Schadenersatz bei Unwetterschäden: "Keine Signale aus der Politik"

UNWETTER: NIEDERÖSTERREICH - SITUATION NACH HOCHWASSER IN RUST
Nach dem Rekordhochwasser vom September sind auch die Schadenssummen bei der Wiener Städtischen auf Rekordhöhe. Die Debatte um umfassenden Versicherungsschutz bei Naturkatastrophen sind offenbar eingeschlafen.
  • Unwetter verursachten bei der Wiener Städtischen Schäden in Rekordhöhe, doch politische Maßnahmen zur Versicherungspflicht fehlen.
  • Müller sieht den Klimawandel als Ursache für häufigere Unwetter und rät zu freiwilliger Höherversicherung.
  • Die Wiener Städtische verzeichnet Wachstum bei Kranken- und Lebensversicherungen, Generaldirektor Ralph Müller schlägt steuerliche Anpassungen vor.

Als im vergangenen September Teile Österreichs unter Wasser standen, entbrannte nicht zum ersten Mal eine heftige Diskussion um eine Pflichtversicherung gegen Naturkatastrophen. Weil Hochwasserschäden aus Haushalts- und Eigenheimversicherung nur bis insgesamt maximal 20.000 Euro gedeckt waren und auch die Gelder aus dem Katastrophenfonds nicht ausreichten, um die Schäden auszugleichen. 

Das Angebot der Versicherungen an die Politik, gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten, ging aber offenbar ins Leere. Das sei zwar unmittelbar nach den Schäden regelmäßig ein massives Thema, gerate aber schnell in Vergessenheit, sagte Ralph Müller, Generaldirektor der Wiener Städtischen am Dienstag bei der Präsentation der Bilanz des Unternehmens. "Momentan hören wir keine Signale aus der Politik." 

Höchste Schadensumme der Unternehmenssgeschichte

Bei der Wiener Städischen machten Unwetterschäden einen Großteil der mit 227 Mio. Euro höchste Schadensumme der Unternehmensgeschichte aus. Insgesamt wurden 207 Mio. Euro für Schäden aus Hochwasser, Sturm und Hagel ausbezahlt, 129 Mio. Euro allein für das Hochwasser im September. Bei der Versicherung führten die Unwetterschäden auch dazu, dass der Gewinn von 349,2 Mio. Euro im Vorjahr auf 318,6 Mio. Euro zurückging. 

Die Schäden aus Unwetter seien in den vergangenen Jahren stark gestiegen, sagte Müller. Betrugen sie zwischen 2010 und 2019 im Schnitt 70 Mio. Euro jährlich, waren es seither durchschnittlich 155 Mio. Euro pro Jahr. Müller sieht darin eindeutig Spuren des Klimawandels. "Wir befürchten, dass der Trend weitergeht, sagte der Wiener-Städtische-General. Die Klimaerwärmung sorge dafür, dass die Niederschläge steigen und Hagelstürme heftiger werden: "Hochwasser werden häufiger vorkommen." Müller rät zu einer freiwilligen Höherversicherung, mit der Schäden bis zu 50.000 Euro gedeckt wären. Eine solche Möglichkeit werde allerdings nur außerhalb der Hochwasserzonen angeboten. 

Ralph Müller, Wiener Städtische

Ralph Müller, Generaldirektor der Wiener Städtischen Versicherung

Hohes Plus bei Krankenversicherungen

Gewachsen ist bei der Versicherung aber auch das Prämienvolumen. Insgesamt stieg es um 6 Prozent auf 3,6 Mrd. Euro. Die stärkste Sparte bleibt mit einem Prämienvolumen von 1,85 Mrd. Euro und einem Wachstum von 7,6 Prozent die Sach- und Unfallversicherung. Besonders stark legten mit einem Plus von fast 10 Prozent die Prämienzahlungen bei der Krankenversicherung zu. Das Volumen betrug im vergangenen Jahr 542 Mio. Euro.

Das seien wie auch bei der Sach- und Unfallversicherung zum Teil Nachzieheffekte der hohen Inflation, die Nachfrage nach Krankenversicherungen sei in den vergangenen Jahren aber stark gewachsen. Müller sprach von einem "Käufermarkt". Die Kunden werden auch jünger. Im Neugeschäft beträgt der Anteil der unter 20-Jährigen bereits ein Drittel.

Zuwächse bei Lebensversicherungen

Zuwächse verzeichnete die Assekuranz auch bei Lebensversicherungen. Entgegen dem Branchentrend, wie Müller betonte. Denn während der Bereich branchenweit um ein Prozent abnahm, konnte die Wiener Städtische einen Zuwachs von 1,8 Prozent auf 1,2 Mrd. Euro verzeichnen. 

Man habe in dem Bereich früh Akzente gesetzt, sagte Müller. Er sehe aber auch, dass die Bevölkerung wahrnehme, dass das Pensionssystem wegen der Überalterung und dem Rückgang bei der Geburtenrate vor Veränderungen stehe. Reformbedarf sei definitiv da, so der Wiener-Städtische-General. In den kommenden Jahren rechnet er auch branchenweit mit weiterem Wachstum in dem Bereich.

60 Prozent des Neugeschäfts bei der Wiener Städtischen seien fondsgebundene Lebensversicherungen, sagte Müller. Er regte Kapitaldeckungskomponenten auch im staatlichen Pensionssystem an. Dass man höhere Pensionen in Phasen der hohen Inflation nicht moderater angepasst habe, bedauerte er. Damit werfe man eigentlich die Solidarität gegenüber den jüngeren Generationen über Bord: "Die werden mit geringeren Pensionen dastehen und auch die Folgen des Klimawandels zu stemmen haben."

Müller sprach sich zum wiederholten Mal auch für eine Senkung der Steuern auf Lebensversicherung von derzeit 4 auf 2 Prozent aus. "Das wäre ein starkes Signal." Eine im Regierungsprogramm vorgesehene Anpassung des seit Jahrzehnten unveränderten steuerfreien Betrags von 300 Euro bei der betrieblichen Altersvorsorge bezeichnete Müller als "ersten Ansatz" zu der von den Versicherungen wiederholt geforderten Stärkung der zweiten und dritten Säule, also der betrieblichen und privaten Altersvorsorge. Allerdings stehe die Maßnahme unter Budgetvorbehalt

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