Schlüsselfigur in Cum-Ex-Skandal festgenommen

Symbolbild.
Der Steueranwalt Hanno Berger lebt seit 2012 in der Schweiz, noch ist unklar, ob er nach Deutschland ausgeliefert wird.

Eine der Schlüsselfiguren im Cum-Ex-Steuerskandal um anrüchige Geschäfte mit Dividendenpapieren sitzt in der Schweiz in Auslieferungshaft. Der Steueranwalt und vormalige Finanzbeamte Hanno Berger, der sich vor fast neun Jahren nach der Durchsuchung seiner Kanzlei nach Graubünden abgesetzt hatte, sei festgenommen worden, bestätigten die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt und das Schweizer Justizministerium am Freitag. Das "Handelsblatt" hatte darüber berichtet.

In Österreich wurden Ermittlungen in Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften im Herbst 2020 ausgeweitet.

Das Landgericht Bonn hatte Haftbefehl gegen den heute 70-Jährigen erlassen, nachdem er der Ladung zu einem Prozess dort nicht gefolgt war. Berger gilt für die Generalstaatsanwaltschaft als geistiger Vater des Betrugssystems, mit dem sich Investoren eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden zweimal vom Finanzamt erstatten ließen. Dazu verschoben sie um den Stichtag für die Auszahlung der Dividende herum untereinander Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch. Der 70-Jährige hat die Vorwürfe stets bestritten und erklärt, das Vorgehen sei ein legales Steuersparmodell.

Die Schweizer Behörden bestätigten, dass Berger bereits am Mittwoch im Kanton Graubünden auf einen Auslieferungsantrag aus Deutschland hin festgenommen worden sei. Er wolle aber nicht nach Deutschland gebracht werden. "Das Auslieferungsverfahren ist nun beim Bundesamt für Justiz (BJ) hängig", hieß es in der Mitteilung des Justizministeriums. Bergers Anwalt Kai Schaffelhuber sagte Reuters, er glaube nicht, dass sein Mandant letztlich ausgeliefert werde. "Die Schweiz ist nicht dumm." Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte seinen Umzug in die Schweiz als Flucht ausgelegt, weil das Land wegen Steuerdelikten nicht nach Deutschland ausliefere.

Berger sollte eigentlich seit dem vergangenen Jahr vor dem Landgericht Wiesbaden stehen, hatte sich aber krankgemeldet und wollte nicht nach Deutschland kommen. Sein Anwalt sagte, Berger leide unter anderem an Bluthochdruck und Kniebeschwerden. Ihm gehe es den Umständen und seinem Alter entsprechend gut. In der Vergangenheit hatte Berger erklärt, er würde an einem Verfahren persönlich teilnehmen und notfalls durch alle Instanzen gehen.

Österreich entstand 183 Mio. Euro Schaden

Die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft hatte bereits 2017 Anklage gegen Berger und fünf ehemalige Händler der UniCredit-Tochter Hypovereinsbank (HVB) wegen schwerer Steuerhinterziehung erhoben. Im Januar ließ auch das Landgericht Bonn eine Anklage gegen den Steuerexperten zu und stellte einen internationalen Haftbefehl gegen ihn aus. In Bonn hatten 2020 zwei ehemalige Händler Bewährungsstrafen erhalten. Sie hatten in dem Cum-Ex-Prozess umfassend ausgesagt und nach Einschätzung des Gerichts zur Aufklärung beigetragen.

Durch die Geschäfte rund um den Stichtag für die Auszahlung von Dividenden soll dem deutschen Fiskus ein Milliardenschaden entstanden sein. In Österreich bezifferte der damalige Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) im Jahr 2019 den Schaden mit 183 Mio. Euro. Ein Teil des Schadens von 75 Mio. Euro, der vor 2011 entstand, war aber verjährt und ist verloren.

Berger persönlich wird Steuerhinterziehung im dreistelligen Millionenvolumen zur Last gelegt. Das OLG Frankfurt hatte im Frühjahr erklärt, bei den Geschäften könnte es sich auch um gewerbsmäßigen Bandenbetrug handeln, nicht nur um Steuerhinterziehung. Für die "Cum-Ex"-Transaktionen seien Absprachen unter zahlreichen Beteiligten notwendig gewesen, um die Geschäfte aufeinander abzustimmen, hieß es in einem Beschluss zu einer Beschwerde Bergers gegen den Haftbefehl. Auf Bandenbetrug stehen bis zu zehn Jahre Haft.

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