Sondersteuern tun Griechen "wirklich weh"

Sondersteuern tun Griechen "wirklich weh"
Wirtschaftsdelegierter Bruno Freytag erzählt von der tristen Stimmung in Athen, leeren Wohnungen und Läden.

Viele Läden mussten zusperren. Das sieht man im Stadtbild sehr deutlich. Nicht nur in Athen, sondern auch in Thessaloniki, wo ich gerade auf einer Messe war", erzählt Bruno Freytag, Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Athen. Er weiß, dass auch viele Wohnungen leer stehen. "Wer in Pension geht, geht zurück aufs Land. Und viele ausländische Arbeitskräfte haben das Land bereits verlassen."

Die ohnehin triste Stimmung in Griechenland hat sich in den vergangenen Tagen weiter verschlechtert. Grund dafür ist die neue Immobilien-Sondersteuer, die bald eingehoben werden soll. "Das tut den Leuten wirklich weh. Eine eigene Wohnung oder ein eigenes Haus war für die Griechen immer schon die wichtigste Altersvorsorge", so Freytag. 0,5 bis 10 Euro pro Quadratmeter und Jahr sollen demnächst fällig werden, nicht nur für Wohnraum, sondern auch für kommerziell genutzte Flächen. Wird es dadurch etwa im Handel zu Preiserhöhungen kommen? "Wohl kaum", meint Freytag. Höhere Preise seien bei schwindender Kaufkraft nicht durchzusetzen.

Neben der Immo-Sondersteuer sollen auch höhere Abgaben auf Heizöl Mehreinnahmen fürs marode Budget bringen. Auf der Ausgabenseite steht ein verschärfter Abbau von Staatsbediensteten an. Deren Gewerkschaft befürchtet, dass bis 2015 fast jeder Fünfte seinen Arbeitsplatz verlieren wird. Derzeit sind mehr als 700.000 beim Staat beschäftigt, weitere 200.000 bei Unternehmen, die von staatlichen Zuschüssen abhängen.

Streiks

Mit einem neuen Gesetz will es Griechenland schaffen, an sich unkündbare Beamte doch abzubauen. Sie werden in eine so genannte "Arbeitsreserve" geschickt, in der sie ein Drittel weniger verdienen als bisher. Nach voraussichtlich einem Jahr ist auch dieser "Job" weg. Die beiden größten griechischen Gewerkschaften haben bereits zu jeweils 24-stündigen Streiks am 5. und 19. Oktober aufgerufen.

Mit einem neuerlichen Sparpaket will sich Griechenland die nächste Hilfskredit-Tranche in Höhe von acht Milliarden Euro sichern. Nach zwei Krisentelefonaten mit Vertretern der so genannten Troika (Vertreter der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds) gab sich Finanzminister Evangelos Venizelos optimistisch. Kommende Woche werden die Troika-Experten erneut nach Athen reisen, um die Einhaltung der Sparvorgaben zu überprüfen.

Vor allem bei griechischen Gewerkschaftern ist man auf die Troika nicht gut zu sprechen. "Die Troika und die Regierung müssen weg", so ein Gewerkschafts-Sprecher am Mittwoch. Von Finanzminister Venizelos kam dagegen Lob: Ohne die Kontrolle der Troika wären die Finanzen des Landes bereits entgleist.

Schuldenkrise: Scharfe Einschnitte

Frühjahr 2010 Innerhalb weniger Wochen werden zwei Pakete beschlossen. Die Mehrwertsteuer steigt von 19 auf 23 Prozent. Im öffentlichen Dienst wird der 13. und 14. Bezug gestrichen. Steuern auf Tabak, Spirituosen und Sprit werden erhöht.

Juni 2011 Das Athener Parlament beschließt ein drittes Paket. Die Vermögenssteuer wird angehoben, eine Solidaritätssteuer (je nach Einkommen ein bis vier Prozent) wird eingeführt. Ein Privatisierungsprogramm wird auf den Weg gebracht.

Herbst 2011 Im öffentlichen Dienst sollen Zehntausende Stellen gestrichen werden. Eine Immo-Sondersteuer wird eingeführt.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

  • Hintergrund

Kommentare