Die Dividenden-KESt zahlt der Mittelstand

Vom Gewinn eines Konzerns erhalten Aktionäre einen Teil in Form von Dividendenzahlungen
Dem typischen Gewerbebetrieb droht eine Mehrbelastung.

Eine höhere Steuer auf Kapitalerträge kristallisiert sich als möglicher Steuerreform-Kompromiss zwischen ÖVP und SPÖ heraus: Statt 25 Prozent sollen 30 Prozent eingehoben werden. Nur für die ohnehin durch das Zinstief geplagten Sparer soll alles beim Alten (bei 25 Prozent) bleiben. Dafür will sich der Staat gerüchteweise bei den Dividenden, also bei Gewinnausschüttungen von Unternehmen an ihre Aktionäre, kräftiger bedienen.

Klingt so, als würden damit nur Reiche getroffen, die mit Aktien spekulieren. Falsch gedacht: Die gängige und politisch propagierte Gesellschaftsform für viele Gewerbetreibende ist die GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung). Auch dort würden Ausschüttungen an Gesellschafter höher besteuert. "Das führt dazu, dass der typische Gewerbebetrieb mehr Steuern zahlen muss", erklärt David Gloser, Geschäftsführer der Steuerberatungskanzlei Ecovis Austria. "Das trifft den klassischen österreichischen Mittelständler."

Ein Verlustgeschäft

Ein Beispiel: Installateur Mario S. führt sein Unternehmen "Rohr & Röhrig" als GmbH und vergütet sich die Tätigkeit als Geschäftsführer mit 50.000 Euro pro Jahr. Dank Steuerreform sollten ihm ein paar Hundert Euro mehr übrig bleiben. Weil "Rohr & Röhrig" aber nach Bezahlen der Körperschaftsteuer erfreulicherweise 60.000 Euro Gewinn übrig bleiben, will sich Mario S. eine Ausschüttung gönnen. Dafür wären bisher 25 Prozent KESt angefallen, also 15.000 Euro. Künftig würden 18.000 Euro KESt abgezogen, unterm Strich blieben dem Installateur also um 3000 Euro weniger – die Steuerreform wäre für ihn ein Verlustgeschäft.

Ein weiterer Nebeneffekt: Die Dividenden-KESt kann laut Verfassung nur auf 30 Prozent steigen, wenn zugleich der Spitzensteuersatz auf 60 Prozent steigt. Wenn dieser ab einer Million Euro Einkommen zuschlägt, hätte die SPÖ ihre "Millionärssteuer". Das beträfe vielleicht die Manager der ATX-Konzerne und eine Handvoll Freiberufler , sagt Gloser.

Laut Statistik sind es 300 bis 400 Personen, ein überschaubarer Kreis. Die Optik des hohen Spitzensatzes wäre aber miserabel, warnt IHS-Experte Helmut Hofer: "Wenn da bei Österreich in allen Tabellen 60 Prozent steht, schaut das als Standortsignal nicht so schön aus."

Obendrein sind erst 2012 neue Steuern eingeführt worden – die "Wertpapier-KESt" (auf Aktiengewinne) und Immobilienertragsteuer (auf Veräußerungsgewinne). Diese müssten wohl auch auf 30 Prozent steigen, ebenso wie Zuwendungen von Stiftungen an Begünstigte (rein rechtlich keine Dividenden). Aber: "Derzeit geht es ohnehin nur um die Finanzierung", sagt Hofer. "Auf die fehlende Systematik kommt man vielleicht später drauf."

Nur drei Prozent der Österreicher besitzen Aktien. So gesehen ist es ziemlich unerheblich, wenn die Kapitalertragssteuer auf Dividenden von 25 Prozent auf 30 Prozent steigt, weil es eh nur Reiche trifft, oder? Falsch, davon sind Millionen Österreicher betroffen: via Abfertigungskassen, Zukunftsvorsorge, Pensionsfonds. Sie alle müssen das Geld ihrer Kunden sicher und ertragreich anlegen – angesichts der EZB-Geldschwemme schwer genug. Auf Sparbüchern wird dank der Nullzinsen derzeit Geld vernichtet, Erspartes schleichend enteignet. Aktien sind eine sinnvolle Alternative – und übrigens eine Investition in die Realwirtschaft.

Natürlich ist eine fünfprozentige Erhöhung dieser Steuer nicht die Welt. Aber in einem Land, in dem Politiker absurderweise stolz sind, keine Unternehmensanteile zu besitzen, ist dies ein weiterer Rückschlag für den Finanzplatz. Die Wiener Börse ist ja Kummer gewohnt: Seit 2011 werden Gewinne aus Wertpapierverkauf ohne Beschränkung mit 25 Prozent besteuert. Auch auf ausgeschüttete Gewinne von Aktien (ist gleich Dividenden) ist die Steuer nicht gering. Wenn man die Körperschaftssteuer der ausschüttenden Gesellschaft mit der Kapitalertragssteuer des Empfängers zusammenrechnet, ergibt das eine Gesamtsteuerbelastung von 43,7 Prozent, und da ist noch gar keine (geplante) Finanztransaktionssteuer dabei. Eine fünfprozentige Erhöhung der Dividendenbesteuerung brächte dem Staat unterm Strich übrigens 300 bis 500 Millionen Euro im Jahr.

Damit kann Werner Faymann seinen Arbeiterkämmerern beweisen, dass er den Klassenfeind zumindest ein bisschen zur Kasse bittet. Was aber ist, wenn der irgendwann einmal wirklich sein Geld nimmt und flüchtet, während der Normalbürger "brennt wie ein Luster"?

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