Frankenkredite: Bank von Gutachter massiv belastet

Banken wiegten Kunden mit Stop-Loss-Orders scheinbar in Sicherheit.
Trotz Stop-Loss-Auftrags verlor ein Kunde 170.000 Euro, weil Bank den Kredit zum falschen Kurs umwechselte.

In einer Disziplin sind die Österreicher tatsächlich Europameister: in Sachen Frankenkredite. Nach wie vor müssen sie rund 140.000 Frankenkredite im Gegenwert von 21,7 Milliarden Euro zurückzahlen. Als die Schweizer Nationalbank (SNB) am 15. Jänner 2015 die Kursbindung zum Euro bei 1,20 Franken überraschend aufgehoben hat, ist der Schuldenberg der heimischen Häuselbauer stark gestiegen. Denn: Der Euro hat gegenüber dem Franken massiv an Wert verloren. Sie müssen aufgrund des Kursverlustes des Euro deutlich mehr Franken zurückzahlen, als sie aufgenommen haben.

Viele Kreditnehmer wähnten sich dennoch auf der sicheren Seite, weil sie bei ihrer Bank eine "Stop-Loss-Vereinbarung" abgeschlossen hatten. Um allfällige Kursstürze abzufedern, sollte die Bank bei einem bestimmten Euro-Franken-Kurs den Kredit in Euro konvertieren.

So war es im Fall des Niederösterreichers Johann Z. Er hatte 2011 Multi-Währungskredite in drei Frankenkredite umgewandelt und Ende 2011 noch eine Stop-Loss-Order bei einem Kurs von 1,1933 Franken je Euro mit seiner oberösterreichischen Bank vereinbart. Da sollte doch nichts mehr schiefgehen.

Fehlberatung

"Die Stop-Loss-Order wurde meinem Mandanten als Absicherungsinstrument empfohlen, damit er im schlimmsten Fall bei einem Kurs von 1,1933 aussteigt", sagt sein Wiener Anwalt Wolfgang Haslinger zum KURIER. Doch am 15. Jänner 2015 kam alles anders. Die Bank wechselte die Franken ihres Kunden erst bei einem Kurs von 1,0017 in Euro.

Der klagt die Kursdifferenz nun ein. Er wirft der Bank Fehlberatung vor. Der Schaden beträgt 170.876 Euro. Jetzt liegt das 51 Seiten starke Gerichtsgutachten des Sachverständigen Bernhard Schäbinger vor, das das Landesgericht Krems in Auftrag gegeben hat. Und der Gutachter stellt darin der Bank kein gutes Zeugnis aus.

"Bankfachlich kaum vertretbar"

"Zwar ist eine Stop-Loss-Order in einer normalen Marktsituation eine geeignete Möglichkeit einer Kursabsicherung", heißt es darin. "Jedoch ist diese im Falle einer Marktverwerfung nicht geeignet, da mit hoher Wahrscheinlichkeit in dem Zeitraum des Crashes völlig erratische (zufällige) Kurse zustande kommen können." Bereits 1987 gab es laut Gutachter einen Aktienkurs-Crash an der US-Wall Street und im 1992 eine Marktverwerfung auf den Devisenmärkten.

"Ein Bankberater hätte sich dieser Situation bewusst sein müssen", heißt es im Gutachten. "2011 ist ein Beibehalten eines Franken-Kredites bankfachlich kaum vertretbar gewesen." Die Nachteile des Franken übertrafen schon damals die Vorteile. Bereits am 6. September 2011 sei der Euro-Franken-Kurs um zehn Prozent geschwankt. Eine Wiederholung war laut Schäbinger nicht ausgeschlossen. Und: Da die Schweizer Nationalbank nicht ewig Devisen aufkaufen und die Bilanzsumme nicht ständig erhöhen könne, lag die Aufhebung des Mindestkurses auf der Hand; nur wann das tatsächlich passieren wird, war unklar.

Indes kontert die oberösterreichische Bank, es habe keinen fixen Konvertierungskurs bei 1,1933 Franken gegeben. Sollte der Kunde das tatsächlich geglaubt haben, so sei dieser Irrtum nicht von ihr verursacht worden. Dieser Prozess dürfte noch überaus spannend werden.

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