Seat-Chef: "Mit wenig Euro extrem weit fahren"

Der 52-jährige Deutsche Jürgen Stackmann ist seit Mai 2013 Seat-Chef.
Die spanische Automarke setzt auf Erdgas und will mit einem SUV-Modell neue Zielgruppen erschließen.

Anlässlich der Vienna Autoshow (siehe Details und Bilder) war Seat-Chef Jürgen Stackmann zu Gast in Wien.

KURIER: Die VW-Tochter Seat steigerte im Vorjahr den Absatz um zehn Prozent auf weltweit 391.000 Autos. Worauf führen Sie das zurück?

Jürgen Stackmann: Seat ist das zweite Jahr in Folge zweistellig gewachsen. Kernregion bleibt Europa, es ist auch die erklärte Strategie der Marke, den Turnaround hier zu schaffen. Wir sind stärker als der Markt gewachsen und kommen auf einen durchschnittlichen Marktanteil von 2,5 Prozent.

Neuzulassungen 2014: Die Top-Modelle

Seat-Chef: "Mit wenig Euro extrem weit fahren"

FRANCE PARIS MOTOR SHOW
Seat-Chef: "Mit wenig Euro extrem weit fahren"

The new Seat Ibiza car is displayed on the exhibit
Seat-Chef: "Mit wenig Euro extrem weit fahren"

SWITZERLAND MOTOR SHOW
Seat-Chef: "Mit wenig Euro extrem weit fahren"

Renault Megane cars stand on display during the Mo
Seat-Chef: "Mit wenig Euro extrem weit fahren"

SWITZERLAND GENEVA MOTOR SHOW
Seat-Chef: "Mit wenig Euro extrem weit fahren"

POLAND MOTOR SHOW 2013
Seat-Chef: "Mit wenig Euro extrem weit fahren"

VW-Konzern verkauft mehr als 8 Millionen Autos
Seat-Chef: "Mit wenig Euro extrem weit fahren"

A VW Golf VII car is pictured in a production line

Was waren die Gründe?

In Italien sind wir nach jahrelanger Stagnation um 28 Prozent gewachsen, in Großbritannien um 17 Prozent und in Spanien um 15 Prozent. Nummer-1-Markt bleibt Deutschland mit plus elf Prozent auf 85.000 verkaufte Einheiten. Große Wachstumsimpulse kommen auch aus Osteuropa, etwa Polen und Tschechien.

Hat Spanien das wirtschaftliche Tief hinter sich?

Die Konjunktur beginnt zu greifen, die Arbeitslosigkeit nimmt ab. Die Spanier beginnen, optimistischer in die Zukunft zu blicken. Daher wächst der Gesamtmarkt wieder. Er war auf dem Höhepunkt bei 1,7 Millionen Neuwagen und ist dann auf 650.000 gefallen. Jetzt sind es 850.000, dieses Jahr wohl 900.000. Die Verschrottungsprämie gibt es im kleineren Umfang nach wie vor, um den Markt aufzubauen. Seat hat im letzten Jahr 800 Arbeitsplätze geschaffen.

Ihre Erwartungen für dieses Geschäftsjahr?

Wir kommen mit viel Schwung in das Jahr, wir haben einen großen Auftragsbestand mitgenommen. Generell erwarten wir in Westeuropa kein großes Wachstum, aber auch keine großen Schwächen. Wir wollen uns unabhängig vom Markt Raum verschaffen. Dazu zählt der Einstieg ins SUV-Segment 2016, wir sind mitten in der Vorbereitung. Das ist ein signifikanter nächster Schritt. Damit wird uns ein Riesenmarkt geöffnet. In vielen Ländern ist es das größte Einzelsegment, so auch hier in Österreich mit 22 Prozent.

Schreibt Seat 2015 endlich schwarze Zahlen?

Wir arbeiten an keinem Jahreszahl-Ziel. Wir wollen Seat so aufbauen, dass wir nicht ein Mal, sondern dauerhaft profitabel sind. Ein sehr großer Schritt nach vorne war der neue Seat Leon und der Kombi ST, der uns den Markt der Gewerbekunden geöffnet hat. Der Handel glaubt an die Zukunft der Marke, wir haben 70 neue Händler dazubekommen.

