Sozialversicherung: Funktionäre sollen fit und proper werden

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Eignungstest für alle 490 Sozialpartner-Delegierten. Neos-Kritik: Betriebsräte gegenüber Wirtschaftskämmerern benachteiligt

Für Chefs, Mitarbeiter in Schlüsselpositionen und Aufsichtsräte der Banken ist der Fit-&-Proper-Test selbstverständlich. Seit 2013 bestellt die Finanzmarktaufsicht neue Manager zum strengen Hearing über ihre fachliche Eignung. Ausgenommen sind allerdings die in die Aufsichtsräte entsandten Arbeitnehmer-Vertreter. „Privileg für Betriebsräte“, wurde bei der Einführung Kritik laut.

Eine Prüfung blüht jetzt auch den von den Sozialpartnern entsandten Sozialversicherungs-Funktionären. Die türkis-blaue Regierung will mit der Reform der Kassen den künftig 490 Funktionären einen fachlichen Eignungstest verordnen.

Eine bessere Qualifikation kann so manchem Funktionär sicher nicht schaden. Im Bericht „Compliance in der Sozialversicherung“ kritisierte der Rechnungshof 2017, dass die Funktionäre über Dinge entscheiden, die sie fachlich oft gar nicht beurteilen könnten. Die Prüfer monierten, dass es „keine Vorschriften hinsichtlich der Mindestqualifikation“ gebe.

Doch keine Regel ohne Ausnahmen. „Die Bestimmungen sind so angelegt, dass sie Arbeitnehmer-Vertreter ganz klar benachteiligen“, kritisiert der Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker. „Ich halte das für ein gezieltes Foul an der SPÖ“, legt der liberale Politker nach, der bis dato nicht dafür bekannt ist, Gewerkschaft und SPÖ die Mauer zu machen.

Ausgenommen vom Test sind Funktionäre, die eine Dienstprüfung in der Sozialversicherung abgelegt haben. Das versteht sich von selbst. Nicht antreten müssen aber auch alle Absolventen eines Jus- oder Wirtschaftsstudiums. Wer fünf Jahre Geschäftsführer einer juristischen Person war, etwa einer GmbH oder eines Vereines, wird ebenfalls nicht abgeprüft.

„Ein 21-jähriger Wirtschaftsbachelor braucht keine Prüfung, ein Bilanzbuchhalter mit 20 Jahren Erfahrung schon. Auch der Geschäftsführer eines kleinen Malerbetriebs oder einer Würstelstand-GmbH braucht keine Prüfung“, argumentiert Loacker. Dagegen wären vermutlich selbst die bisherigen Kassenobleute, also auch die Landeskaiser des Sozialversicherungssystems, zum Test verpflichtet.

Arbeiterkammer, Gewerkschaft und SPÖ lehnen die Reform ohnehin als Ganzes ab (siehe Artikel links). Wirtschaftsbund-Generalsekretär René Tritscher versteht die Kritik nicht. „Viele Wirtschaftskammer-Funktionäre haben auch keine solchen Studien oder eine GmbH. Ich sehe keine Diskriminierung der Arbeitnehmer-Vertreter“. Testen soll eine Prüfungskommission, die beim neuen Dachverband angesiedelt sein wird. Die Kommissions-Mitglieder sollen auf jeweils fünf Jahre vom Sozialministerium im Einvernehmen mit dem Finanzminister bestellt werden.

Bei FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein geht man davon aus, dass die Kammern sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmer-Seite „über genügend hochkarätige Experten verfügen“. Man werde aber bei der Begutachtung sehr genau darauf achten, ob von den Kammern entsprechende Bedenken geäußert würden. „Gegebenenfalls sind wir gerne bereit, die Regelung zu überdenken.“ andrea.hodoschek

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