Steuersenkung gegen Arbeitslosigkeit

Steuersenkung gegen Arbeitslosigkeit
Zur Entlastung sollen für die Bezieher niedriger Einkommen die Sozialabgaben sinken.

Auf dem Arbeitsmarkt gibt es eine dreifache Ineffizienz. Die Beschäftigungszahlen steigen, die Arbeitslosenzahlen steigen und gleichzeitig gibt es einen Facharbeitermangel, weil die Qualifikation der Arbeitslosen nicht mit der gesuchten Qualifikation übereinstimmt." Damit sich die derzeit hohe Arbeitslosenrate (siehe Bericht unten) nicht verfestigt, fordert WIFO-Chef Karl Aiginger rasches Gegensteuern der Politik.

Große Steuerreform

Aber: "Beschäftigungsprogramme haben nicht viel Sinn." Neben der immer wieder geforderten zusätzlichen Qualifizierung der Arbeitslosen müsse man etwa langfristig "über intelligente Formen der Arbeitszeitverkürzung nachdenken". Viele ältere Beschäftigte wollten ohnehin ihre Arbeitszeit reduzieren, dafür gebe es aber – so Aiginger am Montag im Klub der Wirtschaftspublizisten – zu wenige Möglichkeiten. Für Unternehmen müsse es zudem Anreize geben, ältere Mitarbeiter länger im Unternehmen zu halten und zusätzlich zu qualifizieren.

Und über eine große Steuerreform müsste vor allem der Faktor Arbeit entlastet werden. Die höheren Nettoeinkommen würden den Konsum ankurbeln, das wiederum würde das Wirtschaftswachstum beschleunigen. Dabei will Aiginger zur Entlastung von Niedrigverdienern, die von einer Steuersenkung kaum profitieren, die Sozialabgaben senken. Das dürfe aber – warnt er – nicht zu einem Sozialabbau führen. Es müsse daher einen "Finanzausgleich für die Krankenkassen" mit dem Bund geben. Die Mehrausgaben sollen in erster Linie über eine Verwaltungsreform, zu einem kleineren Teil über höhere Steuern auf Energie, Alkohol und Tabak sowie höhere Grundsteuern finanziert werden.

Der Startschuss für die Steuerreform sollte als Symbol dafür, dass sie ernst gemeint sei, bereits 2015 erfolgen. Für Personen unter dem sogenannten Medianeinkommen von derzeit 24.000 Euro brutto jährlich (50 Prozent verdienen weniger, 50 Prozent mehr, Anm.) sollten die Abgaben "um 100 Euro" gesenkt werden.

Budgetkonsolidierung

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Karl Aiginger.
2014 ist für den WIFO-Chef auch ein "optimales Jahr" für neue Wege in der Politik. Ganz oben auf Aigingers "Zehn-Gebote-Liste" steht unter anderem die weitere Budgetkonsolidierung. Eine Milliarde Euro fehle noch, um das strukturelle Budgetdefizit bis 2017 auf 0,45 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken. Die Milliarde müsse durch weitere Einsparungen hereinkommen. Etwa durch die Streichung von Subventionen oder Agrarförderungen. Bei Letzteren übt der Wirtschaftsforscher herbe Kritik an der EU, die die Förderungen für Großunternehmen im Agrarbereich nicht gesenkt habe.

Die EU ist laut Aiginger "äußerlich stabilisiert, innen gibt es noch ein paar Baustellen" wie die hohen staatlichen und privaten Schulden oder die Kreditklemme vor allem für kleine Unternehmen. Und die anhaltende Wachstumsschwäche: Während die US-Wirtschaft seit der Krise um 9 Prozent gewachsen sei, liege die Wirtschaftsleistung der EU nur um ein Prozent über der vor der Krise. Bleibe das Wachstum so schwach, drohe der EU-Anteil an der Weltwirtschaft von derzeit 24 auf 14 Prozent 2050 zu sinken.

Auf den ersten Blick ist es fast kurios: Nicht nur die Zahl der Arbeitslosen ist Ende Jänner mit 449.668 Personen auf einen neuen Rekordwert seit 1945 gestiegen, sondern auch die Zahl der Beschäftigten. Für Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmarktservice Österreich (AMS), ist das allerdings nur ein "scheinbarer Widerspruch". Denn die Zahl Arbeitsuchender einerseits und die verfügbaren Jobs andererseits stehen in keinem direkten Zusammenhang.

Prognose

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Da das Arbeitskräftepotenzial stärker gewachsen ist als der Zuwachs bei den Stellen, ist auch die Arbeitslosigkeit gestiegen. Das wird sich nach der Prognose des AMS-Chefs auch heuer nicht grundlegend ändern. Kopf rechnet im Gespräch mit dem KURIER erst "ab Mitte 2015 mit sinkenden Arbeitslosenzahlen". Er nennt drei Gründe, warum derzeit mehr Menschen Arbeit suchen als in der Vergangenheit.

Frühpensionisten

Die Bundesregierung bemüht sich die Zahl der Frühpensionierungen zu verringen und die Menschen länger im Arbeitsprozess zu halten. Daher suchen auch mehr Ältere einen Job. Ein weiteres politisches Ziel ist die Verbesserung der Integration von Frauen am Arbeitsmarkt. Dafür gibt es ein vielfältiges Angebot an Programmen und Unterstützungsangeboten. Das hat zur Folge, dass immer mehr Frauen einen Job suchen.

Dazu kommt die Zuwanderung. Die größte Gruppe bei den Zuwanderern sind deutsche Staatsbürger. Auch bei den Ungarn werden österreichische Unternehmen als Arbeitgeber immer beliebter.

Nicht zuletzt entstehen wegen der schwachen Konjunktur zu wenige neue Stellen, um die steigende Nachfrage decken zu können. Für die Trendwende sei aber ein Wirtschaftswachstum von mehr als zwei Prozent notwendig, hofft Kopf auf eine deutliche Verbesserung der Konjunktur im Jahr 2015. Dazu kommt, dass die Prognosen für das nächste Jahr von einem geringeren Zuwachs beim Arbeitskräftepotenzial ausgehen. Beides zusammen macht eine Trend wende am Arbeitsmarkt möglich.

Warnung

AMS-Chef Kopf hält nichts von Plänen, die Arbeitslosigkeit durch mehr Frühpensionierungen zu bekämpfen. Er glaubt nicht, das dieses Mittel mittelfristig wirkt. Denn Frühpensionierungen würden auch die Wirtschaftskraft schwächen und somit dafür sorgen, dass weniger neue Jobs entstehen.

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