzelverpackungen nicht gespart und die Datteln kommen neben Schale und Folie mit einem Plastikstab daher.

Auch ein Besuch bei Billa und Hofer zeigt: Nicht nur offene Waren wie Wurst, Käse oder geschnittenes Obst werden zusätzlich verpackt, auch frisches Obst und Gemüse wird trotz Schale zusätzlich in Kunststoff gewickelt.

Maßnahmen

Einfolierte Brokkoli- und Salatköpfe schimmern an der Theke, Tomaten werden im Kunststoffkübel präsentiert. Und: Nach wie vor können lose Waren in ein gratis Obstsackerl gepackt werden. Nur bei den Gurken scheint man sich mit dem Einschweißen mittlerweile zurückzuhalten, zumindest werden in den Supermärkten an diesem Tag keine angeboten.

Dennoch stellt sich angesichts der großen Mengen an Kunststoffverpackungen die Frage: Wo bleibt das angepriesene wachsende Bewusstsein für weniger Plastikmüll?

Während es immer mehr Initiativen und Sammelaktionen gegen die Massen an Kunststoffresten in den Weltmeeren gibt, ist das Wagerl beim Wocheneinkauf rasch mit zig Folien, Schalen, Tassen und Netzen aus Plastik gefüllt. Die Handelsketten zeigen sich auf diesem Gebiet zurückhaltend. Dass umweltfreundlich anders aussieht, wissen die Konzerne, ihre Argumente sind schwammig. Auf Anfrage laute das Motto der Rewe Gruppe in Bezug auf Verpackungen etwa: „So wenig wie möglich, so viel wie notwendig.“ Gerade bei frischem Obst und Gemüse scheint die Notwendigkeit großer Verpackung eher fragwürdig – das Einschweißen von Gurken dient alleine zur Unterscheidung von Bio-, Fair Trade- und konventionellen Produkten, wie Hofer Österreich bestätigt.

Verpackungen: Der Plastik-Wahnsinn im Supermarkt

Vom Einkauf bleibt ein Haufen Plastikmüll

Der Konzern hat ein „Internationales Standpunktpapier nachhaltige Verpackungen“ veröffentlicht, in dem es seine Maßnahmen zur Optimierung von Verpackungen erläutert. Durch den Einsatz dünnerer Folien soll etwa an Kunststoffverpackung gespart werden. Seit 1. August dieses Jahres werden in einigen Hofer-Filialen neben konventionellen auch biologisch abbaubare Obstsackerl angeboten. Und: Geschäumte Kunststofftassen wurden weitgehend durch Pendants aus Karton ersetzt, gab das Unternehmen an. Als Alternative zu Aufklebern testet Hofer gerade eine Kennzeichnung mit Laser-Logos direkt auf der Schale. Ab Herbst 2018 sollen auch die Bio-Avocados bei Billa und Merkur nur noch damit versehen werden.

Mehr Müll

Maßnahmen, die dringend notwendig sind, wie die Zahlen zeigen: In den vergangenen 70 Jahren hat sich der Verbrauch von Plastik von 50 Millionen Tonnen auf weltweit 350 Millionen Tonnen erhöht. Alleine in Österreich fallen laut Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus jedes Jahr 900.000 Tonnen Plastikmüll an, knapp ein Drittel davon stammt aus Verpackungen. Besonders viel Müll produzieren feste Kunststofftassen, in denen häufig Tomaten oder Beeren verkauft werden: Einer Untersuchung des deutschen Naturschutzbundes zufolge 15 bis 20 Gramm pro Schale.

Nach wie vor wird ein großer Teil der Lebensmittel nur in Plastik angeboten – ökologische Alternativen sind die Ausnahme. Die großen Konzerne geben zwar an, mit ihren Anti-Plastik-Maßnahmen freiwillig umweltbewusst zu agieren, die Bestimmungen kommen aber von oben: Die EU will die Zielquote für das Recycling im Rahmen des sogenannten Kreislaufwirtschaftspakets bis 2025 auf 55 Prozent und bis 2035 auf 65 Prozent erhöhen.

Auch Einwegprodukte aus Plastik sollen verboten werden. Seit 2018 dürfen Supermärkte in EU-Ländern keine gratis Plastiksackerl mehr verkaufen – Obstsackerl ausgenommen.

Für Greenpeace Österreich ist das ein „zu schwach geratener Kompromiss“; und dem Knistern und Rascheln an der Kassa wurde damit kein Ende gesetzt.

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