Schuldenkrise bedroht Weltwirtschaft

Schuldenkrise bedroht Weltwirtschaft
Christine Lagarde schlägt Alarm:Kann die Schuldenkrise nicht rasch gelöst werden, folgt ein verlorenes Jahrzehnt.

Aus der griechischen Schuldengrippe, mit der sich kein anderes Euroland anstecken sollte, ist nun doch eine Grippewelle geworden. "Die Ansteckung ist da, Italien hat sich angesteckt", lautet der Befund von Bernhard Felderer, Chef des Instituts für Höhere Studien. Sollte Italien tatsächlich Hilfe brauchen, wäre der Rettungsfonds EFSF mit seinen 440 Milliarden Euro an verfügbaren Mitteln heillos überfordert. Allein Italien hat bis Ende 2012 einen Refinanzierungsbedarf von mehr als 400 Milliarden Euro.

Die Staatsschuldenkrise in der Eurozone ist nicht etwas, das irgendwo abgehoben passiert. Längst hat das Dilemma auch die ganz reale Wirtschaft samt ihren Arbeitnehmern erfasst. Unternehmen legen Investitionen auf Eis, weil sie nicht kalkulieren können, wie es weitergeht.

In vielen Bereichen wird weniger bestellt, damit kommen weniger Aufträge rein - ein Teufelskreis, der letztlich Arbeitsplätze kosten wird. Das Wirtschaftswachstum ist praktisch zum Stillstand gekommen. "Im Moment ist die Lage sehr schwierig, weil wir abrutschen und nicht wissen, wo der Boden ist", lautet die Einschätzung Felderers.

Gefahren

Abwärtsspirale Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) griff am Mittwoch zu drastischen Worten: Sie warnte vor einer Abwärtsspirale für die Weltwirtschaft, die sich aus Ungewissheit, finanzieller Instabilität und dem Zusammenbruch der globalen Nachfrage zusammensetze. "Die Weltwirtschaft steckt in einer gefährlichen und ungewissen Phase", rief sie in einer Rede in Peking zum gemeinsamen Handeln auf. Auch Asien sei nicht immun gegen Entwicklungen im Rest der Welt.

Bekommt man die Krise nicht in den Griff, könnte der Welt "ein verlorenes Jahrzehnt mit niedrigem Wachstum und hoher Arbeitslosigkeit" bevorstehen, warnte Lagarde eindringlich.

Als IWF-Chefin besucht Lagarde China, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, zum ersten Mal. Zu ihren großen Anliegen dürfte auch zählen, dass China etwas zur Eindämmung der Schuldenkrise in der Eurozone beiträgt. Mit den weltgrößten Devisenreserven hätte China ausreichend Finanzkraft, beim Euro-Rettungsfonds EFSF eine große Rolle zu spielen. Bisher hatte sich China in dieser Angelegenheit allerdings sehr reserviert gezeigt.

Die Chinesen selbst sind von Staatsschulden nur sehr wenig geplagt: Nicht einmal 30 Prozent der Wirtschaftsleistung wiegt die offizielle Schuldenlast. Zum Vergleich: In Italien macht diese Quote 120 Prozent aus.

Tilgungsfonds

Um die Probleme in Europa zu lösen, hat eine Gruppe von deutschen Regierungsberatern, Wirtschaftsweise genannt, am Mittwoch einen neuen Vorschlag aufs Tapet gebracht. Ihr Modell: Alle Staatsschulden, die über die Grenze von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung hinausgehen, sollen in einen gemeinsamen Tilgungsfonds mit gemeinschaftlicher Haftung ausgelagert werden.

Mit diesem Schuldentilgungspakt wären Staatsschulden teilweise "vergemeinschaftet". Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnte dieses für Deutschland negative Modell jedoch umgehend ab.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

  • Kommentar

  • Hintergrund

Kommentare