Schuldenerlass: Ein "Haarschnitt", der schmerzt

Schuldenerlass: Ein "Haarschnitt", der schmerzt
Griechenland: Die EU setzt weiterhin auf einen "freiwilligen" Schuldenschnitt. Damit allein wird es Athen allerdings nicht schaffen.

Das Kürzen von Haaren tut in der Regel nicht weh. Wenn es um Griechenland geht, wird der Haarschnitt (Haircut, steht für Schuldenerlass) allerdings zur äußerst schmerzhaften Operation. Um im Friseur-Jargon zu bleiben: In der EU raufen sich derzeit alle die Haare darüber, wie Griechenland teilweise entschuldet werden kann, ohne die Steuerzahler zusätzlich zur Kasse zu bitten und ohne eine Pleitewelle im europäischen Bankenbereich auszulösen.

Griechenland Die Wirtschaftskrise ist viel heftiger als angenommen. Statt 2,8 Prozent wird die Wirtschaftsleistung heuer um 5,5 Prozent einbrechen und 2012 um weitere drei Prozent schrumpfen. Athen braucht mehr Geld, um über die Runden zu kommen. Bis zum Jahr 2020 wären 252 Milliarden Euro nötig. Es könnte aber noch mehr sein.

Freiwillig Leichter wäre es für Griechenland, wenn der Schuldenberg (rund 160 Prozent der Wirtschaftsleistung) kleiner wäre. Dann würde auch die Zinslast für die Schulden abnehmen. Doch wer soll den Griechen einen Teil der Schulden streichen? Die Privaten, also Banken, Versicherungen, Fonds oder Pensionskassen - so die Präferenz, die sich am EU-Gipfel am Sonntag durchsetzte. Alle Privaten, die griechische Staatsanleihen besitzen, sollen auf mindestens 50 Prozent ihres Geldes verzichten, und zwar freiwillig. Die Verhandlungen mit den privaten Geldgebern haben bereits begonnen.

Nicht genug Die griechischen Staatsschulden machen mehr als 360 Milliarden Euro aus, 240 Milliarden davon liegen in Form von Staatsanleihen bei privaten Geldgebern. Der Rest entfällt auf Eurostaaten und IWF, die dem Land Direktkredite gegeben haben, sowie die EZB, die Staatsanleihen aufgekauft hat. Verzichten die Privatgläubiger auf die Hälfte ihrer Forderungen, würde sich die Staatsschuld der Griechen um 120 Milliarden Euro verringern und trotzdem mehr als hundert Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen.

Zahlungsausfall Der Internationale Bankenverband IIF warnte am Montag vor einem Schuldenverzicht. Es gebe Grenzen, was noch als freiwillig bewertet werden könne, erklärte IIF-Geschäftsführer Charles Dallara. Jeder Ansatz, der nicht auf Freiwilligkeit beruhe, würde einem Zahlungsausfall gleichkommen und die griechische Wirtschaft längere Zeit vom Kapitalmarkt abschneiden. Zudem wären Ansteckungseffekte wahrscheinlich.

Auswege
Ein Ausweg aus dem Dilemma wäre, dass auch die Eurostaaten auf einen Teil ihrer geleisteten Hilfskredite verzichten. Nur der IWF soll ungeschoren bleiben.

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