"Sparbücher lösen Tränen aus"

Auf Renditefang: Sparbuchsparer müssen sich ihrem Schicksal ergeben oder sind gezwungen, in andere Risikoklassen zu investieren.
Nach Senkung der Leitzinsen werden Spareinlagen noch weniger abwerfen. Alternativen sind gefragt.

Sparern bleibt derzeit nichts erspart. Die jüngste Leitzins-Senkung der Europäischen Zentralbank (EZB) auf das Rekordtief von 0,05 Prozent wird dazu führen, dass Bankeinlagen künftig noch schlechter verzinst werden. "Sparbücher lösen Tränen aus", sagt Helmut Nuspl, Co-Chef des Private Banking der Oberbank. Erst in zwei bis drei Jahren sei, vorsichtig geschätzt, eine Trendwende möglich. "Zum Durchtauchen ist die Phase zu lange", sagt Thomas Schaufler, Vorstand der Erste Asset Management.

Die einzige gute Nachricht: Die Banken haben bereits zugesagt, keine so genannten Negativzinsen zu verrechnen. Das heißt, Sparkunden müssen nichts zahlen, wenn sie ihr Geld der Bank überlassen. Das mag absurd klingen, ist aber bei der EZB bereits üblich. Die Geschäftsbanken müssen für ihre Einlagen bei der Zentralbank seit einiger Zeit Zinsen zahlen.

Doch die einzelnen Sparer kosten die geringen Zinsen nur auf den ersten Blick nichts. Denn zieht man die in Österreich relativ hohe Preissteigerungsrate von 1,8 Prozent (im Juli) ab, so ist das Sparbuch ein dickes Minusgeschäft. Doch es gibt einige Möglichkeiten, diesen Verlust einzugrenzen bzw. zu verhindern.

- Onlinesparen Direktbanken bieten in der Regel bessere Konditionen als Filialisten. Derzeit ist die französische Renault-Bank (www.renault-bank-direkt.at) in Österreich Bestbieter mit 1,4 Prozent. Bei den Großbanken sind es in der Regel nur 0,25 Prozent.

- Investmentfonds "Die einzige Alternative zum Sparbuch sind Investmentfonds", sagt Nuspl. Konservativen Sparern rät er zu Anleihenfonds. "Aber auch hier wird der Ertrag immer mickriger." Denn das viele Geld auf dem Markt würde die Renditen drücken. Nicht nur bei Unternehmensanleihen. Kürzer laufende Staatsanleihen (bis zu zwei Jahre), etwa aus Deutschland oder Österreich, weisen bereits eine negative Rendite auf.

- Aktien "Man muss sich eine andere Risikoklasse suchen, sonst verliert man substanziell Geld", sagt Schaufler und meint damit gemischte und breit aufgestellte Fonds, die auch Aktien beinhalten. Im Krisenfall könnten die Fondsmanager schneller als der einzelne Anleger reagieren und Gelder umschichten. Die RLB NÖ empfiehlt eine Beimischung von Investmentfonds in das Anlageportfolio je nach Alter des Kunden zwischen 20 und 60 Prozent (je jünger, desto mehr, da Verluste im Laufe der Jahre leichter wettgemacht werden können).

- Währung Wer risikofreudig ist, könnte auf einen weiter sinkenden Euro setzen und vor allem durch Investments in US-Dollar zusätzliche Rendite machen. Experten schließen einen Gleichstand der beiden Währungen bis 2016 nicht aus.

- Immobilien Im Gegensatz zu Gold, das von den Experten eher im Sinkflug gesehen wird, seien Immobilien nach wie vor ein "Riesenthema", sagt Schaufler. Der Markt sei noch nicht überhitzt. Klarerweise kann sich nicht jeder ein Zinshaus leisten, aber über offene Immobilienfonds am Wertzuwachs teilhaben. Die Rendite dieser Fonds lag in den vergangenen zwölf Monaten bei rund drei Prozent.

Ab Oktober ist es so weit: Die Europäische Zentralbank wird damit beginnen, gebündelte Unternehmens- und Immobilienkredite sowie Pfandbriefe aufzukaufen. Und das in großem Stil: Welche Summe angepeilt ist, blieb EZB-Boss Mario Draghi zwar vorerst schuldig – Details sollen am 2. Oktober folgen. Allerdings werde die EZB-Bilanz inklusive der (angekündigten, aber noch nicht ausbezahlten) Vier-Jahres-Großkredite für die Banken um rund 700 Mrd. Euro ausgeweitet. Das spricht dafür, dass das Ankaufprogramm mehrere Hundert Milliarden Euro ausmachen könnte. Weit mehr als erwartet.

Das Brisante daran: Verbriefte Kredite – im Fachsprech „asset backed securities“ (ABS) genannt – waren hauptverantwortlich für die US-Immobilienkrise in den Jahren 2007 und 2008, die zu der globalen Finanzkrise geführt hat. Durch das Bündeln und Neuverpacken konnten die Anbieter nämlich erfolgreich die Risiken verschleiern, die in den Immobilienkrediten versteckt waren.

Draghi betonte am Donnerstag jedoch, diese Art der Wertpapiere sei zu Unrecht in Verruf geraten. Entscheidend sei nicht die Verpackung, sondern der Inhalt. Die EZB habe mit den verbrieften Krediten viel Erfahrung, weil sie diese seit gut zehn Jahren als Sicherheit akzeptiert. Und er verspricht, dass die EZB nur „einfache und transparente“ Kreditbündel kauft – und dabei nur jene Tranchen, die mit der besten Bonitätsnote bewertet sind oder Garantien aufweisen. Ein Kalkül, das durchaus aufgehen könnte: Werden die Banken von alten Krediten befreit, gibt ihnen das Spielraum für neue Darlehen an die Realwirtschaft. Draghi sieht darin einen „wichtigen Kanal für die Kreditvergabe, gerade in Europa“.

Die Kehrseite: Die EZB schultert die Risiken. Die Banken werden ihre Problemkredite abladen und die EZB zur Mülldeponie machen, befürchtet etwa Robert Halver von der deutschen Baader Bank. Verbriefte Kredite seien ein „Teufelszeug“.

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