In Österreich stagniert Seat bei 4,6 Prozent Marktanteil. Wieso?

Der Marktanteil ist der zweitgrößte in Europa. Bei der Handelsorganisation kommen wir bei dieser Kapazität an eine gewisse Grenze. Wir brauchen den SUV, um diese Schwelle zu übertreffen.

Wie geht es bei Seat mit alternativen Antrieben voran?

Die konventionellen Antriebe sind noch lange nicht ausgereizt. Zudem ist die Fantasie für reinen Elektroantrieb weit weg. Es gibt Barrieren bei Kosten, Reichweite und Infrastruktur. Wir sind letztes Jahr mit Erdgas gestartet. Die Technologie entwickelt sich fantastisch, in Italien wird bereits die Hälfte aller Leon damit betrieben. Aus Kundensicht die plausibelste Art, das Portemonnaie zu schonen und CO2 und Verbrauch zu reduzieren. Man fährt mit sehr wenig Euro extrem weit. Das Thema Elektro wird dann für die Marke relevant, wenn es für die Breite bezahlbar wird. Das wird noch dauern. Jetzt ist das Interesse noch sehr sporadisch. Technisch sind wir in der Lage, Elektroantriebe und Hybrid sofort umzusetzen.

Damit sind Sie verhaltener, was Elektro betrifft, als andere im VW-Konzern.

Audi hat eine andere Klientel. Die Kunden wollen neue Technologien haben, der Markenkern lautet "Vorsprung durch Technik". Die Marke Volkswagen kann alle Bevölkerungskreise bedienen. Die großen, starken Marken gehen voraus. Wenn die Technik bezahlbar wird, wird es auch für unsere Kunden interessant.

Seat zieht sich aus Russland zurück. Hat das wirtschaftliche oder politische Gründe?

Politisch gar keine. Wir haben in Russland vor vier Jahren einen zarten Anfang gemacht und bis zu 3000 Einheiten im Jahr verkauft. Das Land birgt ein großes Potenzial. Für einen Erfolg muss man aber wie in China und Südamerika lokal produzieren. Die Gesetze sind so aufgebaut, dass man mit Import keine Zukunft hat. Der Währungsverfall hat das Geschäft nun unwirtschaftlich gemacht. Daher hat auch der Start einer lokalen Produktion jetzt keinen Sinn. Das kann irgendwann wieder kommen, wenn die Lage stabiler wird.

Wie schon in den beiden Jahren zuvor gingen auch 2014 die Pkw-Neuzulassungen in Österreich zurück (siehe Grafik). "Konjunkturbedingt gibt es keine Stabilisierung des Marktes", sagt Peter Laimer von der Statistik Austria. Gesamteuropa verzeichnete hingegen ein Plus von 5,7 Prozent, allerdings waren die Österreich-Zahlen in der Vergangenheit oft besser. Insbesondere die in die Krise geratenen Länder im Süden und Osten haben Nachholbedarf.

Seat-Chef: "Mit wenig Euro extrem weit fahren"
Den größten Zuwachs auf den vorderen Plätzen in Österreich verzeichnete Opel (plus 9,4 Prozent), der nun mit 7,0 Prozent Marktanteil hinter Branchenprimus VW (stabiler Marktanteil von 18,1 Prozent) rangiert. Die größten Einbußen gab es bei japanischen Herstellern.

"Autos weht nach wie vor ein mehr als rauer Wind entgegen", klagt Felix Clary, Sprecher der Autoimporteure, bei der Präsentation der Zahlen bei der Vienna Autoshow. "Aus meiner Sicht sind moderne Autos kein Umweltproblem, sondern Innovationstreiber."

Clary fürchtet, dass es im Zuge der Steuerreform erneut zu Verschlechterungen für Autofahrer kommt, etwa durch eine Abgabenerhöhung für Dienstwagen. Dies würde rund 300.000 Arbeitnehmern 50 bis 100 Euro im Monat kosten. Damit wäre der Effekt der Steuerreform verpufft. Der ebenfalls anwesende Verkehrsminister Alois Stöger versicherte, dass die Regierung kein Feind des Autos sei. Burkhard Ernst, Sprecher des Fahrzeughandels, rechnet heuer mit weniger als 300.000 Neuwagen.

Kommentare