Es ist somit keine Überraschung, wenn Wirtschaftsvertreter vehement für einen Kurswechsel plädieren. Die Wirtschaftssanktionen hätten „keinerlei Nutzen“ gehabt, sagte Christoph Leitl, Präsident des europäischen Wirtschaftsverbandes Eurochambres, zur Zeitung Welt. Europa solle mit Russland „auf wirtschaftlicher, politischer, kultureller und sportlicher Ebene im Dialog stehen“.
Unbestritten ist: Russlands Wirtschaft ist seit 2014 stark unter Druck. Das haben nicht allein die Sanktionen bewirkt, sondern mindestens ebenso sehr der fallende Ölpreis (Grafik, Teil eins).
Die Einführung und Verschärfung der Sanktionen im März bzw. Juli 2014 hatte eine starke Abwertung der Landeswährung Rubel zur Folge. Die Verlängerung der Sanktionen wurde von den Finanzmärkten praktisch ignoriert (Grafik, Teil zwei).
Für die Bevölkerung schmerzlich sind die sinkenden Realeinkommen. Die Russen werden heuer wohl das sechste Jahr in Folge weniger Geld im Börsel haben. Die schrumpfende Kaufkraft und anhaltend hohe Armut sind Putins größtes Risiko.
Wegen der Sanktionen wurden viele westliche Investitionen, die zur Modernisierung der Wirtschaft nötig wären, gestoppt. Anfang dieser Woche zog sich General Motors aus der 50:50-Partnerschaft mit dem Autobauer Avtovaz zurück. Statt Chevrolet werden in Togliatti an der Wolga nun Lada Niva gebaut.
Russische Retourkutsche
Russlands Gegensanktionen zielten vor allem auf Lebensmittel-Einfuhren ab: Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Obst und Gemüse. Das hat auch Österreichs Exportbilanz empfindlich getroffen. Die rotweißroten Ausfuhren nach Russland waren von ihrem Höchstwert (3,5 Milliarden Euro) aus dem Jahre 2013 zwischenzeitig um fast die Hälfte eingebrochen – und haben sich seither auch kaum merklich erholt.
Zum Teil konnte Russland die Importe aus eigener Produktion und durch Bevorzugung lokaler Anbieter ersetzen. Wo das nicht möglich war, wandte sich Moskau verstärkt in Richtung Asien. Profiteure sind chinesische Unternehmen oder Anlagenbauer aus Korea und Taiwan, die jene Lücke besetzen, welche die EU und USA auf dem russischen Markt hinterlassen haben.
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