Sanktionen: Warum der Westen in Russland Einfluss eingebüßt hat

Die russische Wirtschaft hat sich nach Asien umorientiert. Eurochambres-Chef Leitl: "Sanktionen hatten keinerlei Nutzen"

Wie wirksam waren die Sanktionen, die die EU und USA seit 2014 gegen Russland verhängt haben? Die Antwort hängt davon ab, wie man den Sinn der Strafmaßnahmen definiert. Wer es als moralische Pflicht sieht, mit einem Land, welches das Völkerrecht bricht, keinen partnerschaftlichen Handel zu treiben, für den waren sie in jedem Fall gerechtfertigt.

Politisch waren sie praktisch folgenlos: Weder haben sie Russland zur Einhaltung des Minsker Abkommens mit der Ukraine bewegt noch hat Putins Ansehen in der Heimat gelitten (eher im Gegenteil). Bleiben noch die wirtschaftlichen Verluste – die gibt es auf beiden Seiten.

Sanktionen: Warum der Westen in Russland Einfluss eingebüßt hat

Rückzug des Westens

Es ist somit keine Überraschung, wenn Wirtschaftsvertreter vehement für einen Kurswechsel plädieren. Die Wirtschaftssanktionen hätten „keinerlei Nutzen“ gehabt, sagte Christoph Leitl, Präsident des europäischen Wirtschaftsverbandes Eurochambres, zur Zeitung Welt. Europa solle mit Russland „auf wirtschaftlicher, politischer, kultureller und sportlicher Ebene im Dialog stehen“.

Unbestritten ist: Russlands Wirtschaft ist seit 2014 stark unter Druck. Das haben nicht allein die Sanktionen bewirkt, sondern mindestens ebenso sehr der fallende Ölpreis (Grafik, Teil eins).

Die Einführung und Verschärfung der Sanktionen im März bzw. Juli 2014 hatte eine starke Abwertung der Landeswährung Rubel zur Folge. Die Verlängerung der Sanktionen wurde von den Finanzmärkten praktisch ignoriert (Grafik, Teil zwei).

Für die Bevölkerung schmerzlich sind die sinkenden Realeinkommen. Die Russen werden heuer wohl das sechste Jahr in Folge weniger Geld im Börsel haben. Die schrumpfende Kaufkraft und anhaltend hohe Armut sind Putins größtes Risiko.

Wegen der Sanktionen wurden viele westliche Investitionen, die zur Modernisierung der Wirtschaft nötig wären, gestoppt. Anfang dieser Woche zog sich General Motors aus der 50:50-Partnerschaft mit dem Autobauer Avtovaz zurück. Statt Chevrolet werden in Togliatti an der Wolga nun Lada Niva gebaut.

Russische Retourkutsche

Russlands Gegensanktionen zielten vor allem auf Lebensmittel-Einfuhren ab: Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Obst und Gemüse. Das hat auch Österreichs Exportbilanz empfindlich getroffen. Die rotweißroten Ausfuhren nach Russland waren von ihrem Höchstwert (3,5 Milliarden Euro) aus dem Jahre 2013 zwischenzeitig um fast die Hälfte eingebrochen – und haben sich seither auch kaum merklich erholt.

Zum Teil konnte Russland die Importe aus eigener Produktion und durch Bevorzugung lokaler Anbieter ersetzen. Wo das nicht möglich war, wandte sich Moskau verstärkt in Richtung Asien. Profiteure sind chinesische Unternehmen oder Anlagenbauer aus Korea und Taiwan, die jene Lücke besetzen, welche die EU und USA auf dem russischen Markt hinterlassen haben.

 

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