Vereinsfeste "killen" Dorfgasthäuser

Wirtschaftskammer lässt "kleine Vereinsfeste" von Detektiven kontrollieren (Symbolfoto)
Die Veranstaltungen gemeinnütziger Vereine sorgen für eine Wettbewerbsverzerrung - Kammer setzt zur Kontrolle Detektive ein

Sie haben keine Personalkosten, brauchen keinen Gewerbeschein, müssen kaum Kontrollen fürchten und kassieren die Einnahmen aus dem Verkauf von Getränken und belegten Broten meist schwarz. Immer öfter sind es gemeinnützige Vereine, die sogenannte "kleine Vereinsfeste" veranstalten – dazu zählen Zeltfeste der Feuerwehr, Kellergassenfeste der Winzer oder Sommerpartys am örtlichen Fußballplatz.

Diese "kleinen Vereinsfeste" sind dann steuerlich privilegiert, wenn die Vereinsmitglieder den Ausschank eines überschaubaren Angebots an Speis und Trank übernehmen, die Veranstaltung nicht 48 Stunden Dauer pro Jahr überschreitet und die Musik-Combo nicht mehr als 1000 Euro in der Stunde kostet. Der Verein hat dabei einen Steuer-Freibetrag (10.000 Euro) und zahlt weniger Steuern.

Missbrauch von Privilegien?

Die Einhaltung dieser Regelung kontrolliert meist niemand. Denn der Bürgermeister, der zuständig wäre, drückt in der Regel beide Augen zu, will er doch wiedergewählt werden. "Es werden immer mehr Spaß-Vereine gegründet, die diese Privilegien in Anspruch nehmen, obwohl diese für sie eigentlich nicht gedacht sind", wettert Thomas Wolf, Geschäftsführer des Fachverbandes Gastronomie in der Wirtschaftskammer.

Totengräber der Dorfwirtshäuser

Diese Vereinsfeste seien seit Langem die Totengräber der Dorfwirtshäuser. "Je höher die Zahl der Vereine ist, desto mehr Gasthäuser haben in den vergangenen zehn Jahren geschlossen", sagt Wirtschaftsprofessor Friedrich Schneider von der Johannes-Kepler-Universität (JKU) in Linz, ein ausgewiesener Experte für die Erforschung der Schwarzarbeit. "Das Wirtshaus im Ort steht in unmittelbarer Konkurrenz zu den Vereinen." Zwischen 2008 und 2013 haben 1700 Gasthäuser mit weniger als zehn Mitarbeitern ihren Betrieb eingestellt. Schneider belegt seine Analyse mit zwei wissenschaftlichen JKU-Studien für die Bundesländer Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark und Kärnten.

Hohe Umsätze

Aus denen geht hervor, dass die "Schatten-Gastronomie" im Vereinsumfeld alleine in diesen fünf Bundesländern fast 865 Millionen Euro im Jahr umsetzt. Das ist nahezu die Hälfte der Umsätze (1,77 Milliarden Euro) der Dorf-Gasthäuser. "Was bei den Vereinsfesten konsumiert wird, fehlt bei den Umsätzen in der Kleingastronomie", sagt Schneider. "Und die Finanz verzichtet pro Jahr auf 130 Millionen Euro Umsatzsteuer." Zur Erklärung: Dieser Betrag wurde mit einem Mischsteuersatz von 15 Prozent hochgerechnet.

Treffpunkt Vereinslokal

War früher das Dorfgasthaus das soziale Kommunikationszentrum, so ist es heute das Vereinslokal, meint Mario Pulker, Obmann der Gastronomiebetriebe in der WKÖ. "Mehr als die Hälfte unserer Betriebe hat ein negatives Eigenkapital", sagt Pulker. "Wir fordern die Einführung eines Registers für Veranstaltungen mit Ausschank. Es ist jedem Verein zumutbar, dass er Umsätze und Erträge bekannt gibt."

Detektive im Einsatz

In Niederösterreich hat die Wirtschaftskammer laut Pulker drei Detektive unter Vertrag, die diese "kleinen Vereinsfeste" kontrollieren. Sie bringen allfällige Verstöße zur Anzeige.

Lösung gesucht

Laut Pulker sollte in Zukunft die Kooperation zwischen Gasthäusern und gemeinnützigen Vereinen bei Festen ohne steuerliche Nachteile möglich sein."Derzeit ist es einem Wirten untersagt, mit einem gemeinnützigen Verein eine Veranstaltung zu machen, weil der Verein dadurch alle steuerlichen Privilegien verliert", sagt Pulker. Er will nun auf Bundesebene Gespräche führen, um eine Lösung herbeizuführen, die für Gastwirte und Vereine vertretbar ist. Außerdem will die Wirtschaftskammer die Zuständigkeit für die Veranstaltungen den Bürgermeistern entziehen und diese zu den Bezirkshauptmannschaften verlagern.

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