Saisonstart für Hotels: Ein Sprung ins kalte Wasser
Ob die Sommersaison heuer ein Bauchfleck oder ein Meisterstück wird, hängt ganz davon ab, wen man fragt, wie diese Umfrage in der Branche zeigt.
Noch ist nicht einmal beschlossen, wann die Betriebe wieder öffnen dürfen. Pfingsten fällt dieses Jahr jedenfalls auf den 23. Mai und wäre aus Sicht von Oliver Fritz, Tourismusexperte am Wifo, ein realistisches Datum zur Wiedereröffnung der Hotellerie. Damit würde die Saison zum gleichen verlängerten Wochenende starten, wie im Corona-Sommer 2020.
Der Charme dabei: Über das verlängerte Wochenende fahren die Österreicher gern weg und damit wäre – bei Schönwetter – vom ersten Tag weg mit einer große Inlandsnachfrage zu rechnen. Da Kanzler Kurz bereits eine Gastro-Öffnung Anfang Mai in Aussicht gestellt hat, dürfte das Hochfahren der Hotellerie zwei Wochen später zumindest denkbar sein.
Nach Einschätzung von Fritz könnte die Saison – freilich mit regionalen Unterschieden – letztlich gut verlaufen. "Ab Juli gehen wir von einer Normalisierung der Nächtigungen aus." Vorausgesetzt, dass ausländische Gäste, vor allem aus Deutschland, ohne Quarantäne ein- und ausreisen dürfen.
Nächste Runde
Gastronomen, Hoteliers und Veranstalter haben bereits Ende Februar Konzepte für ein sicheres Hochfahren ihrer Betriebe vorgelegt. Diese Woche sollen diese mit den Experten im Gesundheitsministerium abgestimmt werden. Für Freitag ist die nächste Sitzung mit den Sozialpartnern, Ministerien und Landeshauptleuten geplant. Um wieder Leben in die Hotels zu bekommen, braucht es eine Vorlaufzeit von mindestens zwei Wochen.
Der KURIER hat sich in der Branche umgehört, wie die Erwartungen an den kommenden Sommer sind. Und recht unterschiedliche Antworten erhalten.
Vollauslastung bis Sparprogamm
"Für den Sommer bin ich optimistisch. Wir hatten ja auch im Vorjahr eine gute Saison", sagt etwa Michaela Tiefenbacher, die am Kärntner Faaker See die Feriendörfer Naturel Hotels & Resorts See- und Schönleitn mit insgesamt 177 Appartements betreibt.
"Die Auslastung lag im Juli und August 2020 bei 98 Prozent", sagt Tiefenbacher, die den Lockdown zum Umbau und zur Modernisierung der Appartements genutzt hat. "Ich glaube, gegenüber Hotels sind wir jetzt im Vorteil. Wir beginnen heuer auch mit einem Appartement-Service für jene Gäste, die nicht ins Restaurant gehen wollen."
Sie rechnet zwar mit einem Start in die Saison Mitte oder Ende Mai, so richtig los gehen könne es aber erst, wenn die Grenzen zu Deutschland – dem wichtigsten Sommergast – wieder aufgehen.
Weniger rosig schaut die Lage bei Luxushotels in der Stadt aus. "Dieser Sommer wird sicher ein Verlustgeschäft", steht für Matthias Winkler, Geschäftsführer der Sacher-Hotels (Wien und Salzburg), schon jetzt fest.
Daran können aus seiner Sicht selbst die Salzburger Festspiele nichts ändern. "Vielleicht ist ein Abend ausverkauft, aber unter dem Strich gehen wir von einer Auslastung von 25 bis 30 Prozent aus. Um ein Luxushotel wirtschaftlich profitabel zu führen, braucht man mindestens eine Auslastung von 50 Prozent".
Das Problem der Stadthotellerie: Die Sommer waren immer schlecht gebucht, für Sightseeing ist es den meisten Touristen schlicht zu heiß. Heuer kommt dazu, dass internationale Gäste einmal mehr ausbleiben, sagt Winkler: "Diese machen in den Sacher Hotels in Wien und Salzburg normalerweise rund 90 Prozent der Gäste aus."
Das Ausbleiben internationaler Touristen zeigt sich auf am Flughafen Wien Schwechat. Wenn Julian Jäger aus seinem Bürofenster schaut, sieht er zu viele Flugzeuge am Boden und wenige in der Luft. "Wir hoffen, diesen Sommer auf 50 Prozent des Vorkrisenniveaus zu kommen", sagt der Vorstand des Flughafens Wien-Schwechat.
