Sorgenfalten bei den Eidgenossen nach Credit-Suisse-Drama
Schlechte Wirtschaftsnachrichten aus der Schweiz haben Seltenheitswert. Wenn etwas passiert, dann richtig.
Die Last-Minute-Rettung des Schweizer Finanzplatzes im Zuge der Notübernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS war so ein Schockmoment. Er ist nur vergleichbar mit dem Grounding der einst so stolzen Swissair 2001 oder der staatlichen Rettung der UBS im Jahr 2008, die nun 15 Jahre später ihrerseits den strauchelnden Konkurrenten vom Paradeplatz 8 schluckt.
Wie sehr der Finanzplatz Zürich bzw. der gesamte Wirtschaftsstandort ins Gerede gekommen ist, darüber wird in der Schweiz heftig diskutiert.
Reputation angekratzt
Die Reputation der hoch bezahlten Banker, deren Versagen nun Tausenden einfachen Angestellten der CS den Job kosten dürfte, ist schwer angekratzt. Die Bankenkrise könnte sogar Auswirkungen auf die bisher nie in Zweifel gezogene Top-Bonität des Landes („Triple-A“) haben.
So belaufen sich die Gesamtaktiva des Schweizer Bankensystems auf 3,5 Billionen Franken oder rund 448 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. „Der Zusammenschluss (von UBS und CS, Anm.) führt somit zu einer stärkeren Konzentration von Ausfallrisiken für die Schweiz“, heißt es in einer Analyse der europäischen Ratingagentur Scope.
Inflation: Nur 3,4 Prozent
An den Fundamentaldaten der wohlhabenden und wettbewerbsfähigen Volkswirtschaft bestehen hingegen keine Zweifel – wie auch.
Die Inflation ist zwar auch in der Schweiz ein heißes Thema für Politik, Nationalbank und Konsumenten, doch kein EU-Land kann mit ihren 3,4 Prozent mithalten (Österreich: 11 Prozent).
Auch was die geringe Staatsverschuldung (27 Prozent versus 79 Prozent in Österreich) oder die Top-Platzierungen in internationalen Rankings angeht – in sehr vielen Bereichen schaut man aus österreichischer Sicht ein wenig neidvoll über die Grenze.
Von Weltrang
Von Weltrang sind Schweizer Großkonzerne: Nicht nur aus dem Finanzsektor, sondern von Lebensmittel bis Pharma und vom Maschinenbau bis zur Uhrenindustrie. Unter den wertvollsten 2.000 Unternehmen der Welt liegt Nestlé auf Platz 47 und Novartis auf Rang 68. Das wertvollste österreichische Unternehmen ist die OMV auf Platz 388.
Klar, das Leben in der Schweiz ist viel teurer als in Österreich (54 Prozent über EU-Durchschnitt). Aber auch das Einkommensniveau ist deutlich höher und gleichzeitig sind die Steuern wesentlich geringer. Die kalte Progression, bei uns soeben erst abgeschafft, gibt es in der Schweiz seit 20 Jahren nicht mehr.
Nicht wirklich losgeworden ist die Schweiz hingegen ihren eher zweifelhaften Ruf als Steueroase, in der Superreiche aus aller Welt ihr nicht immer ganz sauber erworbenes Geld vor dem Zugriff des Fiskus verstecken.
Steuerabkommen
Das Negativ-Image hält sich beharrlich, obwohl die Schweiz mit vielen Ländern Steuerabkommen geschlossen hat, um genau solche Praktiken zu verhindern. Auch das Bankgeheimnis wurde gelockert. Die Scharmützel mit deutschen oder amerikanischen Behörden in Steuerangelegenheiten sind dennoch legendär.
So wurde die UBS 2009 beschuldigt, ihren US-Kunden geholfen zu haben, Steuern zu hinterziehen. Die Bank wurde zu einer Geldstrafe von 780 Millionen Dollar verurteilt und musste Kundendaten an die US-Behörden weiter geben.
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