Spargelernte im Marchfeld: Rund 3.000 Erntehelfer fehlen
Vor dem Hofladen der Familie Magoschitz in Mannsdorf an der Donau warten die Kunden geduldig und mit dem gebotenen Abstand in einer langen Schlange auf den Spargel. In einer Halle dahinter verarbeitet eine Sortieranlage kistenweise weißen Spargel und eine Handvoll Frauen verstaut die auf exakt 22 Zentimeter gekürzten Stängel je nach Durchmesser in verschiedene bunten Kisten.
Etwa 20 Minuten davon entfernt, auf einem 20 Hektar großen Acker bei Witzelsdorf im Marchfeld, sticht ein Trupp rumänischer Erntehelfer weißen Spargel mit geübter Hand im Akkord.
Das niederösterreichische Marchfeld steht auch heuer ganz im Markenzeichen des Spargels, doch die Erntemenge wird regelrecht einbrechen. Denn im Marchfeld fehlen rund 3.000 Erntehelfer aus Rumänien, die aufgrund des Coronavirus und der Grenzschließung nicht nach Österreich kommen können.
Landwirt Werner Magoschitz, der auch das Haubenrestaurant Steirereck in Wien mit Spargel beliefert, beschäftigt in einer „normalen“ Saison 220 Erntehelfer aus Rumänien. Mit mehr als 100 Hektar betreibt Magoschitz den größten Spargel-Betrieb im Marchfeld. Alleine die Vorfinanzierung des Spargelanbaus kostet ihn jedes Jahr eine Million Euro.
20 Kilo pro Stunde
Normalerweise verarbeitet die Familie Magoschitz mehrere Tonnen Spargel pro Tag, derzeit sind es etwa 1.000 Kilo. Denn durch die Coronavirus-Krise hat er derzeit gerade einmal 70 rumänische Erntehelfer. Dazu muss man wissen, dass ein erfahrener Landarbeiter 20 Kilogramm Spargel und oft noch mehr in einer Stunde sticht. Doch diese Top-Leute sind heuer rar.
„Ein guter Spargelstecher braucht eine Saison, bis er es kann“, sagt Magoschitz zum KURIER. „Wir geben den Leuten vier, fünf Tage Zeit, wir haben derzeit 30 Personen aus Serbien in Schulung.“ Sie üben derzeit das Spargelstechen. „Von den 30 werden sich etwa sieben Personen eignen, das sieht man schon“, sagt der Bauer.
Mit der Mannschaft von 80 Arbeitern kann Magoschitz heuer bloß 40 Prozent der Spargel-Fläche bearbeiten. Dazu kommt, dass die Gastronomie wegen der Corona-Krise als Kundschaft ausfällt und die macht 30 Prozent des Umsatzes aus.
Bei seinen Nachbarn, der Familie Sulzmann, werden 32 Erntehelfer beschäftigt, davon 30 aus Rumänien. In einer normalen Saison sind es 90 Erntehelfer, die 40 bis 50 Hektar Spargel beackern.
Umsatzeinbruch
„Wir hoffen schon, dass wir noch Leute bekommen, aber wir gehen nicht davon aus“, sagt Georg Sulzmann zum KURIER. „Wir müssen die Produktion auch deshalb reduzieren, weil uns die Gastronomie weggebrochen ist. Wir rechnen heuer mit einem Umsatzrückgang von 50 Prozent.“ Sulzmann und seine Mutter Birinci erzählen, dass 90 Prozent der Leute, die vom AMS geschickt werden, eigentlich nicht arbeiten wollen. „Die machen relativ deutlich, dass sie kein Interesse haben, einen Job anzunehmen“, sagt Sulzmann. „Die wollen bloß die Unterschrift, damit ihnen das Arbeitslosengeld nicht gekürzt wird. “
Ein Erntehelfer erhält rund 1.500 Euro brutto pro Monat. Und Spargelstechen ist wegen der gebückten Haltung richtig harte Arbeit.
Indes fehlen die Erntehelfer nicht nur in der Spargelsaison. „Sie fehlen bei den weiteren Kulturen wie den Erdbeeren und beim Unkrautjäten im biologischen Landbau“, sagt Magoschitz. „Und beim Salat, bei Karotten und Erdäpfeln. Wenn wir dann zu wenige Leute haben, kann es im Herbst einen Engpass bei Lebensmitteln geben.“
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