Voraussetzung dafür sei jedoch die Einführung des Grünen Passes. Sobald die Reisebeschränkungen gelockert werden, springen die Buchungen an, ist er überzeugt. Und zwar schneller, als genügend Maschinen in die Luft gebracht werden können. Deswegen könne es passieren, dass die Flugpreise kurzfristig in die Höhe schießen.
"Die Leute wollen verreisen. Nur derzeit warten alle ab, wie sich die Lockdowns und das Impfgeschehen entwickelt." Die Zeit der Billigflüge dürfte jedenfalls vorerst vorbei sein.
Eine ähnliche Einschätzung zur Preisentwicklung hat auch Gregor Kandanka, Sprecher der Reisebüros und selbst Chef von Mondial. "Die Reiselust ist groß, aber alle warten mit der Buchung ab." Schlicht, weil nicht klar ist, in welche Länder man im Sommer ohne Quarantäne ein- und ausreisen kann. Er hofft auf Lockerungen und die Einführung des "Grünen Passes".
Wer sich kurzfristig überlegt, den Sommer an einem Campingplatz zu verbringen, braucht eventuell einen Plan B. "Von Ende Juli bis Anfang September sind wir in Österreich schon jetzt mehr oder weniger ausgebucht", sagt Harald Gebetsroither, der unter anderem Campingurlaube in Tirol, Kärnten, der Steiermark und dem Burgenland anbietet.
Anders die Situation bei seinen Plätzen in Kroatien und Italien. "Wegen der aktuellen Quarantänebestimmungen warten viele noch mit der Buchung ab."
"Bitte warten" heißt es laut Gebetsroither für jene, die ein Wohnmobil kaufen oder mieten wollen. Die Hersteller sind so gut wie ausverkauft. "Die Nachfrage steigt, das Angebot stockt." Grund dafür sind auch coronabedingte Lieferengpässe in der Zulieferindustrie.
"Bitte warten" heißt es auch für jene, die wieder einmal in einem Wellnesshotel einchecken wollen. "Der Wellnesstourismus mit dem Inlandsgast geht in der Sekunde los, in der die Hotels wieder aufsperren", sagt Branchensprecherin Susanne Kraus-Winkler, die selbst zwei Hotels führt.
Für viele Wellnesshotels war der Lockdown im Mai ein einziges Ärgernis, sie wären in dieser Zeit schließlich ausgebucht gewesen. Vereinzelt ist zu hören, das Wellnesshäuser sogar bereits bis 2022 keine freien Gästezimmer mehr haben.
Kraus-Winkler hofft, dass im Herbst das Seminargeschäft wieder ins Laufen kommt. Im Frühjahr habe es eine relativ gute Nachfrage gegeben, doch dann kam der Lockdown. Viele Firmenchefs hätten ihre Tagungen nun auf den Herbst verschoben. Bleibt zu hoffen, dass ihnen nicht der nächste Lockdown einen Strich durch die Rechnung macht.
11.350 Beherbergungsbetriebe
haben in der Sommersaison österreichweit geöffnet. Laut den Erhebungen der Statistik Austria kommen sie zusammengenommen auf knapp 580.000 Gästebetten
330.000 Gästebetten
zählt allein das wichtigste Tourismusland (auch im Sommer): Tirol. Im Vergleich zu anderen Bundesländern ist der Anteil ausländischer Gäste im Westen des Landes besonders hoch. Im Ranking der Bundesländer mit den meisten Gästebetten folgen übrigens Salzburg (205.000 ), Kärnten (120.000) und die Steiermark (115.000)
53,82 Millionen Nächtigungen
zählte Österreich in der vorigen Sommersaison (Mai bis Oktober) und damit um ein knappes Drittel weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Schuld am schlechten Ergebnis waren die Lockdowns in der Vor-
und Nachsaison sowie das Ausbleiben internationaler Gäste in den Städten (Wien verbuchte ein Minus von 80 Prozent)
43,2 Prozent
weniger Übernachtungen ausländischer Gäste als im Sommer 2019 meldete die Statistik Austria. Dagegen fiel der Rückgang der Übernachtungen inländischer Gäste mit 4,7 Prozent vergleichsweise moderat aus
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