Per App, KI-Waage und Roboter: So treibt Spar die Digitalisierung im Handel voran
Spar-Vorstand Markus Kaser
Der Konkurrenzkampf zwischen den beiden Supermarktketten Rewe und Spar wird immer stärker auch von digitalen Entwicklungen bestimmt.
In den Sommermonaten Juli und August habe es im Lebensmitteleinzelhandel recht deutliche Marktanteilsverschiebungen von jeweils mehr als einem Prozentpunkt hin zu Spar gegeben. Die Aufregung rund um die später wieder zurückgenommene Abschaffung der Billa-Rabattmarken für Nicht-Mitglieder beim Jö-Klub dürfte dabei eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben, schreibt Leaders.net. Von Jänner bis August 2025 betrachtet führe Spar nach Nielsen-Daten nun mit einem Marktanteil in Österreich von 36,6 Prozent vor Rewe mit 32,2 Prozent, wird das Branchenblatt KEYaccount zitiert.
Und Spar gibt speziell im digitalen Bereich weiter das Tempo vor, wie Vorstandsmitglied Markus Kaser im KURIER-Gespräch schildert. „Wir sind überzeugt, dass wir der innovativste und der digitalste österreichische Händler sind“, sagt der Manager selbstbewusst. Kaser steigt mit Jahresbeginn 2026 zum Vize-Vorstandschef auf.
Derzeit gibt es mehrere Testläufe für neue Tools, die im Erfolgsfall breit ausgerollt werden dürften.
So ist in Wien Leopoldstadt an zwei Standorten nach Firmen-Angaben Österreichs die erste KI-unterstützte Waage im Einsatz. „Die Bio-Banane auf Taste 3 ist früher oder später Geschichte.“ Die intelligente Waage erkenne das vom Kunden aufgelegte Obst und Gemüse, sofern es unverpackt oder in einem transparenten Sackerl auf ihr liegt und lerne auch dazu. „So bekommen wir ein noch genaueres Bild davon, wie sich die Verkäufe tatsächlich entwickeln.“
Mein Name ist Tally
Daneben testet Spar an zwei anderen Standorten in Wien und im Burgenland einen mannshohen Inventur-Roboter, namens Tally. Der flinke Helfer fährt in der Nacht durch die Filiale, macht eine genaue Bestandsaufnahme der Produkte in den Regalen und gibt die Informationen an den Marktleiter weiter. Tally melde Sachen wie: Im Regal 5 ist ein Loch, bitte nachschlichten! Oder: Das Regaletikett passt nicht zum Artikel und Ähnliches mehr. Das helfe enorm bei der Lagerhaltung und verbessere die Produktverfügbarkeit für die Kundschaft.
Kaser ist überzeugt, dass die – nicht näher bezifferten – Investitionen in die digitalen Services und Plattformen einen „echten Mehrwert“ für den Kunden bringen müssen, sonst bleiben sie „technischer Klamauk“.
Als Best-Practice nennt der Händler die weiterentwickelte Spar-App mit dem neuen digitalen Pfandbon oder der jüngst präsentierten Produktwelt, die mittlerweile mehr als 30.000 Artikel enthalte, inklusive absoluter Preistransparenz.
Der Ansatz dahinter nenne sich Ropo („Research online, Purchase offline“, Anm.).
Das geht so: Im Internet oder in der App informiert sich der Kunde vorab über Preise, Verfügbarkeiten, Inhaltsstoffe etc., kauft aber dann den gewünschten Artikel wie bisher in der Filiale. „Das ist die wahrscheinlich tragfähigste Form von E-Commerce, die man anbieten kann“, so Kaser.
Angesichts einer der höchsten Dichte an Supermarktfilialen in Europa habe man dank dieses immer besser angenommenen Konzepts auch kein Problem mit dem Aus für die Lebensmittel-Hauszustellung. Kaser: „Mit diesen Tools weiß ich schon vor dem Einkauf genau, ob mein spezielles, glutenfreies Bio-Porridge in der nächsten Filiale verfügbar ist. Die Hauszustellung ist den Kunden gar nicht so viel wert. Nur wenige sind bereit, ein paar Euro mehr dafür zu bezahlen.“
3,4 Millionen Nutzer
Die Spar-App mit den Jokern, Rabattmarkerln und mittlerweile rund 3,4 Millionen echten Nutzern bleibe bei alldem natürlich zentral. Kaser: „Die Österreicher lieben Rabatte und Aktionen. Mit unseren digitalen Tools, wie der Spar-App oder der Produktwelt, kann man heute schon unterwegs in der U-Bahn oder Straßenbahn gezielt nach Aktionen oder anderen Kriterien filtern und so den Einkauf viel bewusster planen.“
Zu guter Letzt erleichtern viele digitale Helfer auch dem eigenen Personal das Leben enorm. Das reicht von neuen elektronischen Preisschildern am Regal bis zum „Marketwhisperer“ – ein Chatbot für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die keine Handbücher etwa zur Reinigung der Orangenpresse mehr durchblättern müssen, sondern im Chat einfach Fragen stellen können und beantwortet bekommen, oft schon verknüpft mit kurzen Erklär-Videos.
Immer besser werden auch die KI-gestützten Prognose-Modelle für die Nachbestellungen in den Märkten, erklärt Kaser. „Unsere Modelle nutzen Daten aus bis zu elf Jahren und berücksichtigen Feiertagskonstellationen. So gelingt eine punktgenaue Warenplanung in unseren Märkten. Wir können damit viel exakter einkaufen, der Landwirt kann seinen Erntezeitpunkt genauer planen und es hilft natürlich auch gegen die Lebensmittelverschwendung.“
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