Schäuble pfeift May bei Steuersenkung zurück

Die britische Premierministerin will Firmen steuerlich entlasten. Kritik kommt aus Deutschland.

Die britische Premierministerin Theresa May will angesichts der mit dem Brexit verbundenen wirtschaftlichen Unsicherheit Firmen stark entlasten. Ziel sei, die Unternehmenssteuer auf den niedrigsten Stand der führenden Industrieländer (G-20) zu senken, sagte sie bei der Jahrestagung des Britischen Industrieverbandes (CBI) am Montag. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble steht sehr kritisch dazu.

Schäuble (CDU) stört sich an einem möglichen Wettlauf Großbritanniens mit anderen Top-Wirtschaftsmächten um die niedrigsten Unternehmenssteuern. Noch sei Großbritannien Mitglied der Europäischen Union und damit an entsprechendes europäisches Recht gebunden, sagte Schäuble am Montag in Berlin.

Und sollte Großbritannien eines Tages nicht mehr der EU angehören, sei es an die Vereinbarungen der G-20-Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer gebunden - "jedenfalls, wenn sie anständige Leute sind". Denn auf dem G-20-Gipfel in Antalya sei vereinbart worden, genauso dieses nicht zu machen, sagte Schäuble bei der Vorstellung eines Buches der Grünen-Finanzexperten Sven Giegold, Udo Philipp und Gerhard Schick.

Niedrige Steuersätze ziehen Unternehmen an

Möglicherweise wolle May die Körperschaftsteuer auf unter 15 Prozent drücken, schrieb die Zeitung Telegraph. Der künftige US-Präsident Donald Trump hatte im Wahlkampf eine Senkung des Steuersatzes für Unternehmen auf 15 Prozent in Aussicht gestellt. In Europa hat vor allem Irland mit niedrigen Steuersätzen internationale Konzerne angezogen. Dort gilt ein Satz von 12,5 Prozent.

Situation in Österreich

Auch in Österreich war eine Absenkung der Körperschaftssteuer (KöST) zuletzt wieder verstärkt Thema. ÖVP-nahe Institutionen sind dafür. So sah zuletzt Wirtschaftskammer-Generalsekretärin Anna Maria Hochhauser in einer KÖSt-Absenkung ein "dringend notwendiges und äußerst positives Standortsignal". Sie verwies auch auf eine "überdurchschnittlich hohe Standortbelastung" mit der die heimischen Betriebe konfrontiert seien. Ins selbe Horn stieß auch die Industriellenvereinigung (IV) und die ÖVP-nahe Plattform für Leistung und Eigentum.

IV-Präsident Georg Kapsch schlug zuletzt vor Gewinne, die ausgeschüttet werden, sollen weiterhin mit 25 Prozent besteuert werden. Aber: Gewinne, die einbehalten werden, sollen aber nur mehr einem KÖSt-Satz von 12,5 Prozent unterliegen. Dieser Weg wäre der IV noch lieber als die KÖSt generell auf 22 oder 20 Prozent abzusenken, so Kapsch. ÖGB und GPA-djp erteilten dem Vorschlag umgehend eine Abfuhr.

Das KÖSt-Aufkommen liegt in Österreich bei rund 6 Mrd. Euro pro Jahr. Jede Senkung um einen Prozentpunkt kostet rund 250 Mio. Euro. Bei der Senkung auf 12,5 Prozent für nicht ausgeschüttete Gewinne ist laut IV mit einem Steuerentfall von 2 Mrd. Euro pro Jahr zu rechnen. Dies, wenn man davon ausgeht, dass rund ein Drittel der Gewinne ausgeschüttet und rund zwei Drittel einbehalten werden.

Eine KÖSt-Senkung um eine Milliarde Euro würde das BIP um 0,44 Prozent steigern, um 0,87 Prozent mehr Investitionen und um 0,16 Prozent mehr Beschäftigung bringen, so die IV. Im Endeffekt würde sich eine solche Senkung zu 54 Prozent selbst finanzieren.

Die Regierungsspitze, Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Reinhold Mitterlehner (ÖVP), haben zuletzt angekündigt, noch ein Industriepaket zu schnüren. Gespräche laufen im Hintergrund.

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