Auch nach Signa "Feuer am Dach": Hochrisikogeschäft mit Gewerbeimmobilien
Branchenvertreter üben sich in Zuversicht und halten den Tiefpunkt in der Immobilienwirtschaft für (demnächst) überwunden. Doch Zinsen und Baukosten sind immer noch hoch, der viele Sand im Getriebe der Wirtschaft verschwindet nicht über Nacht. Mehrmals mussten Wirtschaftsprognosen heuer nach unten revidiert werden.
Finanzmarktaufsicht und Nationalbank sind in Sorge, dass speziell auf dem Markt für Gewerbeimmobilien größere Risiken schlummern, als bisher bekannt sind. Würden diese Risiken schlagend, könnte das wiederum negative Folgen für die Banken und die gesamte Wirtschaft Österreichs haben.
Die Mega-Pleite des Signa-Imperiums rund um den einstigen Star-Investor Rene Benko gilt den Experten insofern nur als Warnung und so etwas wie die Spitze eines Eisberges. In dem Sektor sei aktuell „Feuer am Dach“. Die Insolvenz der Signa-Gruppe sei kein Einzelfall. „Es gibt viele mittlere Entwickler im dreistelligen Millionenbereich, die ebenfalls in Schwierigkeiten sind“, sagte FMA-Vorstand Eduard Müller auf der stark besetzten „15. Aufsichtskonferenz“ in Wien.
„Auffällige“ Quote
Auch die Chefökonomin der Nationalbank, Birgit Niessner, präsentierte dem Publikum Daten, die einigermaßen besorgniserregend sind. So sei bei Gewerbeimmobilien die Rate der uneinbringlichen Kredite („Non-Performing-Loans“) in einem Jahr von 1,7 auf 4,8 Prozent gestiegen.
Und „auffällige“ 37 Prozent der Gewerbeimmobilien-Kredite hätten eine sogenannte „Loan-To-Value-Quote“ von über 100 Prozent oder sind überhaupt unbesichert.
Zur Erklärung: Die Loan-To-Value-Quote misst das Verhältnis zwischen Kredithöhe und Wert der Immobilie und ist ein Maß für das Risiko eines Kredits für die Bank.
Angesichts der Datenlage verteidigte Ursula Hauser-Rethaller, Bankenaufsichtsexpertin der FMA, den in der Vorwoche beschlossenen neuen Eigenkapitalpuffer von einem Prozent, den Banken für Gewerbeimmobilien-Kredite ab 2025 einhalten müssen.
Bankenvertreterinnen wie Claudia Höller, Vorstandsmitglied der BKS Bank, halten diesen Puffer hingegen für höchst entbehrlich. „Mir fehlt die Fantasie, was ein sektoraler Systempuffer – vor allem wenn er nächstes Jahr kommt – an Finanzstabilität bringen soll“, sagt Höller.
Signa: „Eine Tragödie“
Die diversen Bank-Regularien, insbesondere Basel IV, decken die Immobilienrisiken ihrer Meinung nach ausreichend ab. Bankerin Höller: „Signa ist für mich eine Tragödie. Ich würde den Sektor für Gewerbeimmobilien aber deshalb weder verteufeln noch abschreiben.“
Unbestritten ist, dass Österreichs Banken im EU-Vergleich überproportional bei Gewerbeimmobilien engagiert sind. Laut Hauser-Rethaller liegt das Exposure der heimischen Banken bei 127 Milliarden Euro. Das sind rund 13 Prozent der Bilanzsumme oder rund ein Viertel der jährlichen Wirtschaftsleistung Österreichs. Bei 14 Banken übersteigen die Kredite im Bereich der Gewerbeimmobilien sogar die Marke von 40 Prozent der Bilanzsumme.
„Dieser hohe Anteil von Gewerbeimmobilienkrediten, wo die Loan-To-Value-Quote sehr hoch ist, ist auch ein Risiko, für das wir in Österreich leider besonders exponiert sind. Die FMA als Aufsichtsbehörde ist verpflichtet, auf Veränderungen in der Risikosituation zu reagieren“, erklärt die FMA-Expertin.
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