Streit USA und China: Angst vor einem Börsencrash

Hiobsbotschaften: Festnahme von Huawei-Managerin Meng droht Handelsstreit zu eskalieren. Auch der Ölpreis bleibt ungewiss.

Blitzartig war die Hoffnung, der Handelsstreit zwischen USA und China stehe kurz vor einer Lösung, verflogen. Die Nachricht, dass Meng Wanzhou (alias Sabrina Meng), Finanzchefin des chinesischen Elektronikgiganten Huawei, auf Betreiben der USA in Vancouver festgenommen worden war, traf die Anleger wie ein Schock. Und das, wo die Börsen ohnehin schon nervös waren wie seit Jahren nicht.

Die Aktienkurse beschleunigten die Talfahrt des Vortages – beginnend bei Japans Nikkei-Index, der mit 1,9 Prozent Minus aus dem Handel ging. Der deutsche Index DAX lag gegen 16 Uhr 2,7 Prozent im Minus und auch der österreichische ATX litt unter den schlechten Vorgaben. Besonders schlimm traf es Ölfeldausrüster Schoeller Bleckmann (SBO), der gleich 11,41 Prozent an Wert einbüßte.

Fokus auf Wien

Denn nicht nur Huawei, auch Wien stand im Zentrum der weltweiten Finanzwelt. Vor der Sitzung des Ölkartells OPEC wurde klar, dass die für sicher gehaltene Fördermengenkürzung alles andere als fix war (siehe recht unten). Der Ölpreis setzte daraufhin seinen vor Wochen begonnenen Sinkflug umgehend fort. Das brachte die Aktien großer Energiekonzerne unter Druck und nährte Sorgen, der Ölbedarf könnte wegen einer generell schwächeren Weltwirtschaft sinken.

Streit USA und China: Angst vor einem Börsencrash

Vertreter der Finanzwelt haben „Strafzölle“ zum Wiener-Börse-Unwort des Jahres  2018 gewählt – gefolgt von „Kryptomanie“ und  „Brexit“

Waffenstillstand obsolet

Die brisanteste Meldung des Tages betraf aber die heiklen Beziehungen zwischen den USA und China. Huawei-Managerin Meng war am 1. Dezember bei einem Transferflug in Kanada festgenommen worden – ausgerechnet an dem Tag, an dem US-Präsident Trump und sein Gegenüber Xi Jinping einen 90-tägigen „Waffenstillstand“ in Sachen Strafzölle vereinbarten.

Meng ist nicht irgendwer. Die Tochter von Huawei-Gründer Ren Zhengfei, einem früheren Militäroffizier, gilt als dessen designierte Nachfolgerin an der Firmenspitze. Seit März ist sie eine von vier Vize-Vorstandschefs. Offiziell wurden die Vorwürfe nicht genannt, es soll sich dabei um Verstöße gegen die US-Sanktionen für den Iran handeln. Huawei, das im Sommer 2018 Apple bei den weltweiten Smartphone-Verkäufen von Platz zwei (hinter Samsung) verdrängt hatte, wies Verstöße gegen geltende US-Auflagen zurück.

Spionage-Verdacht

Im Hintergrund schwelt schon länger ein Konflikt: Die US-Behörden verdächtigen Chinas Elektronikriesen wie Huawei und ZTE der Spionage für den chinesischen Staat. Von Aufträgen für das Mobilfunknetz 5G in den USA sind die Asiaten ausgeschlossen. Meng soll an die USA ausgeliefert werden, für Freitag war allerdings noch eine Anhörung angesetzt, bei der eine Freilassung gegen Kaution festgelegt werden könnte.

China protestierte scharf gegen die „Menschenrechtsverletzung“ der USA und forderte die umgehende Freilassung. Die Aussicht auf einen Handelsdeal scheint somit fürs Erste illusorisch.

Eine "sehr schräge Politik"

Die Episode zeigt, wie sehr die Vereinigten Staaten der Weltwirtschaft den Ton vorgeben – im Guten wie im Schlechten. In den vergangenen zwei Jahren hatte die üppige US-Steuerreform eine ohnehin in voller Blüte stehende Wirtschaft befeuert, während die Notenbank zeitgleich auf die Bremse trat. Zudem kennt US-Präsident Donald Trump beim Geldausgeben kaum Grenzen. Die USA leisten sich mit fast fünf Prozent Defizit das größte Loch in den Staatsfinanzen aller Industriestaaten.

Eine „sehr schräge Politik“, findet Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer. Nachhaltig sei das nicht und der Aufschwung lasse sich so nicht ewig am Leben erhalten. Die für die USA von der Zinsformation signalisierte Rezession (der KURIER berichtete) erwartet er zur Jahresmitte 2020 in „milder“ Form, mit zwei leichten Minus-Quartalen in Folge.

Für Trump wären es schlechte Vorzeichen: Er wollte die Kampagne zur Wiederwahl 2020 auf die boomende Wirtschaft aufbauen. Die großen US-Indizes Dow Jones und S&P500 haben ihre Zugewinne 2018 inzwischen eingebüßt.

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Stefan Bruckbauer, Chefökonom Unicredit Bank Austria

Österreichs Wirtschaft stark, aber Bremsspuren bemerkbar

Angesichts der vielen Unkenrufe muss man es extra betonen: „Österreichs Wirtschaft läuft noch immer ausgezeichnet“, sagte Stefan Bruckbauer, Chefökonom der UniCredit Bank Austria (BA), am  Donnerstag. Aus heutiger Sicht werde 2019 „noch ein gutes Jahr“.

Der Höhepunkt des Wachstums liegt aber hinter uns – der war vor einem  Jahr erreicht. Jetzt werden die Bremsspuren vor allem im Export spürbar. Die Handelskonflikte und  strafferen Zügel in der Geldpolitik der US-Notenbank machen Schwellenländern zu schaffen. Die bestellen weniger Investitionsgüter – das trifft Österreich, dessen Industrie zu 60 Prozent von Auslandsaufträgen abhängig sei.

Was die Konjunktur stützt sind locker sitzende Geldbörsen. Dank der guten Lohnabschlüsse entwickelt sich der private Konsum stark.  Das heurige Konsum-Plus von 1,9 Prozent sei rekordverdächtig, der größte Zuwachs seit 2006.

Die Bauwirtschaft habe – anders als Dienstleistungen und Industrie – den konjunkturellen Höhepunkt noch vor sich, ergänzte BA-Ökonom Walter PudschedlÖsterreichs Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde sich der Prognose nach von 2,7 Prozent im heurigen Jahr auf 1,9 Prozent (2019) und 1,5 Prozent (2020) einbremsen.

Womit die heimische Wirtschaft immer noch einen Vorsprung zu Deutschland und dem Euroraum hätte.

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