Ferienstart am Flughafen: Ein Besuch in der stressigsten Zeit des Jahres

Wenn Menschen reisen, können einfache Aufgaben zur Hürde werden. Wie den Anweisungen eines Check-in-Automaten zu folgen. Einen Koffer aufzugeben. Oder den Weg zum Gate zu finden. „Das liegt an der Anspannung vor der Reise“, sagt Anna Schweinberger. Wenn die Rollkoffer rattern, die Zeit drängt und die Ferne ruft, trübt die Überforderung den Blick aufs Einfache.
Anna Schweinberger hingegen steht in ihrer roten AUA-Uniform inmitten des Trubels der Abflughalle und lächelt entspannt. Sie ist sogenannte Duty Managerin bei den Austrian Airlines, also Letztverantwortliche ihrer Schicht für den operativen Betrieb am Boden. Ihr Team kümmert sich unter anderem darum, die Fragen ratloser Passagiere auf dem Weg zum Flugzeug zu beantworten. Wenn andere in Urlaub fliegen, ist für sie Hochsaison.
200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des AUA-Bodenpersonals fertigen im Sommer 400 Flüge und bis zu 30.000 Passagiere ab – und das pro Tag. Das ist um 40 Prozent mehr als im Rest des Jahres. Im Juli werden rund 800.000 Menschen den Flughafen Wien in einer Austrian-Airlines-Maschine verlassen. 127 Destinationen fliegt die AUA im Sommer direkt an.

Anna Schweinberger mag die Hektik zur Urlaubssaison. Auch ihre Mutter war schon bei der AUA.
Hannes hilft
Um das zu bewerkstelligen, beschäftigt die Fluglinie im Juli und August sogenannte Austrian Travel Assistants. Es sind vielfach Studentinnen und Studenten, die ausschließlich für Passagiere beim Check-in da sind. Die Automatisierung bringt zwar insgesamt Zeitersparnis, kostet dem Einzelnen aber mitunter Nerven.
Hannes ist einer dieser Assistenten. Der groß gewachsene Mann mit dem deutschen Akzent muss bei der Frage, was die Reisenden am häufigsten plagt, nicht zweimal überlegen: „Sie wollen wissen, wie man das Klebeband richtig am Koffer befestigt.“
Eine weitere Maßnahme der AUA im Sommer: die Größe des Handgepäcks kontrollieren. Was beiläufig klingt, hat zuweilen große Auswirkungen. Taucht man einmal in die logistischen Untiefen eines Flughafenbetriebs ab, erfährt man: Zu großes Handgepäck ist einer der Hauptverursacher von Verzögerungen. Passagiere, die Minuten benötigen, um ihre Tasche ins Gepäckfach zu quetschen, können eine Lawine an Verspätungen lostreten, im schlimmsten Fall verpasst das Flugzeug sogar seinen Abflug-Slot. „Das zweite, kleinere Handgepäck ist der Knackpunkt“, sagt Anna Schweinberger.
Ein Flugzeug der Austrian Airlines steht im Schnitt nur 40 Minuten am Boden. In dieser Zeit müssen Passagiere aussteigen, die Maschine gereinigt, betankt und beladen werden und wiederum neue Passagiere einsteigen. Geht hier etwas schief, lässt sich das den Rest des Tages kaum aufholen. Nur ein Flugzeug in der Luft ist ein gutes Flugzeug.
Anna Schweinberger macht die Hektik am Flughafen Wien nichts aus. Im Gegenteil: Man gewinnt den Eindruck, sie mag es sogar. „Es ist abwechslungsreich. Und man muss den Überblick bewahren“, sagt sie. Die 32-Jährige ist seit über zehn Jahren bei der AUA, wie schon vor ihr ihre Mutter. Ein Studium sei nichts für sie gewesen, sie wollte sich den Job anschauen und sei hängen geblieben.

Austrian Travel Assistant Hannes hilf, wenn es Fragen gibt.
Geheimtür am Klo
Auf dem Weg von den Gates F zur Transferhalle, jenem Bereich, wo die Koffer in die Gepäckwagen fürs Flugzeug verladen werden, biegt sie plötzlich Richtung Toiletten ab und deutet: „Hier gibt es eine Abkürzung für die Mitarbeiter.“ Und tatsächlich führt unmittelbar vor den Damentoiletten eine unscheinbare graue Tür ins Reich der Koffer.
Es rattert, es rumpelt, es riecht nach Abgasen. Schwarze Förderbänder schlängeln sich durch die Halle im Erdgeschoß. Per Hand werden die Koffer in Gepäckwagen verteilt. Eine komplette Automatisierung ist zwar Ziel, die Technik dafür aber noch zu träge.
In der Transferhalle kümmert sich ein kleines Team der AUA um ganze spezielle Gepäckstücke. Wie etwa jene, die aufgrund einer knappen Transferzeit den Weiterflug auf normalem Weg nicht schaffen würden. Dann rückt ein Mitarbeiter aus und bringt den einzelnen Koffer direkt von einem Flugzeug zum anderen.

In der Transferhalle stranden auch Gepäckstücke ohne Klebestreifen.
Auch Gepäckstücke, in denen der Scan gefährliche Inhalte zutage gebracht hat, landen hier.
Und schließlich auch jene Koffer, die ihre Klebestreifen verloren haben. Sie zu identifizieren, sei eine der größten Herausforderungen, heißt es hier. Insbesondere, wenn auch der zweite, kleine Strichcode fehle. Und, sozusagen Worst-Case-Szenario, es auch kein Namensschild gebe. Deshalb der Appell: Wenn einer eine Reise tut, sollte er den Koffer vorher lieber beschriften.
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