"Aktion scharf" gegen Österreichs Supermärkte: Was steckt dahinter?

Verschiedene Kaffeesorten in einem Supermarktregal
Die Kontrollen bei Spar, Rewe, Hofer & Co. wurden im September deutlich ausgeweitet. Was hat es mit der "Aktion scharf" auf sich?

Die von der Staatssekretärin für Konsumentenschutz (SPÖ), Ulrike Königsberger-Ludwig, initiierte "Aktion scharf" gegen irreführende Rabatte und versteckte Preiserhöhungen im Lebensmittelhandel hat allein im September in Wien schon 200 Anzeigen hervorgebracht. Erstattet wurden diese vom Wiener Marktamt wegen falscher Grundpreise, unrichtiger Mengenangaben oder fehlender Rabattkennzeichnungen in Supermärkten. "Die Lebensmittelpreise steigen – und gleichzeitig wird auch noch bei den Preisen getrickst. Das geht sich nicht aus", betont Königsberger-Ludwig. 

"Aktion scharf": Was bedeutet das eigentlich?

Bei der Bezeichnung "Aktion scharf" handelt es sich um gezielte, kurzfristig angesetzte Kontrollen durch Behörden – meist unangekündigt und mit klarer Zielsetzung. Solche Maßnahmen kommen beispielsweise im Bereich der Verkehrssicherheit, bei Steuerfahndungen oder im Zusammenhang mit strafrechtlichen Konsequenzen bei Protestaktionen zum Einsatz.

In diesem Fall geht es um Preiskontrollen in Supermärkten, um sogenannte "Preistrickser" aufzudecken. Dabei führt das Wiener Marktamt konsequente Schwerpunktkontrollen durch und erstattet bei Verstößen Anzeige.

Spar, Rewe, Hofer und Lidl im Fokus der Kontrollen

Seit Jahresstart gab es 502 Strafanträge bei 1.215 Kontrollen. Im Fokus standen die vier größten Supermarktketten, so das Marktamt. Wirtschaftskammer und Handelsverband kritisierten zu viel Regulierung. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) bat um Versachlichung der hitzigen Debatte.

"Je schlechter ein Betrieb bei der Kontrolle abschneidet, umso häufiger führt das Marktamt Kontrollen durch", betonte Marktamtsdirektor Andreas Kutheil. Das Sozialministerium rechnete in einer Aussendung vor: "Laut Wifo steigen die Preise für Lebensmittel, Alkohol und Tabak heuer um 3,8 Prozent, für 2026 wird ein weiterer Anstieg um 3,2 Prozent erwartet. Gleichzeitig konnten die großen Lebensmittelketten ihre Gewinne im Vorjahr um rund 60 Prozent steigern." 

Diese Gewinnentwicklung stellte der Handelsverband mit Verweis auf die untersuchten Ketten Spar, Rewe, Hofer, Lidl vehement in Abrede. Die Gewinnsteigerung sei durchschnittlich unter zehn Prozent gelegen.

Preisschild und Ware nicht ident

Das Marktamt führte beispielhaft einige Vergehen der bekannten Handelsketten an: Es wurden Von-Bis-Preise ohne Zuordnung angegeben, die Mengenangaben auf den Preisschildern stimmten nicht mit den Produkten überein, bei Aktionsware im Non-Food-Bereich fehlten häufig die verpflichtenden Angaben zum günstigsten Preis der vergangenen 30 Tage. Oder es wurde Ware mit auffälliger Rabattierung beworben, ohne dass die gesetzlich vorgeschriebenen Grundpreise angegeben waren.

Dazu stellte Kutheil klar: "Preisauszeichnung ist kein Wunschkonzert, sondern gesetzlich geregelt. Wenn sich der Inhalt ändert oder ein Rabatt beworben wird, muss das klar und nachvollziehbar im Regal stehen. Alles andere ist Täuschung."

Lebensmittelhandel hat kein Verständnis für Aktion

Der österreichische Lebensmittelhandel reagierte mit Unverständnis. Die veröffentlichte Zwischenbilanz sei intransparent, schwammig und zeichnet ein total verzerrtes Bild der wirtschaftlichen Realität. Vereinzelte fehlerhafte Etiketten oder Aktionshinweise sind in einem komplexen, stark digitalisierten Umfeld, wo (noch) Menschen arbeiten, nie ganz vermeidbar – aber sie werden laufend verbessert und korrigiert.

"Die regulativen Vorschriften zur Auszeichnung von Preisen und Rabatten sind in kaum einem Land weltweit so streng wie in Österreich. Der Anspruch der österreichischen Lebensmittelhändler und deren gewissenhafter Mitarbeiter:innen ist es, Preise und Aktionen bei sämtlichen Artikeln in allen Filialen stets korrekt und transparent auszuloben. Bei 150.000 Beschäftigen in 9.400 Geschäften mit teilweise über 20.000 Produkten im Sortiment kann es aber vereinzelt vorkommen, dass menschliche Fehler passieren. Absichtlich passieren keine Fehler", so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer ersten Stellungnahme.

WKÖ übt Kritik an Ausmaß der Vorschriften

"Niemand hat ein Problem mit Kontrolle - aber wir haben ein Problem mit Vorschriften, die in der Praxis schlicht nicht erfüllbar sind", sagte Christian Prauchner, Obmann des Lebensmittelhandels in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), in einer Aussendung. "Wenn man Unternehmen abstraft, die sich bemühen, Regeln umzusetzen, die technisch oder logisch gar nicht umsetzbar sind, läuft etwas grundsätzlich falsch."

Gesetz gegen "Shrinkflation" angekündigt

Die Regierung will laut Ulrike Königsberger-Ludwig, Staatssekretärin für Konsumentenschutz (SPÖ), "faire Preise im Regal" und dahingehend auch ein Gesetz zur Kennzeichnung von sogenannter Shrinkflation mit immer weniger oder qualitativ schlechterem Inhalt bei gleichem oder steigendem Preis, bekräftigte sie gegenüber mehreren Zeitungen am Mittwoch bereits erfolgte Ankündigungen. Insgesamt brauche es "klare Regeln, konsequente Kontrollen und ein Ende der Tricksereien auf Kosten der Konsumentinnen und Konsumenten".

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