Sektsteuer: Zu wessen Wohl?
Die Handelskette Wein&Co schreibt auf ihrer Website: "Ab 1. März kommt die Schaumweinsteuer! Sichern Sie sich noch bis dahin Ihre Lieblingsschaumweine!"
Nicht, dass es Sekt und Champagner nach dem 1. März nicht mehr geben wird, aber die Flasche kostet dann um gut 90 Cent mehr als heute. Die nahende (Wieder-) Einführung der Schaumweinsteuer (mehr dazu) steigerte die Nachfrage in den vergangenen Wochen beachtlich, bestätigen die Sektkellereien. "Wir haben mit einem Andrang gerechnet, aber das große Ausmaß hat uns überrascht", so Peter Szigeti, Eigentümer der gleichnamigen burgenländischen Sektkellerei. Nicht nur die Konsumenten kaufen auf Vorrat. Auch große österreichische Konzerne haben sich mit Kontingenten eingedeckt, bevor die Steuer schlagend wird. Etwa die Casinos Austria – nach eigenen Angaben größter heimischer Sektverbraucher –, die den Jahresvorrat an Schaumwein bereits jetzt geordert und eingelagert haben. Deren Generaldirektor Karl Stoss ist Teil jener prominenten Opposition aus Wirtschaft, Tourismus und Kultur, die Ende Jänner öffentlich gegen die Einführung der Sektsteuer protestierten. Auch dazu zählen Frank Hensel, Vorstandsvorsitzender REWE, Opernballorganisatorin Desirée Treichl-Stürgkh oder Harald Serafin. Ihr Protest blieb aber ohne Erfolg.
Saurer Beigeschmack
Die Sektkellereien sind wegen der Steuer stinksauer: Erst 2005 wurde die Schaumweinsteuer abgeschafft, weil Berechnungen zeigten, dass der Verwaltungsaufwand für die Einhebung mehr kostete als zu rechtfertigen war. Das werde dieses Mal nicht anders sein, sagen Sektproduzenten. Zudem bedeutet die Steuer für die Kellereien eine Schlechterstellung gegenüber Prosecco und Frizzante aus dem Ausland. Denn die Steuer trifft nur Champagner, Sekt und Spumante – Schaumweine, deren Flaschendruck über drei Bar liegt und/oder einen Korkverschluss mit Agraffe (Drahtkorb) haben.
Für Benedikt Zacherl, Geschäftsführer des österreichischen Sektkomitees und Kommunikationschef von Schlumberger ist die Steuer ein "inakzeptabler Dämpfer für den österreichischen Schaumwein." Er erklärt: "2004 wurden in Österreich zwölf Millionen Flaschen Sekt und Champagner verkauft, 2013 war der Absatz mehr als doppelt so hoch, lag bei 25 Millionen Flaschen." 2004 – vor dem Wegfall der Steuer – sei der Marktanteil von Schaumwein bei 53 Prozent gegenüber 47 Prozent Prosecco und Frizzante gelegen, 2013 bei 77,5 Prozent. "Es ist zu befürchten, dass der Kauf von Sekt und Champagner wieder zurückgeht", sagt Zacherl. Peter Szigeti ist sicher, das es so kommen wird: "Ich verspreche, dass wir wieder Marktanteile an Prosecco und Frizzante verlieren werden."
KURIER: Wird das Konsumverhalten bei Schaumweinen ab 1. März anders sein?
Florian Größwang: Im oberen Preissegment bei Winzersekt und Champagner wird wenig passieren. Im unteren Bereich, bei Flaschen unter zehn Euro, wird es sicher zu einer Verlagerung auf billigen Prosecco und Frizzante kommen. Unmittelbar am 1. März wird aber nichts passieren – mittel- und langfristig könnte das aber schon große Auswirkungen haben. Ich fürchte, keine guten.
Merken Sie, dass jetzt auf Vorrat gekauft wird?
Das wird versucht, ist aber nicht immer und überall möglich. Wir haben gar nicht die Kontingente dafür. Aber ja, die Nachfrage verlagert sich, Käufe werden einfach vorgezogen, ähnlich wie bei der Kfz-NoVA.
Wie sehr erhöht die neue Steuer den Preisdruck auf österreichische Produzenten?
Die Verteuerung macht es den heimischen Produzenten viel schwerer. Für mich ist diese Wiedereinführung das Paradebeispiel einer sinnlosen Steuer. Man hat sie 2005 als Bagatellsteuer abgeschafft, wieso man sie jetzt wieder einführt, ist nicht nachvollziehbar.
Wird es vermehrt Aktionen bei Schaumwein geben?
Jeder Produzent muss seinen eigenen Weg finden, wie er damit umgeht. Die österreichischen Produzenten fürchten um Arbeitsplätze und Produktion – die Winzer haben gerade sehr viel Arbeit damit, das irgendwie hinzukriegen.
Sind die Österreicher beim Sekt patriotisch?
In gewisser Weise schon. 60 Prozent unserer verkauften Schaumweine sind aus Österreich. Das lässt hoffen.
Die Sektsteuer kommt – erstmals 1902, zuletzt 1995 – und geht. Jetzt kommt sie gerade wieder. Berauschend hohe Einnahmen wird sie dem Staat auch diesmal nicht bescheren, wenn denn überhaupt was übrig bleibt, berücksichtigt man den hohen Verwaltungsaufwand und die wahrscheinlichen Verkaufsrückgänge. 30 Liter Wein trinkt der Österreicher pro Kopf und Jahr, davon nur etwa drei Liter Schaumwein. Die Luxussteuer hat also eher symbolischen Wert – wem in der Krise mit Champagner und Sekt zum Feiern ist, der soll dafür zahlen.
Was an der Kassa den Konsumenten trifft, wird Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Sektkellereien und Winzer müssen sich im Niedrigpreissegment seit Jahren gegen die günstigen Proseccos und Frizzantes behaupten. Angebotspreise von österreichischem Sekt liegen bei drei bis vier Euro pro Flasche, damit sie überhaupt wettbewerbsfähig sind. Der Winzer erhält ein paar müde Cent für den Sektgrundwein, dafür hat er ein Jahr lang den Weingarten beackert, ungezählte Arbeitsschritte vom ersten Beschnitt bis zur Lese bis zum fertigen Wein getätigt. Im hochpreisigen Segment haben sich die Weinbauern mit erlesenen Winzersekten zurück ins Rennen gespielt. Aber auch für sie wird der Druck größer, kommt es zu Verschiebungen im Markt, werden die Absatzzahlen attackiert.
Womit die neue Steuer auf einmal kein symbolischer Akt mehr ist, sondern Bauern, Produzenten und Arbeitsplätze betrifft.
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