Schutzschild gegen Ausverkauf - Österreich-Fonds geplant

Schutzschild gegen Ausverkauf - Österreich-Fonds geplant
Der Staat soll sich an für den Standort relevanten Industrieunternehmen beteiligen können.

Der Fall des deutschen Roboter-Herstellers Kuka sorgte in der Öffentlichkeit und in der Politik für viel Aufregung. Eines der Vorzeigeunternehmen Deutschlands drohte von einem chinesischen Konzern übernommen zu werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel war alarmiert, und der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel versuchte, deutsche Industrieunternehmen für eine Allianz zur Übernahme des Technologie-Unternehmens zu gewinnen.

Kuka ist nicht irgendein Großunternehmen, sondern steht für die nächste Runde der digitalen Revolution, für Industrie 4.0. Es fand sich trotzdem kein deutscher Investor, der gewillt war, den chinesischen Midea-Konzern mit einem Kaufpreis weit über dem Börsenwert zu überbieten.

Im Sommer scheiterte der Einstieg von Chinesen in die deutsche Stromversorgung, und die Regierung plant nun höhere Übernahme-Hürden für besonders sensible Industriebereiche.

Der Ausverkauf von Technologie nach China ist nicht nur in Deutschland ein Thema, sondern auch auf EU-Ebene. In ganz Europa diskutieren die Regierungen über den Schutz der nationalen Wirtschaft, über die Sicherung des Standortes. Und über die Rolle von Staatsfonds. Industrie-Vertreter warnen zwar vor Protektionismus und befürchten, internationale Investoren abzuschrecken, doch der Zug fährt in die andere Richtung.

Aufgeschreckt durch die mexikanische Mehrheit bei der Telekom Austria, wurde in Österreich bereits in der rot-schwarzen Regierung über einen Staatsfonds diskutiert, der sich an strategisch wichtigen Unternehmen beteiligen sollte. Wie bei so vielen Themen scheiterten die Koalitionspartner aneinander.

ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger will demnächst den Gesetzesentwurf über die Neuaufstellung der Staatsholding ÖBIB zur Begutachtung aussenden. Die ÖBIB verwaltet die Beteiligungen der Republik an OMV, Telekom, Post, Verbund, Casinos Austria und der BIG (Bundesimmobilien).

Mit der Betonung auf verwalten. Das soll sich ändern. Die ÖVP hat unter Sebastian Kurz der Privatisierungsideologie ihres Ex-Obmannes Wolfgang Schüssel längst abgeschworen. Denn „mehr privat, weniger Staat“ kommt mittlerweile auch bei der eigenen Klientel nicht mehr sonderlich gut an.

„Die Beteiligungen des Staates sollen nicht nur verwaltet, sondern aktiv geführt werden. Eine Vorbildwirkung haben Staatsholdings wie zum Beispiel in Frankreich, Bayern oder Norwegen“, erklärt Löger gegenüber dem KURIER. In diesen Ländern werde „echtes Portfoliomanagement betrieben“ und auf den Mehrwert für die Bürger abgezielt.

Im Finanzministerium wird sehr konkret an einem österreichischen Staatsfonds gearbeitet, ähnlich den internationalen Vorbildern. Dieses Vehikel soll Beteiligungen an für Österreich wichtigen Schlüsselindustrien eingehen und gemeinsam mit österreichischen Investoren verlässliche Kernaktionärsgruppen garantieren.

In Start-ups wird allerdings ebenso wenig investiert wie in KMU, Sanierungsfälle oder in spekulative Investments.

Löger wünscht sich ein „aktives Beteiligungsmanagement“. Dem mehr Instrumente zur Verfügung stehen „als die reine Verwaltung oder Privatisierung. Letzteres wird es im Übrigen überhaupt nicht geben, so lange Österreich ein strategisches Interesse an einem Unternehmen hat“. Eine klare Botschaft.

Da es um Industrieunternehmen geht, wird Löger einiges an Kapital benötigen. Woher nehmen? Der Fonds, dessen Namen noch nicht fest steht, soll sich einerseits aus den Dividenden der ÖBIB-Beteiligungen speisen. Für 2017 schüttete die Holding 181 Millionen an den Bund aus, im Jahr zuvor waren es 219 Millionen. Außerdem kann sich ein Staatsvehikel am Kapitalmarkt dank der Republik als solider Eigentümerin sehr kostengünstig finanzieren.

Wäre noch das Management. Der Staatsfonds soll getrennt von der Politik geleitet werden. Ein internationales Investment-Komitee, besetzt mit ebenfalls parteipolitisch unabhängigen Experten aus Industrie und Finanzwelt, soll dem Management als eine Art Beirat sekundieren.

Im Finanzministerium ist man über die Ausgestaltung des Österreich-Fonds in regelmäßigen Gesprächen mit dem norwegischen Staatsfonds (siehe Artikel unten), Vertreter aus Oslo waren, wie man hört, bereits in Wien.

Am Modell der alten, verstaatlichten Industrie will die ÖVP nicht einmal anstreifen. Das Milliardendesaster, weil der Staat kaputte Unternehmen immer weiter subventionierte, ist noch in schlechter Erinnerung.

Starten sollen sowohl die neue ÖBIB als auch der Fonds Ende 2018. Bis dahin könnten die Meinungsverschiedenheiten mit der FPÖ bereinigt sein. Die Blauen monieren angeblich ebenfalls einen Vorstand in der neuen Staatsholding. andrea.hodoschek

Wie Staaten ihre Unternehmen absichern 

Der norwegische Government Pension Funds Global wurde Ende der 1960er-Jahre gegründet, um für die Zeit nach dem Ende des Nordsee-Öls vorzusorgen. Der Fonds legt viel Wert auf Transparenz und ist der größte Staatsfonds weltweit, vor China und den arabischen Fonds. Investiert wird   international in Aktien (zwei Drittel), Anleihen und Immobilien, der Wert des Fondsvermögens liegt aktuell bei rund 890 Milliarden Euro. Der von Investment-Profis der Norge Bank gemanagte Fonds, der während der Finanzkrise nicht unter Wasser geriet,  ist an hunderten Unternehmen beteiligt, von Apple bis zur russischen Gazprom. Im Portfolio sind auch österreichische ATX-Werte.

Der Danish Growth Fund investiert direkt in Wachstumsunternehmen und agiert, wenn der Markt zögert. Mit privaten Investoren wird kooperiert, seit 1992 wurden 7300 dänische Unternehmen kofinanziert, von Biotechnologie bis zu IT. Der Fonds beziffert den Umsatz der bisher unterstützten Unternehmen mit über 13 Milliarden Euro.

Der bpifrance Investissement  ist mit 12 Milliarden Euro in 19 Großunternehmen investiert sowie mit 4,2 Milliarden Euro in mittlere Firmen. Schwerpunkte sind die Internationalisierung der französischen Unternehmen sowie die Förderung von Innovationen und die Unterstützung der Exportwirtschaft.


Finnland hat sich heuer mit dem Staatsfonds Solidium für 844 Millionen Euro Einfluss auf den Telekom-Netzwerkausrüster Nokia gesichert, das größte Unternehmen des Landes. Auftrag der staatlichen Beteiligungsgesellschaft ist es, die finnische Eigentümerschaft bei national wichtigen Unternehmen zu stabilisieren.

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