Sorger: "Wer Gewinne macht, steht verdächtig da"

Veit Sorger Interview am 287.05.2013 in Wien
Der Ex-Chef der Industrie, wehrt sich gegen Pauschalkritik an Reichen und auch in eigener Sache.

KURIER: Sind Investments der Reichen in Verruf geraten?

Veit Sorger: Ja, und das ist schade. Eine kleine, offene Volkswirtschaft wie wir, mit hohen Export-Raten und starker Perspektive, braucht Engagement für Risikopositionen. So etwas enthält die Chance, dass man einen Gewinn macht, aber auch einen Totalverlust. Ich hatte 2007 einen Gewinn aus der Hypo Alpe-Adria, und 2008 habe ich 50 Prozent meines ganzen Aktieninvestments an den Börsen verloren.

Österreich braucht Aktionäre?

Ja – denn wenn uns Mut, Risikobereitschaft und Freude am Gestalten abhanden kommt, wäre das schädlich für das Land. Ich halte nichts von Diskussionen, wo man bei Gewinnen immer als verdächtig – und bei Verlusten als Depp, dafür als guter Mensch dasteht.

Sie haben ab 2006 in die Hypo investiert und werden dafür nach wie vor kritisiert.

Ich war ein kleiner Investor ohne Einfluss und habe miterlebt, wie ein unternehmerisches Engagement sehr negativ besetzt wird. Ich gebe ehrlich zu, dass ich natürlich nicht alle Entwicklungen abschätzen konnte.

Wie geht es Ihnen jetzt damit?

Ich erlebe eine vorgefasste veröffentlichte Meinung, dass ich in Bezug auf die Steuerleistung etwas Unrechtes getan hätte. Zwischendurch wurden meine Konten geöffnet, was sich rückwirkend als rechtswidrig herausgestellt hat. Es gab Verdächtigungen, dass Gelder von den Investoren an den Generaldirektor der bayerischen Landesbank zurückgeflossen wären – auch das hat sich als unrichtig herausgestellt. Im Prospekt für das Investment war eine mögliche Rendite zwischen 6 und 8 Prozent in Aussicht gestellt worden. Der Anfang war positiv, der Ausgang unerquicklich. Ich habe den Einfluss der Politik auf die Bank unterschätzt.

Sie haben das damalige Investment in drei Tranchen gekauft – eine davon, nachdem über die Bank schon mit den Bayern verhandelt wurde.

Das Ganze war ein Paket, das in verschiedenen Stufen abgerufen wurde. Mit der Zeichnung der ersten war klar, dass auch zwei weitere abgerufen werden, weil es Teil des Finanzierungspakets war. Damals gingen alle davon aus, dass die Hypo in fünf Jahren an die Börse geht. Erst dann hätten wir aussteigen können.

Fühlen Sie sich medial verfolgt?

Nein, ich verstehe nur nicht, warum sich das ausschließlich auf mich konzentriert. Zuletzt wurde darüber berichtet, dass die Finanzbehörde bei der Besteuerung dieser Sache eine andere Ansicht hat als die Steuerberater der Investoren. Ja, ich habe gegen diesen Bescheid berufen. Aber das ist nichts Ungewöhnliches.

Haben Sie das Geld noch?

Ich habe den ganzen Gewinn 2008 auf ein Treuhandkonto gelegt und dieses erst aufgelöst, nachdem das Verfahren zwischen Bayern und Tilo Berlin eingestellt war: für mich die Bestätigung für die Korrektheit der Transaktion. Falls sich herausstellen sollte, dass doch etwas sein sollte, werde ich solvent genug sein, um meine Verbindlichkeiten einzulösen.

Die Finanz behauptet, Sie hätten Spekulationssteuer bezahlen müssen.

Ich habe nie Aktien unterjährig – also innerhalb der damaligen Spekulationsfrist – verkauft, auch nicht das Hypo-Investment. Das wurde bei einer Betriebsprüfung nachgewiesen, und die KPMG hat die Transaktion auch immer begleitet.

Muss man jetzt bei anderen Privatisierungen auch vorsichtiger sein?

Nein, das glaube ich nicht. Und man soll ja investieren. Am Beginn des Projekts stand für mich eine positive Perspektive: eine Privatisierung und Stärkung der Bank. Ich bin und bleibe bekanntlich auch heute ein nachdrücklicher Verfechter von sinnvollen Privatisierungen.

Mischt die Politik denn bei Privatisierungen nicht immer mit?

Nein, bei der ÖIAG ist das ganz anders, viel professioneller, gewesen.

Hätte man die Hypo Alpe-Adria in Konkurs schicken müssen?

Nein. Aber es gab eine Reihe von Fehlern: in der Bank, teils in der Politik und vor allem des neuen Eigentümers, der bayerischen Landesbank, die zur Entwicklung geführt haben, dass eine Verstaatlichung notwendig war. Zu dieser Zeit war die gesamte Finanzwelt in Unordnung, das war daher der richtige Schritt.

Die Politik der Bayern war schlecht für die Hypo Alpe-Adria?

Sie haben das Ergebnis statt verbessert wesentlich negativ beeinflusst – sowohl was das Geschäftsvolumen, als auch was die Kredite betrifft. Es sind völlig neue Risikopositionen in der Ukraine aufgebaut worden. Das heutige Management hat wirklich alle Hände voll zu tun, das zu befrieden.

Hätte die Politik schon früher mit der EU verhandeln müssen, damit der Hypo-Verkauf aufgeschoben wird?

Das kann ich nicht beurteilen. Natürlich warten alle auf eine Beruhigung der Finanzmärkte, damit sich ein höherer Verkaufswert erzielen lässt.

Kommt der Klassenkampf zurück?

Ich bedaure die Diskussionen des heranziehenden Wahlkampfes sehr: dass ununterbrochen von höheren Steuern die Rede ist, während jene, die als Teil der Gesellschaft die Steuern leisten, sichtlich nicht geschätzt werden. Das stimmt mich nicht optimistisch. Ich zahle hohe Steuern, habe sie immer pünktlich bezahlt, war noch nie Beschuldigter in einem Verfahren und sehe mich jetzt mit etwas konfrontiert, ohne dass ich mich richtig wehren kann.

2006/’07 kaufte eine Investoren-Gruppe ein Viertel der Hypo Alpe-Adria. Ihre damaligen Eigentümer – Land Kärnten und Grazer Wechselseitige – wollten in fünf Jahren an die Börse gehen, verkauften dann aber 2007 an die Bayern. Unter den Investoren um Tilo Berlin befand sich der damalige Präsident der Industriellenvereinigung Veit Sorger. Die Gruppe investierte 640 Millionen Euro, 1,5 Millionen davon Sorger selbst.

Nach dem Verkauf an die Bayern verkauften auch die Investoren ihren Anteil mit rund 50 Prozent Gewinn. Das erzeugte Kritik: Die Investoren hätten von Anfang an vom Bayern-Deal gewusst und risikolos investiert. Später geriet die Gruppe ins Visier der Finanz, die Steuernachzahlung fordert.

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