Spanische Banken flüchten in Notfusionen

Spanische Banken flüchten in Notfusionen
Fast 100 Mrd. Euro kostet die Sanierung spanischer Banken. Spanien wehrt sich gegen Hilfe aus Brüssel. Österreich nur indirekt betroffen.

Noch wehrt sich Spanien vehement, um Hilfe aus dem europäischen Rettungsschirm für seine schwer angeschlagenen Banken zu bitten. Die viertgrößte Volkswirtschaft des Euroraumes will die auf mittlerweile 23 Milliarden in die Höhe geschnellten Sanierungskosten für die teilverstaatlichte Großbank Bankia alleine aufbringen. „Es wird für die spanischen Geldhäuser keine europäische Rettungsaktion geben“, hatte Ministerpräsident Mariano Rajoy Anfang der Woche erklärt.

Allerdings gibt es eine Rettungsaktion spanischer Art. Die angeschlagenen Institute suchen ihr Heil in Notfusionen. So schließen sich die Sparkassen Liberbank, Ibercaja und Caja 3 zum siebtgrößten Institut Spaniens zusammen. Sie haben einen Schuldenberg von zwölf Mrd. Euro angehäuft.

Die Rettung der Bankia bedeutet allerdings neue Schulden für das ohnehin bereits hoch verschuldete Land – das Budgetdefizit wird heuer auf 8,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Die Milliardenhilfe für Bankia soll laut Insidern aus dem Banken-Restrukturierungsfonds oder direkt aus dem Budget kommen.

Ein möglicher Weg ist auch, dass Bankia Staatsanleihen bekommt und diese bei der Europäischen Zentralbank als Sicherheit für Kredite hinterlegt. Laut Financial Times hat die EZB dies aber als nicht akzeptabel abgelehnt.

Bankia selbst steckt tief in den roten Zahlen: Die Konzernmutter BFA musste das Ergebnis für 2011 von 41 Millionen Euro Gewinn auf 3,3 Milliarden Euro Verlust „berichtigen“.

Rekordzinsen

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Die Bankenrettung auf Pump kommt Spanien extrem teuer, denn die Finanzmärkte reagierten prompt auf die „Aussicht“ auf neue Schulden: Die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen schnellte mit 6,76 Prozent fast auf Rekordniveau. Die Angst, dass auch Spanien unter den Rettungsschirm flüchten muss, steigt. Zum Vergleich: Die Renditen für deutsche zehnjährige Anleihen gingen mit 1,346 Prozent gleichzeitig auf den tiefsten Stand zurück (Österreich: 2,278 Prozent).

Auch der Euro kam am Dienstag gewaltig unter Druck. Mit bis zu 1,2461 US-Dollar fiel er zeitweise auf den tiefsten Stand seit Juli 2010. Die EU erhöhte den Druck auf Spanien, um europäische Hilfe für die Sanierung der Bankia anzusuchen. Offiziell hielt man sich in Brüssel freilich zurück: Es liege noch kein Plan vor, man sei aber in Kontakt mit Madrid. Österreichs Finanzministerin Maria Fekter übte am Abend Selbstkritik. „Ich persönlich bedaure es sehr, dass wir im Vorjahr nicht rechtzeitig und laut gesagt haben, dass der eingeschlagene Weg so nicht funktioniert. Wir waren mit Spanien zu geduldig.“

Was der EU am meisten Sorgen machen dürfte, ist die Situation der spanischen Banken insgesamt. Denn mit den Milliarden für Bankia ist die Krise noch lange nicht ausgestanden. Insgesamt dürften die Banken, die auf einem Rekordberg fauler Kredite als Folge der geplatzten Immobilienblase sitzen, bis zu 100 Milliarden Euro für die Rekapitalisierung brauchen. Spaniens Notenbankchef zog jedenfalls die Konsequenzen. Er tritt im Juni und somit einen Monat früher als geplant ab. Auch die Angst vor Ansteckung weiterer Euroländer nimmt zu.

Zunehmend kommt Italien unter Druck. Am Dienstag konnte das Land zwar problemlos 8,5 Milliarden Euro auf dem Kapitalmarkt aufnehmen. Die Rendite für die sechsmonatigen Anleihen stieg aber mit 2,104 Prozent auf den höchsten Stand seit Dezember 2011.

Bankenunion

Die EU-Staaten haben sich bereits vor geraumer Zeit das Ziel gesetzt, nationale Probleme von Banken auf europäischer Ebene zu lösen. Nach einem am Dienstag bekannt gewordenen Gesetzentwurf zur geplanten Bankenunion wären die neu zu schaffenden, nationalen Banken-Krisenfonds zur gegenseitigen finanziellen Unterstützung verpflichtet.

Rezession

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Anlass für Sorgen ist auch die schlechte wirtschaftliche Lage. Spaniens Wirtschaft steckt in der Rezession, heuer dürfte das Bruttoinlandsprodukt um 1,8 Prozent schrumpfen, auch 2013 wird ein Rückgang von knapp einem halben Prozent erwartet. Die ohnehin dramatische Lage auf dem Arbeitsmarkt – jeder vierte Spanier hat keinen Job – droht sich weiter zu verschärfen. Was sich bereits im Konsumverhalten niederschlägt: Die Umsätze der Warenhäuser und Boutiquen sanken im April um 9,8 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Das ist der 22. Rückgang in Folge und der stärkste seit 2003.

In der EU wächst auch die Angst vor der Ansteckung durch Griechenland und Spanien. Zunehmend unter Druck kommt Italien. Am Dienstag konnte das drittwichtigste Euroland zwar problemlos 8,5 Milliarden Euro auf dem Kapitalmarkt aufnehmen. Im Sog Spaniens allerdings stieg die Rendite für die sechsmonatigen Anleihen mit 2,104 Prozent auf den höchsten Stand seit Dezember 2011.

IHS: Mit Italien enger verflochten als mit Spanien

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Welches Auswirkungen hat die aktuelle Krise auf Österreich? Die heimischen Banken halten "nicht im großen Ausmaß" spanische Staatsanleihen und der Außenhandel ist nicht so eng verflochten wie etwa mit Italien, sagte dazu die Finanzmarkt-Expertin des Instituts für höhere Studien (IHS), Ines Fortin, der APA. Trotzdem könnten die spanischen Probleme über Handelspartner nach Österreich schwappen.

An den Finanzmärkten passiere sehr viel über Erwartungen, erklärte Fortin die Börsenpsychologie. Sie bejahte einen Zusammenhang zwischen Griechenland und Spanien. Das fehlende Vertrauen wirke sich derzeit auf die spanische Wirtschaft aus, so Fortin. Ob Spaniens Gelder für die Bankenrettung ausreichen, ist für die IHS-Expertin schwer zu sagen. Das Verhalten der Anleger an den Finanzmärkten sei entscheidend, ob Spanien auf die EU-Hilfe verzichten kann.

"Das wichtigste ist Vertrauen", betonte Fortin. Bei allen Krisen komme der Zeitpunkt, an dem wieder an ein Wirtschaftswachstum geglaubt wird - "dann dreht die Stimmung", sagte Fortin. Für den Umschwung seien aber politische Maßnahmen auf Budgetseite durch Sparen und Stimulieren notwendig.

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