Studie: Menschenleere Fabriken rücken näher

Studie: Menschenleere Fabriken rücken näher
A.T.Kearney: Roboter bedrohen 44 Prozent aller Jobs in Österreich - Arbeitszeit bleibt bestenfalls konstant.

Menschliche Arbeitskraft ist ersetzbar – und zwar nicht nur die Routinearbeiten, sondern sogar hoch qualifizierte Jobs: 44 Prozent aller Arbeitsplätze in Österreich sind nicht davor gefeit, bis 2040 von Robotern und Computerprogrammen wegrationalisiert zu werden, glauben die Experten von A.T.Kearney.

Die Unternehmensberater legten dafür eine frühere Studie zweier Oxford-Professoren auf hiesige Verhältnisse um. Demnach sind 1,83 Millionen Jobs in Österreich gefährdet – davon allein 500.000 in der Industrie.

Crash-Situation droht

Geht uns die Arbeit aus? Sie wird jedenfalls nicht mehr. Im besten Fall aber auch nicht weniger (siehe Grafik). Wie die Studienautoren prognostizieren, könnte die über das Jahr geleistete Arbeitszeit aller Österreicherinnen und Österreicher nämlich noch in 25 Jahren bei 7 Milliarden Stunden liegen – um diesen Wert ist sie in den vergangenen zehn Jahren geschwankt. Die Wirtschaftsleistung würde im selben Zeitraum bis 2040 um 45 Prozent (1,5 Prozent pro Jahr) steigen.

Studie: Menschenleere Fabriken rücken näher
Das wäre der Idealfall. Um das Ausmaß der Beschäftigung konstant zu halten, müssten allerdings 30 Prozent der Wirtschaftsleistung aus neuen Produkten, Dienstleistungen und Geschäftsmodellen kommen. Die Industrie muss es also schaffen, die Technologien in klingende Münze umzusetzen. Und es müssen neue Jobs in der Informations- und Umwelttechnologie sowie in den sozialen Berufen (Gesundheit, Pflege, Bildung) entstehen.

Gelingt das nicht und lässt sich Österreich von der Digitalisierung überrollen, wäre das Wohlstandsniveau gefährdet. Dann würde die Beschäftigung wegbrechen, was Verteiligungskämpfe zur Folge hätte, warnte A.T.Kearney-Partner Florian Haslauer am Donnerstag: „Ich bin aber optimistisch, dass es gelingt, so eine Crash-Situation zu vermeiden.“

Industriemanager zuversichtlich

Die Unternehmen seien auch frohen Mutes: Von 76 Industriemanagern, die A.T. Kearney befragte, sehen drei Viertel in der Digitalisierung mehr Chancen als Risiken – sie wollen neue Produkte entwickeln oder wettbewerbsfähiger werden. 30 Prozent schielen auf neue Märkte.

Ein Manko sieht Haslauer freilich darin, dass viele Firmenlenker von Rivalen auf dem falschen Fuß erwischt werden könnten. 53 Prozent halten es nämlich für unwahrscheinlich, dass ihnen mittel- und langfristig Wettbewerb aus fremden Branchen blüht. Das ist aber im digitalen Zeitalter, wo sich IT-Firmen wie Google und Apple vom Autobau bis zum Bankgeschäft breit machen, nicht mehr auszuschließen.

Hausaufgaben hat die Politik zu machen. Jüngste Mini-Reformen wie bei der Gewerbeordnung oder Start-up-Förderung seien ein Schritt in die richtige Richtung. "Wir brauchen aber mehr davon", sagte Haslauer.

Längere Schulpflicht

Österreichs Unternehmer und Gründer müssten von bürokratischen und politischen Hürden befreit werden. Die Gesetze wären an die neue Arbeitswelt anzupassen, denn häufige Jobwechsel, lebenslanges Lernen und Selbstständigkeit werden eher die Norm als die Ausnahme sein. "Wir halten diesen Wandel für machbar. Aber nicht, wenn wir uns im Fahrwasser der letzten 25 Jahre bewegen", sagte Haslauer. Eine Schlüsselrolle sieht er bei der Bildung. Eine verlängerte Schulpflicht sei womöglich nötig, um das Ausbildungsniveau schwacher Schüler anzuheben. Besonders in naturwissenschaftlichen und technischen Fächern gibt es schon jetzt zu wenig Absolventen.

Interview zum Thema: "Arbeits-Tempo macht Angst"

Leitartikel: "Hufe beschlagen im digitalen Zeitalter"

Industrie 1.0

Mechanisierung der Erzeugung mit Wasser- und Dampfkraft.

Industrie 2.0

Die Anwendung elektrischer Energie ab 1900 revolutionierte die Industrie zum zweiten Mal. Dazu kommen Arbeitsteilung und Massenproduktion.

Industrie 3.0

In den 1970ern ändert die Elektronische Datenverarbeitung (EDV) die Produktion mit dem IT-Einsatz und Automatisierung.

Industrie 4.0

Daten- und reale Welt wachsen zusammen („Cyber-Physische Systeme“). Die Digitalisierung durchdringt die Prozesse bis ins letzte Detail und ermöglicht neue Produkte. Sensoren beobachten Zustände in Echtzeit, alle Daten werden vernetzt und ausgewertet (Big Data). Vollautomatische Roboter arbeiten Hand in Hand mit Menschen. 3D-Drucker fertigen kostengünstige Unikate.

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