Steuerexperte: "Das Netz wird sehr schnell dichter"

Vertreibung aus dem Steuer-Paradies: Ab 2017 werden automatisch Bankdaten ausgetauscht.
47 Länder, darunter Österreich, wollen ab 2017 den Kampf gegen Steuerflucht verschärfen.

Experten und Politiker bewerten es als einen riesigen Fortschritt im Kampf gegen Steuerflucht: 47 Länder, darunter auch "Steueroasen" wie die Schweiz und Singapur, haben sich unlängst auf einen Standard der OECD zum automatischen Austausch von Bankdaten geeinigt. Ab spätestens 2017 soll damit sichergestellt sein, dass Geld, das – oft heimlich – im Ausland angelegt ist, dem heimischen Finanzamt gemeldet wird. Thomas Strobach, Steuerexperte beim Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers, spricht im KURIER-Interview über die Hintergründe und Folgen des Abkommens.

KURIER: Auf EU-Ebene – Stichwort: Zinsertragsrichtlinie – hat man sich jahrelang geplagt. Wie kommt’s, dass sich jetzt sogar 47 Staaten einig sind?

Steuerexperte: "Das Netz wird sehr schnell dichter"
Thomas Strobach, Steuerexperte bei PricewaterhouseCoopers
Thomas Strobach:Einerseits durch die Vorbildwirkung von FATCA, das von amerikanischer Seite durchgesetzt worden ist(Das Abkommen FATCA verlangt, dass z. B. Banken in Europa Daten über ihre US-Kunden an die US-Steuerbehörde liefern, Anm.). Letztendlich ist es eine Sache, die die Steuerbehörden seit Jahren interessiert. Durch die Krise und Löcher in den Budgets ist das Interesse der Finanzminister enorm. Es gibt hier auch nicht die divergenten Interessen wie bei der Finanztransaktionssteuer, wo der Marktplatz London ein anderes Interesse hat als Deutschland oder Österreich.

Gilt das auch für "steuerfreundliche" Länder wie die Schweiz?

Die Plätze, deren Geschäftsmodell über viele Jahre das Bankgeheimnis war, haben erkannt, dass das Modell nicht mehr zeitgemäß ist. Die Finanzinstitute haben auch Strafzahlungen in den USA leisten müssen. Das Umdenken ist nicht freiwillig, sondern eine Notwendigkeit.

Was heißt das jetzt für das Bankgeheimnis in Österreich?

Das betrifft natürlich auch Österreich – wobei das Amtshilfedurchführungsgesetz ausländischen Behörden bereits viel Platz geboten hat, Anfragen zu stellen. Bis jetzt musste man aber die Person eindeutig identifizieren können. Das ändert sich, Gruppenanfragen werden möglich – eingeschränkt auf einen bestimmten Verdacht oder ein Produkt.

Wird durch den OECD-Standard die Erweiterung der EU-Zinsertragsrichtlinie obsolet?

Das wäre wünschenswert, man möchte ja nicht fünf, sechs verschiedene Regime aufziehen. Der OECD-Standard ist um wichtige Nuancen breiter: Neben natürlichen Personen sind auch Gesellschaften, Stiftungen und Trusts betroffen.

Vorerst gibt es eine Absichtserklärung, den Standard umzusetzen – sehen Sie noch Hürden?

Schwierigkeiten sind die nationalen Ausnahmen. Das auszuverhandeln, wird mühsam sein.

Sie haben das Interesse der Finanzminister angesprochen. Einen automatischen Geldfluss bringt der neue OECD-Standard aber nicht.

Nein, den gibt es bei einer Quellensteuer. Jetzt bekommen die Steuerbehörden viel Arbeit in Form von Anknüpfungspunkten, die sie erst verarbeiten müssen.

Ein Argument für das Ausländer-Bankgeheimnis war immer, dass bei einem Wegfall Kapital aus Österreich abwandert.

Es wird immer welche geben, die ausweichen. Nicht nur örtlich, auch inhaltlich, in andere Produkte. Das Netz wird allerdings immer dichter. Und es wird auch sehr schnell dichter.

Was raten Sie Ihren Kunden?

Die wichtige Frage ist: Wie können Banken und Versicherungen ihre Kunden so beraten, dass sie steuerehrlich sind, aber nicht unnötig zahlen? Der Wunsch der Branche ist, dass man nicht hart am Wind segelt, sondern seriös berät. Dafür sind globale, einheitliche Regeln wichtig. Zu viele Ausnahmen kann man Normalsterblichen nicht mehr beibringen.

Die noblen Bankhäuser, die sich um die Verwaltung der Vermögen der Reichen kümmern, müssen sich mit dem Ende des Bankgeheimnisses für Ausländer auf einen neuen Wettbewerb einstellen. Für Helmut Gerlich, Chef der kleinen Salzburger Privatbank Spängler, die den Familien Spängler, Wiesmüller und Welt gehört, ist gut, „dass die Maschen eng gezogen werden“.

Damit sei Wettbewerbsgleichheit zwischen der Schweiz, Liechtenstein und der EU gegeben. „Jetzt zählt nur noch die Performance und die Qualität der Beratung“, ist Gerlich überzeugt. Einige deutsche Kunden des Bankhauses haben wegen des Datenaustausches dennoch Geld abgezogen. Rund 15 Millionen Euro seien zurück nach Deutschland gewandert, sagt Gerlich. Die Situation habe sich inzwischen wieder stabilisiert.

Der Wettbewerb um Kundeneinlagen sei im Vorjahr generell hoch gewesen. Das Bankhaus Spängler habe sich aus Ertragsüberlegungen daran nicht beteiligt. Auch das habe zum Rückgang der Spareinlagen beigetragen, die um 4,6 Prozent auf 349 Millionen Euro gefallen sind. Die Bilanzsumme schrumpfte um 12,6 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. Auch beim Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit gab es ein Minus. Dies vor allem deswegen, weil die Gewinne 2012 durch einmalige Wertpapier-Erträge besonders hoch waren. „Unsere Gewinne sind nie spektakulär, aber immer gut“, betont Gerlich. Und die Eigentümer seien in schlechten Zeiten auch mit weniger Dividende zufrieden. 1,5 Millionen Euro schüttete die Bank für 2013 aus.

Mit Risiko-Aversion will Gerlich bei den 20.000 Kunden auch künftig punkten. Je nach Risikoneigung der Anleger habe Spängler im Vorjahr Erträge zwischen vier und 14 Prozent erwirtschaften können. In der eigenen Veranlagung ist das Bankhaus risikoscheu. „Unser eigenes Wertpapierportfolio besteht aus sicheren Staatsanleihen, nicht einmal Italien oder Frankrei

Kommentare