Streitfrage Regulierung: Strenge Regeln oder freier Lauf für KI
Desinformation, drohende Jobverluste und ein dystopisches Überwachungspotenzial: Künstliche Intelligenz birgt viele Gefahren. Weshalb viele Regierungen der Welt daran arbeiten, die Technologie zu regulieren. In der EU ebenso wie in den USA und Großbritannien. Viel ist dabei noch offen. Die Fronten scheinen sich aber verfestigt zu haben. Auf der einen Seite stehen jene, die nach strengen Regeln rufen. Die andere Seite sieht darin ein Hindernis für Innovationen.
Andrew McAfee, Wissenschafter am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT), zählt zu letzterer Gruppe. Neue Technologien sollten den Raum erhalten, um sich zu entwickeln und nicht durch Regularien eingeschränkt werden: „Wir sollten sie nicht problematisieren, sondern analysieren“, meint der Forscher. Unerwünschte Entwicklungen könnten auch nachträglich korrigiert werden. Der breite Zugang zu Künstlicher Intelligenz berge zwar Risiken, er biete aber auch großes Potenzial: Je mehr Leute darauf zugreifen können, desto mehr Ideen können entstehen.
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Grenzen für die Großen
Die Politik habe es in den 1990er-Jahren verabsäumt, Technologieunternehmen daran zu hindern, aus Nutzerdaten und Überwachung ein Geschäftsmodell zu machen, das dürfe nicht noch einmal passieren, sagt hingegen Meredith Whittaker. Sie steht der Non-Profit-Organisation vor, die den datenschutzfreundlichen Messaging-Dienst Signal betreibt. Dieselben großen Technologiefirmen würden jetzt versuchen, mit KI ihre Vorherrschaft auszubauen. Schließlich seien es Firmen wie Microsoft, Google oder die Facebook-Mutter Meta, die das Gros der Infrastruktur für die Technologie bereitstellen.
Der deutsch-amerikanische Investor Albert Wenger vom Risikokapitalunternehmen Union Square Ventures macht sich für einen Mittelweg stark. Man werde Innovationen aus dem Bereich brauchen, um die Klimakrise zu bewältigen, sagt er: „Ohne Regeln wird es aber nicht gehen.“ Dem Argument, dass Künstliche Intelligenz bei Bewältigung der Klimakrise helfen könne, kann Signal-Chefin Whittaker nichts abgewinnen: „Das ist kein Technologieproblem, sondern das Problem einer fehlgeleiteten Welt.“ Dem Hype um die Künstliche Intelligenz, der von Anwendungen wie ChatGPT befeuert wurde, attestiert sie einen beinahe religiösen Charakter. Dabei seien es nicht viel mehr als große Reden von großen Unternehmen, die auf hohe Bewertungen aus seien.
Start-ups sehen Vorteile
Viele österreichische Start-ups haben mit der von der EU geplanten Regulierung, die unter anderem die Einteilung der Technologie in unterschiedliche Risikostufen vorsieht, keine Probleme. Der Aufwand für Firmen sei nicht so hoch, wie viele glauben, sagt Justin Bercich vom Linzer Start-up Impact AI, das KI-Lösungen für Unternehmen entwickelt. Die Regulatorik werde Firmen letztlich mehr bringen, als sie koste, weil dadurch das Vertrauen in die Technologie erhöht werde.
Ein Rahmen, innerhalb dessen Start-ups agieren können, sei prinzipiell gut, sagt Kosima Kovar vom Start-up Ada Growth, das ebenfalls KI einsetzt. Der internationale Wettbewerb werde dadurch aber schwieriger. Sie hofft, dass bald auch andere Länder nachziehen.
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