Standort Europa profitiert vom billigeren Euro

Dollar wird schwerer werden.
In der europäischen Wirtschaft ist ein Frühlingslüfterl zu spüren. Das sollte den Börsen helfen.

Im Match der Wirtschaftsregionen USA und Europa gingen die Amerikaner in den vergangenen Jahren beinahe regelmäßig als Sieger hervor. Das umstrittene Fördern von Schiefergas und -öl hat viel dazu beigetragen, weil es Energie billig machte. "Jeder, der hohe Energiekosten hat, ist hingezogen", meint Friedrich Strasser, Vorstandsmitglied des Bankhauses Gutmann. "Stimmt, Schiefergas hat einen Boom ausgelöst, aber nur im Energiebereich", schränkt Gutmann-Veranlagungsexperte Nikolaus Görg ein. Der wichtigste Treiber des amerikanischen Wirtschaftswachstums sei die Talfahrt des US-Dollar gewesen.

Die Zahlen dazu: Im Frühjahr 2001 kostete ein Euro weniger als 0,9 Dollar. Sieben Jahre später wurde der Dollar für fast 1,6 Dollar gehandelt – ein Turbo für Produkte "made in USA".

Die gute Nachricht für die Eurozone: Vor einem Jahr hat die Gegenbewegung eingesetzt, der Euro wertet ab. Das bringt Rückenwind für die Konjunktur der Währungsunion. Außerdem passiere in Europa viel Positives, meinen die Gutmann-Experten. Kredite würden wieder mehr nachgefragt, was sich unmittelbar im Wirtschaftswachstum widerspiegle. Die Budgetdefizite in Südeuropa seien, bis auf Griechenland, wieder auf Spur.

Mehr Kapitalvielfalt

In einem wichtigen Punkt scheinen die USA allerdings unerreichbar: Den dortigen Unternehmen stehe ein viel breiteres Angebot an Finanzierungen zur Verfügung. "In Europa werden genau so viele Unternehmen gegründet wie in den USA, aber dann reißt es ab", so Görg. Mehr Kapitalvielfalt wäre für Europa ganz wesentlich. "Es hat schon einen Grund, warum wir kein Google oder Amazon haben."

Weil die europäische Wirtschaft langsam aber doch Fahrt aufnimmt, haben die Gutmann-Experten Teile des Kapitals, das sie für ihre Kundschaft in US-Aktien investiert hatten, nach Europa verlagert. Bei Aktien aus den Bereichen Banken und Versorger sind sie noch sehr vorsichtig, sie setzen lieber auf Konsumtitel und bekannte Marken. Aktien seien zwar nicht mehr billig, aber auch nicht zu teuer. Ein Einstieg lohne sich noch. Auch, weil Aktien durch Rückkaufprogramme der Unternehmen und Fusionen ein knapperes Gut werden.

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