Q&A

Worauf es beim Streiken ankommt

Demonstration während des Streiks 2003
Die wichtigsten Fragen und Antworten zum aktuellen Arbeitskampf im Handel und bei den Metallern.

Anders als in Ländern wie Frankreich, Belgien und zuletzt auch immer häufiger in Deutschland, wird in Österreich traditionell sehr selten gestreikt. Zwischen 2020 und 2022 gab es gerade einen Streiktag pro 1.000 Beschäftigten (vgl. Belgien: 164). Der Konflikt bei den Metallern und im Handel im Gefolge der Teuerung wirft ein neues Licht auf das Thema.

Gibt es hierzulande ein Recht, zu streiken?
Explizit gesetzlich geregelt sind Streiks im österreichischen Recht nicht. Es gibt allerdings auch kein wirkliches Verbot. Es gilt die sogenannte „Streikfreiheit“.

... ist Streiken also bloß halblegal?
Nein. Das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren, ist in der Europäischen Menschenrechtskonvention abgesichert, die in Österreich im Verfassungsrang ist. Und weil Gewerkschaften nur effektiv sein können, wenn sie im Konfliktfall Kampfmaßnahmen ergreifen können, ist die Teilnahme an Streiks mit abgedeckt.

Bekommen Streikende weiter Lohn und Gehalt?
Möglich, aber verpflichtet sind die Arbeitgeber dazu nicht. Die Gewerkschaft unterstützt ihre Mitglieder mit Mitteln aus ihrem Streikfonds, vorausgesetzt der ÖGB hat der Teilgewerkschaft die Streikfreigabe erteilt. Die Unterstützung durch den ÖGB richtet sich nach der Dauer der Mitgliedschaft, dem jeweiligen Bruttogehalt, der individuellen Wochenarbeitszeit und der Streikstundenanzahl. Alle Gewerkschaftsmitglieder erhalten Unterstützung, auch jene, die erst im Zuge des Streiks beitreten.

Wie viel Geld ist aktuell im ÖGB-Streikfonds?
Das ist ein sehr gut gehütetes Geheimnis, denn der ÖGB wird nicht verraten, wie lang er etwaige Streiks durchhalten kann. Die frühere Streikkasse des ÖGB war der Gegenwert der Bawag. Die Bank musste aber nach einem großen Skandal, der fast zur Pleite des ÖGB führte, im Jahr 2007 verkauft werden. Woraus der Streikfonds heute besteht, ist nicht bekannt.

Worauf es beim Streiken ankommt

Streikende am Wiener Heldenplatz, ÖGB-Demonstration 2003

Bleibt man im Streikfall krankenversichert?
Wenn der Arbeitgeber die Entgeltzahlung aussetzt, fließen auch keine Beiträge an die jeweilige Krankenkassa. Der Versicherungsschutz bleibt trotzdem aufrecht, weil sechs Wochen lang eine gesetzliche „Nachfrist“ festgeschrieben ist. In dieser Frist werden die Versicherten nicht abgemeldet.

Kann man fürs Streiken entlassen werden?
Der ÖGB sagt: „Kündigungen, die aufgrund der Teilnahme an einem Streik erfolgen, sind rechtswidrig und müssen vom Arbeitgeber letztendlich zurückgenommen werden.“ Betroffene müssen eine etwaige Kündigung also anfechten. Für eine Entlassung (fristlos) durch den Arbeitgeber braucht es einen Entlassungsgrund. Dieser dürfte bei einer Streikteilnahme nicht gegeben sein. Im Streitfall landet die Causa beim Arbeitsgericht.

Dürfen auch Leiharbeiter streiken?
Leiharbeiter dürfen sich auch an Streiks beteiligen. Allerdings können sie von den Überlasserfirmen, bei denen sie angestellt sind, zurückberufen werden. Der Einsatz von Leiharbeitern, um die eigene streikende Belegschaft zu ersetzen, ist verboten.

Können Betriebe Schadensersatz verlangen?
Für die Produktionsausfälle durch einen Streik nicht. Kommt es zu Sachbeschädigungen, etwa durch Sabotage, allerdings schon.

Bin ich verpflichtet, an einem Streik teilzunehmen?
Nein. Zwar handelt es sich um eine kollektive Maßnahme, die einzelnen Arbeitnehmer können aber nicht gezwungen werden, sich „solidarisch“ zu verhalten.

Wann war der bisher größte Streik?
Vor nunmehr 20 Jahren, als 2003 fast 800.000 Arbeitnehmer gegen die Pensions- und ÖBB-Reform der Regierung Schüssel protestierten.

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